Leben in Zeiten von Corona – Heute: Vom Leben und der Ordnung in der Tonne

 

Dimiter Blagoew Straße
Sofia / Bulgarien
Dass jemand in einer Tonne lebt, das gab es schon mal, und zwar bei den alten Griechen. Die Tonne war damals ein Weinfass und der Mensch, der darin lebte, hieß wenn ich mich recht erinnere Diogenes. Keine Ahnung, ob Diogenes sich seine Schuhe auszog, bevor er seine Tonne betrat. Beim Bulgaren herrscht jedenfalls Ordnung, selbst beim Leben in der Tonne. Nicht umsonst werden die Bulgaren als die Preußen des Balkans bezeichnet. Überhaupt gibt es auf dem Balkan viel weniger Obdachlose. Selbst in Sofia, der Hauptstadt eines anderen Landes unseres schönen Kontinents, obwohl sich dieses kleine Land sehr am Rande befindet. Am Rande bedeutet aber nicht automatisch ohne Ordnung und Regeln. So ist es nicht. Es gibt sie nicht nur, sondern sie werden auch befolgt, wenngleich nicht von allen, das ist leider auch wahr. Die meisten befolgen sie, weil es eine Frage der Ehre ist, und nicht weil sie an sie glauben würden. So ist es nicht, also wie bei uns. Der Deutsche muss immer an etwas glauben, und wenn es das dümmste ist was es so gibt, unter dem macht er es nicht. Ist er einmal von etwas überzeugt, dann wird es allerdings sehr schwer, praktisch unmöglich, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, weil er das, was er einmal glaubt, dann nicht mehr in Frage stellt. Hier ist der Deutsche ganz genau, und genau das macht ihn zum vielleicht gefährlichsten Wiederholungstäter weltweit und überhaupt. Wie die Ehre und das Befolgen von Regeln zusammenhängen, ist schwer zu erklären, insbesondere jemandem, der keine Ehre hat. Was ich noch erklären kann, ist die Ordnung, die beim Bulgaren in den eigenen vier Wänden herrscht, und von der ich immer wieder aufs Neue fasziniert bin, wobei fasziniert nicht das richtige Wort ist. Ich bin regelrecht inspiriert, bei mir selbst Ordnung zu schaffen. Deswegen bin ich eigentlich auch hier, was das Arbeitsamt in Berlin aber nicht wissen darf. Für die Agentur für Arbeit bin ich offiziell auf Arbeitssuche in Bulgarien. Doch zurück zu obiger Tonne in den Straßen von Sofia. Selbstverständlich habe ich einen Blick in die Tonne geworfen, dessen Bewohner seine Schuhe vielleicht nicht in Reih und Glied, aber doch ordentlich vor seiner Wohnung abgestellt hat. Der Deutsche würde vermutlich daran vorbei gehen, weil ihm die Schuhe nicht ordentlich genug abgestellt sind. Aber da, wo die Schuhe stehen, ist noch öffentlicher Raum. Etwas, was auch hier immer mehr verschwindet. Die Tonne selbst ist Privat, sie gehört dem Menschen, der darin wohnt. Du kennst doch den Slogan: Den Wohnungen denen, die darin wohnen, oder? Und weil das Innere der Tonne privat und in Bulgarien ist, herrscht dort die größte Ordnung, die du dir vorstellen kannst. Auch in Sachen Ordnung ist beim Bulgaren alles umgedreht: Oberflächlich und nach außen hin sieht alles wie ein großes Chaos aus, aber im Inneren herrscht Ordnung. Jedenfalls mehr als bei uns, wo es im Inneren vieler Menschen eine große Unordnung und ein großen Durcheinander gibt.   Also sprach TaxiBerlin, kannste glauben.

Foto&Text TaxiBerlin

Leben in Zeiten von Corona – Heute: Im Taxi mit Sascha Lobo

 

