Bericht aus Bulgarien (315) – “Kriegspolizei”

Gestern vor dem Sitz des Bulgarischen Staatspräsidenten

Europa ist im Krieg und wir sind in ihm. Nicht nur in Sofia, sondern auch in Berlin. Wer in einem laufenden Krieg Waffen an eine Kriegspartei liefert, der ist mit im Krieg. Das sollte jedem bewusst sein. Dem Bulgarischen Staatspräsidenten Rumen Radev dürfte das klar sein, denn er ist ein ehemaliger Militär, um genau zu sein war er Pilot, der russische MIGs geflogen ist. Den allermeisten ist es aber nicht klar, dass sie im Krieg sind, dass sie längst zum Kriegsteilnehmer geworden sind, auch nicht in Bulgarien. Deswegen werden hier jetzt regelmäßig Paraden abgehalten, um die Bevölkerung an den Krieg und den Kriegszustand zu gewöhnen. Es gibt sogar eine eigene Kriegspolizei” (“военна полиция”) in Bulgarien. Das ist der Herr in der Mitte, der uns beim Abmarsch der Truppe den Rücken zukehrt. Bulgarien dürfte auch hier Deutschland mal wieder der Zeit voraus sein. Eine Kriegspolizei gibt es in der Heimat, so weit ich informiert bin, (noch) nicht. Es bedarf sie auch nicht, denn die Russophobie ist viel weiter ausgeprägt als in Bulgarien, wo sie nicht existiert. Trotzdem sollte man vorsichtig sein, wem man was erzählt, denn der Feind hört bekanntlich mit. Jetzt bin ich mir gerade nicht sicher, wer genau der Feind ist. Ist es wirklich der Wladimir Putin? Oder doch “nur” der Denunziant von nebenan?

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (314) – “Down and out in Sofia”

Auf der Bank mit Pentscho und Petko Slawejkow

Obwohl ich erst zwei Tage in der bulgarischen Hauptstadt bin, habe ich den Eindruck, dass die Anzahl der Obdachlosen und Verzweifelten zugenommen hat. Es sind (noch) nicht so viele wie in Berlin, aber es sind auf jeden Fall mehr als noch im Sommer und in den vergangenen Jahren. – Obige Bank steht auf dem Slawejkow-Platz, auf dem sich einst der größte und beste Buchbasar der Stadt befand. Nachdem man den Platz erst totsaniert hat, durfte der Markt einfach nicht wieder aufmachen. Mein Freund Waskow, der dort viele Jahre seinen Stand hatte und der mich immer mit Büchern versorgt hat, brach dies das Herz. Er ist danach nicht mehr auf die Beine gekommen und bald darauf verstorben. Immerhin, die Bank mit den beiden bulgarischen Schriftstellern Pentscho und Petko Slawejkow steht noch auf dem gleichnamigen Platz und lässt Platz für einen verzweifelten Obdachlosen.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (313) – “Folge dem Geld!”

