Zurück in Bulgarien (053) – “Vom Holzmachen und Holzfällen”

Ankündigung des Theaterstücks im Internet (Screenshot)
Das Buch von Thomas Bernhard wurde vom Verlag “Atlantis” übersetzt

Gestern habe ich Holz gemacht, genauer: klein gemacht, denn in den Schluchten des Balkans hat der Herbst Einzug gehalten, der Winter steht vor der Tür. Heute nun fahre ich nach Sofia, um mir das Stück “Holzfällen” nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Bernhard anzusehen. Es ist ein “Ein-Personen-Stück”, von dem mein Freund und Übersetzer Martin sagt, dass es sehr gut sei. Gerade fällt mir ein, dass Martin auch Fan von Thomas Bernhard ist. Er hat sogar einmal aus dem Briefwechsel von Thomas Bernhard mit seinem Verleger Siegfried Unseld vom Suhrkamp Verlag ein Theaterstück gemacht. Der Briefwechsel beginnt mit einem ersten Brief von Bernhard an Unseld vom 22. Oktober 1961, der mit den Sätzen endet: “Ich kenne Sie nicht, nur ein paar Leute, die Sie kennen. Aber ich gehe den Alleingang.” Auch ich bin den Alleingang gegangen. Ich kannte weder bei Multipolar, noch beim Rubikon, der heute Manova heißt, irgendjemanden, und auch nicht bei der Epoch Times oder der Berliner Zeitung. Heute, nachdem dort Texte von mir erschienen sind, kenne ich dort Leute. Doch zurück zu “Holzfällen”, das ich mir heute in Sofia ansehen werde. Die zentrale Person ist ein Erzähler, der in einem Ohrensessel sitzt und eine Abendgesellschaft kommentiert, genauer “ein künstlerisches Abendessen” in Wien. Die Gesellschaft wartet mit dem Abendessen auf einen Schauspieler, der einfach nicht kommen will, obwohl es bereits fast Mitternacht ist. Der Kommentator, also Bernhard, macht sich über die Verlogenheit und Falschheit der Anwesenden und des nichtanwesenden Schauspielers lustig. Da sich einige in den von Bernhard beschriebenen Personen wiedererkannten, war das Buch einige Zeit in Österreich verboten. Genau wurde es von der Polizei aus den Regalen der Buchhandlungen entfernt. Bernhard wird gerne vorgeworfen, dass er sich nur über andere lustig gemacht hätte, was stimmt, sieht man von dem Wörtchen “nur” ab. Das stimmt nicht, denn er hat sich immer auch über sich selber lustig gemacht, sich selbst einen “Betrüger” und “Heuchler” genannt. Ohne dem würden seine Bücher auch nicht funktionieren. Dass sie funktionieren, das habe ich neulich sogar in den USA getestet. Ich hatte “Holzfällen” auf amerikanisch als Geschenk im Gepäck gehabt. Das Buch wurde praktisch nie aus der Hand gelegt. Immer hat irgendjemand darin geblättert und sich über den Inhalt amüsiert. Ich bin gespannt, wie es mir heute Abend mit den alten Grantler aus Österreich ergeht.

Fotos&Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (052) – “Unterwegs”

Mit Raina Velitshka in Bulgarien

Ich bin im Moment viel unterwegs, diesmal von Interview zu Interview. Gerade wurde der dritte Teil meines Interviews mit den Munich Globe Bloggers veröffentlicht. Ende der Woche wird ein Radio-Interview folgen, das ich am Montag gegeben habe. In den Interviews geht es um meine Eselin Raina Velitshka und um das noch ihr benannte Donkey Sanctuary & Writers Retreat, das ich hier in Bulgarien aufbauen möchte. Dabei helfen wollen mir zwei Freunde meines neuen Freundes Achim aus Bremen. Achim ist durch meinen ersten Beitrag “Bulgarien – die große Freiheit” beim Online Magazin Multipolar auf mich aufmerksam geworden. Er hat mich auch schon zweimal besucht in den Schluchten des Balkans. Seine beiden Freunde, sie sind im Allgäu zuhause, wollen mich im Oktober besuchen. Für den Oktober hat sich ebenfalls ein anderer Autor und Journalist angemeldet, der auch schon für Multipolar geschrieben hat. Der Oktober wird ein spannender Monat mit vielen Überraschungen für mich werden. Dazu muss ich aber nicht unterwegs sein, denn das müssen in dem Fall andere, und zwar zu mir.