Der falsche Prophet – Der mit der Spritze
Um es gleich am Anfang zu sagen: Sascha Lobo saß mir nicht im Taxi. Als „cooler“ Mensch von heute fährt Sascha Logo vermutlich auch Uber und kein Taxi. Aber wenn Sascha Lobo Taxi fahren sollte, und ich noch Taxi fahren würde, hätte ich ihn selbstverständlich befördert. Ich hätte ihn aber nicht nur befördert, weil das Taxi eine Beförderungspflicht hat, im Gegensatz zur Schönen Neuen Uber-Welt, sondern auch um ihm meine Meinung zu seiner letzten Spiegel-Kolumne zu sagen. Das Taxi ist einer der wenigen Orte, an dem man noch seine Meinung sagen kann. Dazu später mehr.
Sascha Lobo, wer ihn nicht kennt, ist „Strategieberater mit den Schwerpunkten Internet und digitale Technologie“, der sich neuerdings auch mit Viren auskennt, also eine Art Bill Gates – allerdings für Arme. Das Markenzeichen von Sascha Lobo ist sein roter Hahnenkamm. Wegen seiner aufwändigen Frisur muss er viel Zeit vor dem Spiegel verbringen, wogegen nichts einzuwenden ist, im Gegenteil, denn dort richtet er weniger Schaden an als im Spiegel. Wegen der vielen Zeit, die er vorm Spiegel verbringen muss, kommt Sascha Lobo gar mehr zum Nachdenken. Es gilt auch hier die Faustregel: Je aufwändiger die Verpackung, umso inhaltloser die Person. Ein Umstand, der leider immer öfter als „cool“ durchgeht, wobei „cool“ nichts anderes als kalt bedeutet, also tot.
Trotzdem darf Sascha Lobo eine Kolumne für den Spiegel schreiben, was andererseits keine Überraschung ist, denn auch der Spiegel ist tot. Sascha Lobo schreibt dort über eine „Kalte Impfpflicht“, die er befürwortet. Den Kalten Krieg muss Sascha Lobo irgendwie verschlafen haben. Mit der „Kalten Impfpflicht“ verhält es sich nämlich ähnlich wie mit dem Kalten Krieg: Er kann ganz schnell zu einem heißen werden. Aber gut, so lange er kalt, also praktisch tot ist wie der Autor und der Spiegel, kann das natürlich nicht passieren. Sascha Lobo schreibt in seiner Kolumne, dass es zur Impfung durchaus unterschiedliche Meinungen gibt, aber ein Impfzwang sei nun mal „wissenschaftlicher Konsens“. Das stundenlange Sitzen vorm Spiegel hält Sascha Lobo nicht nur vom eigenen Denken ab, sondern auch vom Gang ins Internet, und das als „Strategieberater mit den Schwerpunkten Internet und digitale Technologie“. Bloß nicht mit anderen Meinungen belasten!
In Bulgarien, einem kleinen, anderen Land unseres schönen Kontinents, in dem ich mangels Kundschaft in meinem Berliner Taxi gerade nach Arbeit suche, lassen sich auch Menschen impfen, genauso wie sie irgendwas im Gesicht tragen, wenngleich nicht überall, und vor allem keine Staubmaske wie bei uns. In dem Dorf, wo ich täglich nach Arbeit grabe, trägt niemand eine Maske, das machen nur Menschen in der Stadt, und dort auch nur im Supermarkt. Sollte man sie einmal vergessen haben aufzusetzen, wird man freundlich darauf hingewiesen und nicht angeschnauzt und beleidigt, wie das in Deutschland an der Tagesordnung ist. Diese „coole“ oder besser tote, weil völlig emphatielose Art ist in Bulgarien unbekannt. Und trotzdem ist sie es, die mir selbst in knapp zweitausend Kilometer Entfernung immer noch Angst macht: Diese typisch deutsche „Genauigkeit“ und Rechthaberei bei gleichzeitiger völliger Unwissenheit, die sich allerdings als Allwissenheit geriert, obwohl sie eigentlich nur die totale Ignoranz des anderen und seiner Meinung ist – mit einem Wort: Menschenverachtung.
Die in Bulgarien (noch) vorhandene Empathie drückt sich vor allem darin aus, dass man den anderen samt seiner Meinung so sein lässt, wie er ist. Darüber hinaus darf jeder sagen, was er denkt, beispielsweise auch im öffentlich/rechtlichen Radio. Bei dem hier allseits beliebten Talk-Radio kann nicht nur jeder anrufen, sondern er kommt auch zu Wort, jede Meinung wird Wert geschätzt, niemand wird vom Moderator von oben herab belehrt, dass seine Haltung die verkehrte sei. In Bulgarien ein Unding und etwas, was es auch einmal in Berlin gab, und zwar Anfang der Neunziger beim „Sprechfunk“ von und mit Jürgen Kuttner. Der aktuelle Versuch eines „Sprechfunk“ Remakes hat damit nichts am Hut. Dieses Wissen von früher und die wiederholte Erfahrung in Bulgarien, dass es auch anders geht, hat mich schon frühzeitig zu meinem Motto in meinem Taxi inspiriert, in dem man zwar nicht telefonieren, dafür aber alles sagen durfte, sogar die Wahrheit.
Sascha Lobo, der Mann mit dem roten Hahnenkamm, der besser vorm als im Spiegel aufgehoben wäre, hätte ich, wäre er mir ins Taxi gestiegen, folgendes mit auf dem Weg gegeben. Du bist für eine „Kalte Impfpflicht“? Dann geh ins Krankenhaus und sprich mit den Schwestern und Pflegern, denn unter ihnen gibt es sehr viele, die sich nicht impfen lassen wollen. Ich gehöre als gelernter Krankenpfleger dazu. Solltest du danach immer noch fürs Zwangsimpfen sein, dann lass dir von den Kolleginnen und Kollegen die Stricke und Knebel fürs Fixieren zeigen. Das ist jetzt kein Quatsch! Ich selbst habe schon einmal mitgeholfen, einen Menschen gegen seinen Willen eine Spritze zu verpassen. Es ist nichts, worauf ich Stolz bin – ganz im Gegenteil.
Wer eine Zwangsimpfung fordert, und nichts anderes tut Sascha Lobo, der muss nicht erklären, dass er nicht „mit übergroßen Furor“ gegen die Nachteile der Ungeimpften kämpfen wird, „denn sie werden Nachteile haben“, das weiß selbst ein Sascha Lobo. Eine solche Aussage ist vielleicht “cool”, aber auch wohlfeil. Überhaupt geht es doch um etwas ganz anderes, lieber Sascha Lobo. Wer wie du Zwangsimpfungen gutheißt, der muss auch bereit sein bis zum Äußersten zu gehen. Die folgende Frage richtet sich nicht nur an Sascha Lobo, sondern an jeden einzelnen: Wie weit bist du persönlich bereit zu gehen? Wenn du nicht bereit bist, bis zum Äußersten zu gehen, das sind denke ich die wenigsten, dann solltest du zumindest schweigen, wenn du schon keinen Respekt und kein Mitgefühl mit Andersdenkenden hast, armer Sascha Lobo!
Video BobDylan
Text TaxiBerlin