Obwohl noch Vorsaison ist, sind schon einige Touristen auf Kreta unterwegs. Für meinen Geschmack auf jeden Fall zu viele. Darunter sehr viele Deutsche. Die ausgebrannten und ausgelaugten Landsleute sind seit Corona besonders ruhebedürftig. Und so auch ich. Ich bin ja selbst nur Tourist, und zwar ein besonders lärmempfindlicher. Vielleicht fühle ich mich deswegen von den geräuschlosen Mitteilungen angesprochen, die offensichtlich für Touristen gedacht sind. Immerhin sind sie auf englisch und nicht auf griechisch. So wie es aussieht, gibt es hier Anarchisten, die etwas gegen die NATO haben. Gut, das ist nicht neu. Das gibt es auch anderswo, beispielsweise in Bulgarien. Nur Deutschland macht da mal wieder eine Ausnahme, geht den deutschen Sonderweg. In der Heimat gehören Anarchisten, so weit es sie überhaupt noch gibt, zu den Linken Linken, also zu den nützlichen Idioten der Techno-Feudalkapitalistischen-Kaste. Zumindest ist das meine Beobachtung. Doch zurück zu Kreta und Griechenland, wo Touristen direkt dazu aufgefordert werden, einen NATO Soldaten als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. In den entsprechenden Geschäften ist Covid-19 auch garantiert tot. Also wenn das kein Grund ist, nach Griechenland zu kommen, dann weiß ich auch nicht.
Seit gestern sind wir in Klima, genauer in der “Villa Klima”. Um es gleich am Anfang zu sagen: dem Klima geht es gut. Man sorgt sich in Klima nicht um das Klima. Dass das Klima sich verändert wie das Wetter, ist in Klima ein alter Hut. Niemand in Klima will also das Klima retten. Irgendwelche Klimaretter sind auch noch nicht in Klima gesichtet worden. Überhaupt scheint es ein deutsches Phänomen zu sein, ständig irgendetwas retten zu müssen. Aus eigener Erfahrung als Krankenpfleger weiß ich, dass helfende Berufe ein sicheres Anzeichen dafür sind, dass man sich selbst nicht helfen kann. Oder mit anderen Worten: Krankenpfleger respektive Krankenschwester ist kein Beruf, sondern eine Diagnose. Es wurden auch schon Bücher darüber geschrieben, beispielsweise “Hilflose Helfer”. Dass man in der Heimat immer ein Mündel braucht, um das man sich kümmern kann, sagt mehr über den Helfenden aus als über den, der vermeintlich Hilfe braucht. Der Helfende ist praktisch abhängig von seinem Mündel, besser: dem, was er dafür erklärt. Eine Zeit lang kann es ganz nett sein, wenn sich jemand um einen kümmert. Auf Dauer ist es aber nur nervig. Am Ende passiert es regelmäßig, dass sich der Helfende gegen sein Mündel auflehnt. Weil das Mündel nicht so will, wie er will. Das ist das Kommende. Wenn das Klima nicht so will, wie der Deutsche will, dann soll es doch zusehen, wo es bleibt. In Klima halt.
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Das Grab von Mikis Theodorakis in Galatas auf Kreta
Heute waren wir am Grab von Mikis Theodorakis. Wir hatten das nicht geplant, es hat sich so ergeben. Sein Grab ist in Galatas auf Kreta, von wo seine Familie kommt. Das Grab ist ganz einfach. Auf dem Grabstein steht nur sein Name, neben dem Grab ein Orangenbaum. Theodorakis ist 96 Jahre alt geworden. Als er 2021 starb, gab es in Griechenland drei Tage Staatstrauer. Theodorakis war ein großer Mensch, auch körperlich. Er war 1,95 Meter groß. Ich habe ihn 1983 in der Ost-Berliner Werner-Seelenbinder-Halle gesehen. Anfangs war es komisch, ihn eine Band von vier oder fünf Musikern dirigieren zu sehen. Erst sang Maria Farantouri, danach Petros Pandis. Später griff er selbst zum Mikrofon. Das war der Wahnsinn. Er so groß, und seine Stimme so zerbrechlich. Bis heute ist “Theodorakis Sings Theodorakis”, aufgenommen 1991 in Deutschland, eine meiner Lieblingsplatten.
