Bericht aus einem gebrochenen Land (122)

Denkmal im Magdeburg

Neulich war ich in Magdeburg, wo obige Aufnahme einer auf dem Boden eingelassenen Steinplatte entstand. Die Platte ist Teil eines Denkmals, dass an die friedliche Revolution in der DDR erinnert. Ein wichtiger Meilenstein dieser Revolution war der “Aufruf” des Neuen Forums vom 9. September 1989, der mit der Feststellung beginnt, dass die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft, also zwischen Regierung und Regierten, gestört ist. Ein ähnlicher Meilenstein ist das gestern veröffentlichte “MANIFEST für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland”, über das das Online-Magazin “Multipolar” berichtet. Dort wird auch beschrieben, dass und warum viele das Manifest nur anonym oder gar nicht unterzeichnen. – Ich habe es bereits unterschrieben, und das namentlich.
PS: Der in der Meldung von “Multipolar” erwähnte Beitrag “Ich kann nicht mehr” von Ole Skambraks, auf den die Initiative für das Manifest zurück geht, war für mich Anlass für meinen ersten Beitrag “Bulgarien – die große Freiheit”.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus einem gebrochenen Land (121)

Gestern habe ich “Maskenzwang” auf der Straße gefunden. Das Buch des Schweizer Schriftstellers, Übersetzers und Facharztes für Psychiatrie Walter Vogt ist 1991 bei Reclam in Leipzig erschienen und wird für knapp zehn Euro gehandelt. (Die gebundene Ausgabe bei Amazon sogar für 196 Euro, wie ich gerade sehe.) Obwohl das Buch in der DDR auch schon acht Mark gekostet hat, sind zehn Euro ein stolzer Preis für ein Taschenbuch aus dem Osten. Was könnte der Grund dafür sein? Was denkst Du? Ich erkläre mir den Preis mit der Aktualität des Titels. Der Maskenzwang liegt ja noch gar nicht so lange zurück. Dabei war eine Maske, zu der man gezwungen wurde, eine Staubschutzmaske. Wie der Name es bereits sagt, schützt sie vor Staub. Dass sie nicht vor Viren schützt, war bekannt. Wer es offen aussprach, war ein Schwurbler. Im Robert Koch Institut (RKI) durfte man diese Wahrheit offen aussprechen, wie man in den RKI Files nachlesen kann. Im geschützten Rahmen konnte man also durchaus schwurbeln bis der Arzt kommt, nur eben nicht in der Öffentlichkeit. Dort wurde man beleidigt, angepöbelt und auch physisch bedroht, wenn die Maske auch nur etwas schief saß. So ist es auch mir immer wieder in der Zentrale des deutschen Irrenhauses passiert, weswegen ich es vorgezogen habe, mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit zu bringen. Dort sollte man mancherorts offiziell eigentlich auch eine Maske tragen. Das Tragen wurde aber von keinem kontrolliert, so dass auch niemand beleidigt, angepöbelt oder gar physisch bedroht wurde. Ging man in Bulgarien in ein Geschäft, wurde man höflich darauf hingewiesen, und nicht so wie in Deutschland angeschrien oder gar nicht erst reingelassen. Heute soll das alles nicht mehr wahr sein. Aktuell sorgt man sich darum, dass diejenigen, die den Unsinn damals verzapft haben, jetzt, wo er bekannt wird, nicht zu hart angegangen werden. Wie Leute wie ich noch vor kurzem angegangen wurden, wenn sie keine Maske trugen, interessiert niemanden. Wie sollte es auch anders sein, es hat ja schon damals, als sie angegangen wurden, niemanden ernsthaft interessiert. Die Verantwortlichen für den ganzen Unsinn sollen heute auch gar nicht angegangen werden. Es wäre völlig ausreichend, wenn sie endlich aufhören würden, Unsinn zu verbreiten und einfach ihren Platz räumen würden, damit die Menschen wieder Luft zum Atmen haben.