Foto&Text TaxiBerlin

Die Open Source der Berliner Zeitung

Die Straßen von San Francisco heute
Es ist jetzt einige Zeit her, dass mich meine ehemalige Dozentin der Humboldt Universität auf die Open Source der Berliner Zeitung aufmerksam gemacht hat. Seitdem habe ich knapp zehn Texte dort eingereicht, von denen drei veröffentlicht wurden, was eine gute Quote ist. Der letzte Text, den die Berliner Zeitung von mir gebracht hat, war der über San Francisco. Er ist am Samstag den 16. um 18:37 Uhr online gegangen und am Montag den 18. in der Printausgabe erschienen, wie ich auf Nachfrage erfuhr. Dass der Artikel online ist, habe ich durch Zufall erfahren. Die Kommunikation der Open Source der Berliner Zeitung hat also noch Luft nach oben, um es mal so zu formulieren. Die Idee, dass ein jeder einen Text samt Fotos einreichen kann und dies bei Veröffentlichung sogar honoriert wird, ist großartig. Da die von mir zu meinem San Francisco Text eingereichten Fotos nicht veröffentlicht wurden, reiche ich sie hiermit nach. Warum die Open Source der Berliner Zeitung sie nicht veröffentlicht hat, das weiß ich nicht. Möglicherweise weil der Berliner Zeitung dadurch zusätzliche Kosten entstanden wären. Denn der von mir eingereichte Text wird bereits mit 350,- Euro honoriert. Das Geld ist noch nicht überwiesen, das dauert aus Erfahrung immer eine kleine Weile. Was auch dauert, ist die Antwort der Berliner Zeitung auf einen eingereichten Text. Ich habe mir angewöhnt, eine Woche nach Einreichung höflich nachzufragen. Wenn sich die Open Source bis dahin nicht gemeldet hat, was die Regel ist, muss das nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein – eher im Gegenteil. Die Open Source meldet sich umso rascher, je weniger der eingereichte Text für sie infrage kommt. 

Hinweisschild in einem Auto auf den Straßen von San Francisco

Lichtdurchflutetes Großraumbüro von “Urban Alchemy” in der Market Street

Obdachloser mit Schlafsack in einer Haltestelle ohne Glasscheiben

Selbstfahrendes Auto auf den Straßen von San Francisco

Schild einen bettelnden Obdachlosen

Fotos&Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (051) – “Schon wieder Ostfront”

Heute werden der bulgarische Präsident Rumen Radev und sein ukrainischer Amtskollege erneut in New York vor der UNO aufeinandertreffen, nachdem sie sich vor zwei Monaten in Sofia getroffen haben. Radev wird in New York das wiederholen, was er Selenski bereits in Sofia gesagt hat: “Zuallererst ist der politische Wille erforderlich. Wenn der politische Wille vorhanden ist, wird es für die meisten Probleme tatsächlich eine Lösung geben.“ Bei einem Briefing im UN-Hauptquartier in New York sagte das Staatsoberhaupt, für das die größte Herausforderung für die Welt weiterhin das Risiko eines globalen militärischen Konflikts und die Untergrabung der Wirtschafts- und Sozialsysteme weltweit durch den Krieg in der Ukraine ist, wörtlich: “Der Krieg in der Ukraine untergräbt die wirtschaftliche, soziale Entwicklung und Sicherheit auf globaler Ebene. Er muss eine Lösung finden – und zwar so schnell wie möglich. Wir erwarten, dass die Vereinten Nationen, die in den Jahren nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg gegründet wurden, ihre Rolle als Instrument zur Friedensfindung stärken.“ – Selenski, der ewig in Olivegrün gekleidete schlechte Schauspieler aus der Ukraine, kann dem natürlich nicht zustimmen, schon gar nicht in New York. Schließlich kämpft er bis zum letzen Ukrainer für die USA. Von den meisten Menschen in Bulgarien wird der Krieg mit den Worten “Schon wieder Ostfront” kommentiert.
Video HindustanTimes
Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (050) – “Polizei droht Bauern”