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Es gab einmal eine Zeit, es ist schon einige Jahre her, da wurden in der Heimat richtig gute Reportagen wie die obige gemacht. Sie berichtet über ein Konzert von Mikis Theodorakis in einem Athener Stadion. Ich komme auf Mikis Theodorakis, weil ich gestern an dem Ort war, wo die Abschlussszene von “Alexis Sorbas” gedreht wurde, zu der er die Musik geschrieben hat. Mikis Theodorakis hat auch Konzerte in Ost-Berlin gegeben, beispielsweise vor der Volksbühne. Ich habe ihn kurz zuvor in der Werner-Seelenbinder-Halle gesehen und gehört gehabt. Seine wunderbare Sängerin Maria Farantouri, die auch in obigem Konzertmitschnitt auftaucht, war ebenfalls dabei gewesen. Das obige Video ist mehr als nur ein Konzertmitschnitt. Es ist auch das Ende einer Diktatur in Griechenland, die sieben Jahre andauerte und erst vor 50 Jahren zu Ende ging. Es lohnt sich, den Antworten der Zuschauer des Konzerts genau zuzuhören, denn sie haben die Diktatur am eigenen Leibe miterlebt. Theodorakis war im französischen Exil, war aber zuvor mehrfach im Gefängnis, wo er auch gefoltert wurde. Hier einer Auswahl der Zuschauerstimmen: “Ich kann nichts Neues sagen. Es ist doch allen bekannt, dass die Freiheiten des Menschen unterdrückt wurden. Wir konnten nicht frei reden, uns nicht frei ausdrücken. Fast vor jedem hatten wir Angst …” (7:10). Und dies hier: “Die Diktatur ist überall gleich. Die Erniedrigung, die unser Volk in den sieben Jahren erlitten hat, …, diese Erniedrigung ist die schlimmste Erfahrung für ein Volk. Deswegen wünsche ich, dass kein anderes Volk das jemals wieder erlebt.” (7:40)
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Gestern hatte ich Gelegenheit mit Griechen über das zu sprechen, was gerade in Deutschland passiert. Dabei fielen Worte wie “Wahnsinn”, “irrsinnig” und “verrückt”. Eine Schriftstellerin und Lehrerin meinte, sie sei kein Anhänger von Yanis Varoufakis, den sie kürzlich persönlich kennengelernt hat, aber was die Deutschen mit ihm veranstalten, das sei “Faschismus”. Wer es nicht mitbekommen hat: Deutschland hat dem ehemaligen griechischen Finanzminister Auftritte im Internet verboten. Ein Hinweis darauf, wo man in der Heimat gelandet ist, allen voran in Berlin, der Zentrale des deutschen Irrenhauses. In dem Zusammenhang kam die Schriftstellerin und Lehrerin auf obiges aktuelle Gespräch zwischen Yanis Varoufakis und Naomi Klein zu sprechen. In ihrem Bestseller “Die Schock-Strategie” hat Naomi Klein alles beschrieben, was in den letzten Jahren geschehen ist, angefangen von der Massenmigration über Corona bis hin zu den aktuellen Kriegen. Die Schriftstellerin und Lehrerin hier in Griechenland zitierte sinngemäß genau die Aussagen von Naomi Klein, die sich auch bei mir eingeprägt hatten: Die Deutschen sind schlechte Schüler, die zwar gelernt haben Regeln zu befolgen, aber nicht gelernt haben, diese auch kritisch zu hinterfragen. Corona war das beste Beispiel dafür, deswegen will man Corona auch nicht aufarbeiten. Denn dann müsste man sich selber kritisch hinterfragen. Lieber zieht man in den nächsten totalen Krieg, selbst wenn dieser der letzte ist: “Führer befiel, wie folgen Dir!”
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