PS: Ich werde das Buch am Sonntag auf dem Flohmarkt anbieten. Falls jemand es haben möchte, kann er mich gerne vorher kontaktieren und ein Angebot machen.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (120)

Ein Stück Bulgarien in der Zentrale des deutschen Irrenhauses

Gestern war ich in der Stadtbibliothek bei mir um die Ecke, genau war es schon Lichtenberg und nicht mehr Friedrichshain. In einem kleinen Konferenzsaal, der zur Bibliothek gehört, stand ein Klavier. Die Räumlichkeit wird an diesem Tag von der Mieterberatung genutzt, auf die neben mir noch zwei Frauen warteten. Plötzlich stand eine von ihnen auf und begann auf dem Klavier zu spielen. Ich musste an kurze Clips auf YouTube denken, wo spontane Klaviereinlagen immer wieder Begeisterung auslösen. Es dauerte auch nicht lange, da kam jemand von der Bibliothek herüber in den Raum. Er war allerdings alles andere als begeistert – eher das Gegenteil. Er wies nämlich die Klavierspielerin darauf hin, dass das Klavier frisch gestimmt sei, und dass es teuer wäre ein Klavier stimmen zu lassen. Ich war total begeistert von dieser typisch deutschen Ansage und musste mir ernsthaft das Lachen verkneifen, was nicht oft vorkommt. In Deutschland darf also nur auf ungestimmten Instrumenten spontan gespielt werden, weil sie zu stimmen Geld kostet. Das erinnerte mich an einen bulgarischen Witz. In dem Witz erzählt der Sohn, der zum Studieren in die Hauptstadt gegangen ist, stolz seinem Vater, dass er neulich um Geld zu sparen dort einer Straßenbahn hintergelaufen sei. Daraufhin meinte der Vater zum Sohn, dass er besser einem Taxi hinterhergelaufen wäre …

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Bericht aus einem gebrochenen Land (119)

Kartoffel-Werbung in der Zentrale des deutschen Irrenhauses

Welche deutsche Kartöffel keinen Bock mehr auf Kartoffeln hat, dem empfehle ich heute die Berliner Zeitung zu kaufen. Denn heute gibt es dort auf Seite 19 meinen Bericht über den Österreicher Thomas Bernhard in Bulgarien zu lesen. Genau geht es um “Holzfällen. Eine Erregung”, einen 1984 erschienen Roman von Thomas Bernhard, der sogleich verboten wurde, und der nun als “Monospektakel” in Sofia auf die Bühne gebracht wurde. Ganz nebenbei geht es auch um Toiletten. Thomas Bernhard war nämlich der Meinung, dass diese im Nachbarland Jugoslawien besser seien als die in Wien. Ich bin mir sicher, dass Thomas Bernhard mit den Toiletten in Sofia zufrieden gewesen wäre, was ich auch so in dem Artikel für die Berliner Zeitung geschrieben habe, der wie gesagt heute auf Seite 19 der Printausgabe erschienen ist. Das mit den Toiletten sage ich auch als Betroffener, der sich früher regelmäßig über die bulgarischen Toiletten erregte. Jetzt errege ich mich nur noch im Theater. Gelegentlich lasse ich mich dort auch in einen Rausch spielen. Die Berliner Zeitung fasst das Stück “Holzfällen. Eine Erregung” von Thomas Bernhard in Sofia / Bulgarien so zusammen: “Zwei Stunden zwischen Rausch und Ekstase”.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (118)