Screenshot Bulgarisches Nationalradio

Die bulgarische Polizei droht den Bauern heute auf die Straße zu gehen. Viele Bauern haben Briefe erhalten, dass ihre Betriebe heute und morgen kontrolliert werden sollen. Die Staatsmaschinerie wird so weit wie möglich eingeschaltet, um den landesweiten Protest zu stoppen. Die Absetzung des obersten bulgarischen Polizisten durch die Regierung Denkov zeitigt erste Resultate. Georgi Milev, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der Getreideproduzenten, erklärt seine Vernhandlungsbereitschaft mit der sogenannten Versammlung oder dem Vertreter des Volkes zu verhandeln, das diese Entscheidung in der Nationalversammlung getroffen hat. Laut Milen ist die Aussage von Premierminister Denkov über die Getreideproduzenten „hässlich, unanständig und unehrenhaft“. Bezüglich der Aussage von Ministerpräsident Denkov, Bauern seien Terroristen, sagt Milev: „ Es gibt keine Möglichkeit, dass ein Zweig, der Bulgarien aus zwei nationalen Katastrophen gerettet hat, mit Terroristen verglichen werden kann. Terrorist ist ein sehr schweres Wort, sehr beleidigend.“ Bezüglich der Kommunikation mit den Machthabern wies er darauf hin, dass die Entscheidung zur Aufhebung des Importstopps aus der Ukraine „bei 300 km/h getroffen wurde“, und weiter: „Es gibt keine Möglichkeit, die Proteste zu stoppen. Es gibt keinen Grund, sie zu stoppen. Wir haben fünf Hauptforderungen. Der Protest ist unbefristet. Bis sie erfüllt sind, werden wir nicht aufhören.“

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Zurück in Bulgarien (049) – “Bauern sind Terroristen”

Verstehen Sie Denkov?

Bulgariens Noch-Ministerpräsident Nikolai Denkov bezeichnet die Bauern seines Landes als Terroristen. Vizepräsidentin Iliana Yotova fordert ihn daraufhin zum Rücktritt auf. Deswegen “Noch-Ministerpräsident”. Es ist gerade ganz schön was los in Bulgarien. Was genau ist passiert? Noch-Ministerpräsident Denkov will wieder billiges Getreide aus der Ukraine nach Bulgarien einführen. Da es nicht den Standards der EU entspricht, soll es vorher auf Radioaktivität und andere Umwelt- bzw. Kriegsbelastungen untersucht werden. Und trotzdem sind die Bauern nicht zufrieden. Man stelle sich das vor. Von den Verbrauchern ist dabei noch nicht die Rede gewesen. Die Bauern haben Sorge, ihr teureres, EU-Standards erfüllendes Getreide nicht mehr loszuwerden. Ab morgen wollen sie die Straßen des Landes blockieren. In Deutschland Alltag. Wurden da die Blockierer jemals Terroristen genannt? Damit Noch-Ministerpräsident Denkov nicht wie von Vizepräsidentin Yotova gefordert zurücktreten muss, hat er sich entschuldigt, aber nicht bei allen. Bei der Letzten Generation nicht, wenn ich es richtig verstanden habe, aber die gibt es auch nicht in Bulgarien. Alle Jungen sind im Ausland. Die letzte Generation, also die noch im Lande verbliebenen Alten, kann auch verstrahltes Getreide fressen.

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Herkunft Ostdeutschland

Über das Thema Herkunft wurden viele Romane geschrieben. Manche von ihnen heißen sogar “Herkunft”. Spontan fallen mir dazu die von Oskar Roehler und Saša Stanišić ein. Auch ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem Thema Herkunft. Allen voran natürlich mit meiner bulgarischen, weil ich in Bulgarien lebe, aber auch mit meiner Herkunft aus Ostdeutschland, wo Ende Mai dieses Jahres beigefügte Aufnahmen auf dem Bahnhof meiner früheren Heimatstadt in Sachsen-Anhalt entstanden sind. Meine Lebenserfahrung als Ostdeutscher sagt mir, dass sich der Wind dreht, oder vielleicht sollte ich besser sagen wendet. Denn zweifellos steht eine Wende bevor, der westliche Hochmut steht vor dem Fall, so wie dies Antje Vollmer in ihrem politischen Vermächtnis beschrieben hat. Auch wenn Antje Vollmer aus dem Westen kam, so ist ihre Meinung dort weit weniger verbreitet als im Osten. Das ist zumindest meine Beobachtung. Dass dies so ist, erkläre ich mir damit, dass wir im Osten mit der Wende 1989 eine Erfahrung gemacht haben, die den Menschen im Westen fehlt. Leider kann man Erfahrungen nicht vermitteln. Auch deswegen bin ich wie Antje Vollmer fest davon überzeugt, dass der Westen kurz vor der Phase einer großen Ernüchterung steht, die das eigene Selbstbild tief erschüttern wird. Nicht nur für Antje Vollmer, sondern auch für mich, ist das ein Grund zur Hoffnung. Denn der so selbstgewisse Westen muss einfach lernen, dass die übrige Welt sein Selbstbild nicht teilt und ihm auch nicht beistehen wird.