John Heartfield (eigentlich Helmut Herzfelde) 1932
War neulich noch Saddam Hussein der neue Hitler, soll es heute Wladimir Putin sein, wenn ich es richtig verstanden habe, zwischendurch war es Baschar al-Assad. Ich komme da manchmal durcheinander. Ein Bulgare war, so weit ich weiß, noch nie der neue Hitler. Wäre also nicht erst einmal ein Bulgare dran und nicht schon wieder ein Deutscher, der neue Hitler zu sein? Ich meine, Klaus Schwab ist doch Deutscher, oder? Sein Buch “Covid-19: Der große Umbruch” gibt es jedenfalls auch auf Deutsch. Im englischen Original heißt es “Covid-19: The Great Reset”. Obwohl jeder eine Meinung hat zu Dr. Klaus Schwab, das Buch scheint kaum einer gelesen zu haben. Das ist zumindest mein Eindruck. Machen wir eine Probe aufs Exemple: “Der Unterschied bei dieser 4. Industriellen Revolution ist, es ändert nicht, was du tust, sondern es ändert dich, wenn du die Genveränderung akzeptierst.” Das Zitat, auch wenn es etwas nach Dr. Frankenstein klingt, ist von Klaus Schwab, so viel möchte ich verraten. Aber ist es auch aus dem erwähnten Buch “Covid-19: The Great Reset”, auf Deutsch: “Covid-19: Der große Umbruch”? Du weißt es nicht? Lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen. Mit Hitlers “Mein Kampf” war es damals nicht anders. Das war an erster Stelle ein finanzieller Erfolg, genauso wie jetzt das Schwab-Buch, aber gelesen hatte es auch kaum einer. Apropos Finanzen: Ich persönlich glaube nicht, dass Klaus Schwab der neue Hitler ist. Mein Eindruck ist, dass Klaus Schwab ein Laufbursche ist, genauso wie Adolf Hitler ein Laufbursche war, und zwar seiner Geldgeber. So verstehe ich zumindest die geniale Fotomontage des Kommunisten Helmut Herzfelde, besser bekannt als John Heartfield, aus dem Jahre 1932, also vor jetzt genau 90 Jahren. Heute, wo immer alles english sein muss, sagt man “Follow the money!”, also “Folge dem Geld!” dazu. Wäre interessant zu erfahren, wie Hitlers Englisch im Vergleich zu Schwabs Englisch war, ob er überhaupt Englisch sprach. In Bulgarien, aus dem noch kein Hitler bekannt ist, zumindest kein neuer, sprechen viele Menschen Englisch. Auf dem Business-Treffen, auf dem ich gestern ware, sprachen auch einige Deutsch. Das sind die Bulgaren, die in Deutschland oder Österreich gearbeitet haben, bevor sie wegen Corona nach Bulgarien zurückgekehrt sind. In Bulgarien gilt auch “Folge dem Geld!”, hier heißt es Korruption. Korruption gibt es nur in Bulgarien. So etwas gibt es bei uns nicht. Und trotzdem kann es hilfreich sein, auch dort dem Geld zu folgen. Das erwähnte Schwab-Buch ist auch ins Bulgarische übersetzt, es ist also ein weltweiter Bestseller, so wie Corona ein weltweiter Bestseller war bzw. ist oder demnächst wieder sein wird. Finanziell dürften die paar hundert Euro für die bulgarische Ausgabe für Klaus Schwab aber keine Rolle gespielt haben. Der denkt, besser: seine Geldgeber denken, was Geld angeht, in ganz anderen Dimensionen.
FotoMontage HelmutHertzfelde
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (312) -“Rübermachen”

Über den Balkan-Pass

In der DDR waren Leute, die in den Westen gegangen sind, “rübergemacht”. Auch von Bulgarien aus sind Leute “rübergemacht”. Mir hat man damals auch vorgeworfen, “rübermachen” zu wollen, als man mich aus einen Bus holte, der ins Grenzgebiet für. Das ist ein Grund, warum solche Grenzgebiete bis heute irgendwie im Schatten liegen, sowohl für Ausländer, aber auch für Bulgarien. Auf die Schilder stoße ich bis heute, immer wenn ich das Balkan-Gebirge überquere, um nach Sofia zu gelangen. Sofia wird von vielen Bulgaren als “Oben” bezeichnet. Wer “Oben” ist, hat es geschafft. Ich habe es heute auch geschafft – über den Balkan-Pass zu kommen, “rüberzumachen” nach Sofia. Nach dem Pass verschwand auch bald der Schnee, und als ich im Vorort Kostinbrod anhielt, um mir eine Banitsa mit Boza vom Bäcker zu holen, wurde ich schon gefragt, wo ich denn herkommen würde mit dem Schnee auf dem Dach von meinem Wagen. “Vom Pass!”, habe ich gesagt. “Aus der Kälte!”, hätte ich auch sagen können, es hätte aber nicht gestimmt. Auch wenn in Sofia kein Schnee liegt, so ist es hier ebenso unangenehm nasskalt ist wie bei mir.

Foto&Text TaxiBerlin