Friedliche Flaschensammler vorm Berghain

Ich war noch nie im Berghain gewesen, und daran sollte sich auch gestern nichts ändern. Dass ich überhaupt hingegangen bin, lag an den “aggressiven Frauen” im ehemals besten Techno-Club der Welt, die es dort geben soll und von denen ich hier gelesen hatte. Aggressiv waren nur die Männer an der Tür, die mich bereits von Weitem anbrüllten. Ihre genauen Worte habe ich mir nicht gemerkt. Sinngemäß sagten sie, dass ich blöder Tourist hier keine blöden Urlaubsbilder für meine blöde Sammlung machen solle. Die Begründung: Privatgelände. Einer der Männer, der die Tür machte, machte sich auf den Weg zu mir. Ich stand etwa da, wo das Geländer endet. Der Mann blieb dann aber auf halber Strecke stehen, vermutlich weil ich mich nicht von meinem Platz bewegte, womit er wohl gerechnet hatte. Wieder schrie er mich an, wie ich es sonst nur aus Bulgarien kenne, ich solle weiter nach hinten gehen, praktisch da wo auf dem Foto die Flaschensammler sitzen, dort könnte ich mein blödes Foto machen. Dass ich nicht als Tourist, sondern als Journalist vor Ort war, sagte ich dem Mann nicht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es ihn interessieren würde. Ich wünschte ihm aber noch Frohe Ostern. Denn das schien meiner Meinung nach sein Problem zu sein. Wo andere mit ihrer Familie sind, muss er die Tür von diesem Techno-Club machen. Techno und Tattoos, von denen auch er einige hatte, machen aggressiv. Das ist zumindest meine Beobachtung. Mit zu vielen Tattoos kann man sich mittels Techno sogar in einen Krieg tanzen. Davon bin ich zu einhundert Prozent überzeugt. Was auch aggressiv macht, sind die Absperrgitter vorne links, die ich eigentlich fotografieren wollte. Sie erinnern mich immer an einen Schlachthof, wo Tiere darauf warten, abgeschlachtet werden. Die Absperrgitter, die es auch auf Flughäfen gibt, wo sie aber nicht wie vorm Berghain aus Metall sind, sollen dort Menschen in Schach halten. So ähnlich ist es auch vorm ehemals besten Techno-Club der Welt. Dort sind sie aber wie gesagt aus Metall, denn Menschen mit Tattoos, die willens sind mit Techno in den Krieg zu tanzen, hält man nicht mit diesen einfachen Absperrgittern vom Flughafen in Schach. Dazu bedarf es ganz klar Gitter aus Metall – mindestens. Oder man brüllt sie wie in Bulgarien schon von Weitem an, was aber eben nicht immer funktioniert.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (117)

“Stunde Null” oder geht die “Party” weiter?

Nach der Veröffentlichung der “RKI Files” durch das Online Magazin “Multipolar”, für das auch ich schreibe, ist man beim Spiegel zum faktenbasierten Journalismus zurückgekehrt, aber nicht nur das. Auf dem Spiegel Cover ist Paul Schreyer, einer der Herausgeber des gestern noch “rechten Online-Magazins”, abgedruckt. Das aktuelle Spiegel Heft hat den Titel “Die Stunde Null”, was sicherlich etwas übertrieben ist. Andererseits sind Fakten auch nicht zu unterschätzen. Aber nicht nur Spiegel & Co sondern auch Öffentlich/Rechtlich hat in den vergangenen Jahren Fakten verdreht und geschwurbelt bis der Arzt kommt. Bestimmt nimmt man sich jetzt bei ARD, ZDF und auch bei der Süddeutschen ein Beispiel am Spiegel und kehrt ebenfalls zu einem faktenbasierten Journalismus zurück. Schön wär’s, oder?

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Bericht aus einem gebrochenen Land (116)

Kein Aprilscherz

In Berlin, der Zentrale des deutschen Irrenhauses, kann man neuerdings seinen persönlichen “Green Deal” leben, allerdings erst ab 2045. Immer mehr Menschen leben ihn jetzt schon, und zwar auf der Straße. Beim Jahr ’45 kommen bei nicht wenigen immer ganz komische Gefühle hoch. Andere wiederum wissen mit “bedingungsloser Kapitulation” rein gar nichts anzufangen. Mit anderen Worten: ihnen steht diese Erfahrung noch bevor. Was den “Green Deal” angeht, so denke ich, dass man mit der Natur, sprich mit Gott, nicht dealt. Das Ganze übrigens kein Aprilscherz, genauso wie dieser Bericht über “aggressive Frauen” im Berghain.

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