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Zurück in Bulgarien (048) – “Got you by the balls”

Halbe Arbeit – doppelter Lohn

Eine Folge des Massenexodus arbeitsfähiger und arbeitswilliger Bulgaren ist, dass es praktisch keinen Arbeiter mehr gibt in Bulgarien. Auf obige zweiteilige Klappe, die an eine Saloon-Tür erinnert, habe ich gut ein Jahr gewartet. Zuletzt war das Auto meines Arbeiters kaputt, so dass ich ihn von zuhause abholen und zum Schluss wieder nachhause fahren musste. An seinem Arbeitsplatz habe ich ihm mein Werkzeug zur Verfügung stellen müssen, weil seins konnte er mangels Automobil nicht mitbringen. Darüber hinaus habe ich für ihn gekocht und Kaffee gemacht. Zum Schluss durfte ich noch seinen Arbeitsplatz säubern und am Ende wollte er das doppelte von dem haben, was wir vereinbart hatten, ohne dass er seine Arbeit abgeschlossen hätte. Das muss ich auch noch für ihn erledigen. Das ist kein Einzelfall, sondern in Bulgarien die Regel und demnächst auch in Deutschland. Alles, was ich aus der Heimat höre, deutet darauf hin. Das letzte war, dass es niemanden gibt, der die gesetzlich vorgeschriebenen Wärmepumpen einbauen kann oder will. Und das, obwohl sämtliche Fachkräfte aus dem Ausland schon in Deutschland sind. Im englischen sagt man zu der Situation, in der ich mich hier in Sachen Arbeiter permanent befinde: “They got you by the balls”, wobei mit “balls” nicht irgendwelche Bälle, schon gar keine Fußbälle, gemeint sind, sondern meine Eier. Es ist nicht schön, wenn sie dich an den Eiern haben. Das steht schonmal fest. Schön ist immerhin, dass ich diese Erfahrung schon machen durfte, die vielen in der Heimat noch bevorsteht. Meine Lösung: Ich mache alles selbst. Sieht zwar nicht immer schön aus, aber immer noch besser als wenn sie dich “by the balls” haben.

PS: Dass mein Arbeiter kein Auto hat, liegt daran, dass seins so kaputt ist, dass er sich ein neues kaufen müsste. Geld dazu hat er, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass der Autoverkäufer in Bulgarien ihm natürlich ebenfalls Schrott andrehen will, so wie der Arbeiter seinen Kunden. Dass jemand anderes dann ihn, meinen Arbeiter, “by the balls” hätte, und das will er natürlich nicht. Aber so lange er andere “by the balls” hat, die ihn fahren, braucht er auch kein neues Auto.

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“If you’re going to San Francisco …” – Besser nicht!

Keine Blumen im Haar, dafür an der Haltestelle

Warum ich bei meinem Besuch in San Francisco Ende Juli ausgerechnet an einen Witz aus DDR-Zeiten denken musste, kann man ab sofort in der Berliner Zeitung nachlesen. Ich möchte soviel verraten: Ich hatte keinen Blumen im Haar und ich traf auch nicht auf sanfte Menschen, wie es der bekannte Song „Are you going to San Francisco“ von John Phillips von „The Mamas & The Papas“ aus den Sechzigern, bekannt in der Version von Scott McKenzie, prophezeit. Obwohl, sanfte Menschen traf ich irgendwie schon, und das jede Menge, allerdings ausschließlich im Sinne von betäubt und abgestumpft. Also das Kommende – auch in Berlin. Deswegen schnell noch meinen Artikel in der Berliner lesen, bevor es zu spät ist.

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