Foto&Text TaxiBerlin
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Die Sprache der Eisenbahn in Bulgarien ist traditionell das Französische, daran hat auch der Sozialismus (nicht Kommunismus!) nichts geändert. Auf den Bahnhöfen äußert sich das so, dass selbst der kleinste Bahnhof einen “Chef de Gare” hat. Sein Büro ist mit “началник” (Natschalnik), also “Vorsteher” und “Chef de Gare” gekennzeichnet. Der “Chef de Gare” gibt das Zeichen, wann der Zug weiter fahren kann. Im Zug selber sind immer noch mindestens zwei Schaffner, die das Zeichen geben, wenn der Bahnhof mal keinen “Chef de Gare” hat, auch das gibt es. Sind ja alle ausgewandert hier oder eben ausgestorben. Die wenigen Verbliebenen fahren selber mit der Bahn und sorgen dort für die Bewässerung und auch Düngung.
Ist die Düngung biologisch, also natürlich wie auf dem Bild oben, werden die Dinge, die dort wachsen, “чистo” (tshisto), also sauber genannt. Bei der bulgarischen Bahn ist das beispielsweise die berühmte bulgarische Rosa Tomate. Allgemein ist die Natur, sind die Pflanzen sehr widerstandsfähig in Bulgarien, genauso wie die Bulgaren. Aus ihrem Widerstand machen sie aber kein großes Gewese, sondern sie tun es einfach. Der gute Mensch tut Gutes, der Gutmensch delegiert die gute Tat.
Selbst auf den Bahnhöfen in Bulgarien wachsen neuerdings Tomaten, und das, obwohl dort der natürliche Dünger eher rar ist, denn steht der Zug an einem Bahnhof, darf die Toilette nicht benutzt werden. Dass die Schilder auf den Toiletten im Zug viersprachig und auch auf Deutsch sind, ist deswegen so, weil die meisten Waggons in der DDR hergestellt wurden, beispielsweise im Waggonbau Dessau.
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Gestern war ich für einen Tag in Sofia, auch um mal was anderes als immer nur alte Leute und verfallende oder bereits in sich zusammengefallene Häuser zu sehen. Da ich zuvor im Radio von einem Protest vor dem Denkmal für die Sowjetische Armee im Herzen der bulgarischen Hauptstadt in Form von Zelten, was in Bulgarien Tradition hat, gehört hatte, habe ich mir diesen Protest angesehen und mit den Leuten vor Ort gesprochen. Insgesamt waren knapp zehn Zelte vor dem Denkmal aufgebaut und etwa genauso viele Protestierende saßen unter einem Sonnenschutz davor. Der Protest richtet sich gegen die Idee, das Denkmal für die Sowjetische Armee abzureißen und es irgendwo bei Dimitrowgrad unweit der Grenze zur Türkei in einem “Museum des Kommunismus” wieder aufzubauen. Unter den Protestierenden war auch eine Frau um die Sechzig, die, wie sie mir erklärte, einige Zeit im Ausland gelebt hat, unter anderem auch in Deutschland. Auch wenn dies nicht in Berlin, sondern in Leverkusen war, wusste sie, dass es in Berlin drei Denkmäler für die Sowjetische Armee gibt. Der Protest weist mittels Plakaten auf den Umstand hin. Neben dem Ehrenmal der Sowjetischen Armee an der Straße des 17. Juni in West-Berlin (Foto), gab es auch Plakate von ähnlichen Denkmälern beispielsweise in Wien. Weder in Wien, noch in Berlin ist man bisher auf die Idee gekommen, diese Denkmäler abzureißen. In Sofia schon, was wohl auch zu dem Kapitel gehört, dass in Bulgarien vieles anders ist. Die Frau erklärte mir, dass der Protest zwar von der linken Koalition “Lewizata!” und der Partei “Wiedergeburt” organisiert ist, sie aber als bulgarische Staatsbürgerin und Einwohnerin von Sofia hier sei. Für den Erhalt des Denkmals ist sie, weil es ein Teil der bulgarischen Geschichte sei. Das Denkmal abzureißen ist für sie gleichbedeutend mit dem Umschreiben der Geschichte ihres Landes. In Berlin ist dies beispielsweise mit dem Palast der Republik geschehen, fällt mir gerade ein. Zum Glück gab es in “Erichs Lampenladen” zu viel von dem gefährlichen Asbest, so dass der Abriss kein Umschreiben der Geschichte war, sondern nur zu unserer Sicherheit geschah.
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Wie viele Bulgaren war mein Vater ein großer Fan der Sommerdusche. Früher, als Kind und auch später als Heranwachsender, habe ich das nie verstanden. Was ist so toll an einer Sommerdusche, wenn ich zuhause im Bad eine richtige Dusche mit warmen Wasser rund um die Uhr habe? Spätestens seit ich selbst eine eigene Sommerdusche in Bulgarien habe, und die habe ich seit über 20 Jahren, verstehe ich meinen Vater viel besser. Und das, obwohl man so eine Sommerdusche nur von April bis Oktober nutzen kann. Und auch, wenn das Wasser nicht immer warm ist. Nach der Sauna spüle ich mich schließlich auch nicht mit warmem Wasser ab. Denn wenn ich auch nur etwas draußen gearbeitet habe, ist mir praktisch so warm wie nach der Sauna. Überhaupt halte ich tägliches Duschen für übertrieben, womit ich nicht alleine dastehe. Hat Wirtschaftsminister Habeck nicht neulich noch dasselbe gesagt? Warum täglich duschen, wenn man den ganzen Tag nichts anderes gemacht hat als vorm Monitor zu sitzen, und das vielleicht noch in einem klimatisierten Raum? Ich habe keine Klimaanlage. Meine Klimaanlage ist meine Sommerdusche. Und noch etwas ist anders. Mein Wasser ist weich. Dadurch verbrauche ich weniger, denn die Seife spült sich viel schneller raus. Man merkt das auch, wenn man Wäsche wäscht, dass man weniger Waschmittel braucht. Das harte, weil kalkreiche Wasser in Berlin ist für sensitive Menschen wie mich eine Zumutung. Aber das beste kommt noch bei meiner Sommerdusche, und das ist der Blick aufs Gebirge. Die Werbung für Irischer Frühling Deo und auch die für Irischer Frühling Duschgel ist ein Scheißdreck gegen meine Bulgarische Sommerdusche mit Ausblick.
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