Der falsche Prophet mit der Spritze

“Der falsche Prophet mit der Spritze” ist mein Geschenk zum heutigen Feiertag. Über meine erste Veröffentlichung auf den NachDenkSeiten freue ich mich sehr. Vor gut vier Jahren, genau war es der Mai 2020, hatte ich mir den falschen Propheten mit der Spritze ausgedruckt und mit auf die Anti-Corona-Demos auf dem Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte genommen. Dort nahm dieser Beitrag seinen Anfang. Denn niemand hatte das Bild zuvor gesehen oder etwas von dem falschen Propheten gehört gehabt. Jetzt war ich überrascht zu sehen, dass ausgerechnet mit diesem Bild die Konzerte des Künstlers im Oktober beworben werden. Nicht nur die drei Konzerte in Berlin und auch nicht nur die 11 in Deutschland, sondern weltweit. Ich werde übrigens auf keines der drei Berliner Konzerte gehen. Nicht etwa, weil ich sie mir nicht leisten könnte. Auch wenn das letzte Dylan Konzert in Leipzig, auf dem ich kurz vor Corona war, nur die Hälfte gekostet hat. Als ehemaliger Berliner Taxifahrer, der wegen Uber seinen Job verloren hat, setze ich in nichts meinen Fuß, was mit U anfängt und mit BER endet. Weder in eine Uber-Eats-Arena, aber schon gar nicht in ein Uber-“Taxi”. Als richtiger Taxifahrer hat man Würde. Dylan hat einen Song über sie gemacht.

War gerade in meiner Asservatenkammer, die bei mir Magic Room heißt, wo ich das Plakat, mit dem ich damals auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, aufbewahre. Da bei mir Ordnung herrscht – zumindest mancherorts -, habe ich es sogleich gefunden. Es ist obiges in schwarz/weiß.

Beschränkt, humorlos & verstopft

“Geht nicht!” trotz Eigenwerbung “Hier Tickets für Bahn, S, U, Tram, Bus & Fähre”

Zum Flughafen nach Sofia hat mich gestern mein englischer Freund Jerry gebracht. Besucher aus der Heimat sind regelmäßig überrascht, dass nicht jede Stunde ein Bus fährt, sondern nur einer am Tag. Obwohl ich immer wieder schreibe, dass es die ärmste Region des Landes wenn nicht gar Europas ist. Eine Besucherin fragte mich gar, ob man mir denn nicht 24 Stunden vorher bescheid sagt, wenn es kein Wasser gibt. Zuvor hatte ich ihr gesagt, dass das alte Rohr, das das gesamte Dorf mit Wasser versorgt, mal wieder kaputt gegangen ist und nun repariert werden muss, und dass ich deswegen gerade meinen Bürgermeister angerufen hätte. Doch zurück zu Jerry, der nicht nur am liebsten Deutscher wäre, sondern der mit einer Deutschen verheiratet war, und der im letzten Jahr zu mehreren Konzerten in Deutschland war. Jerry kennt also das aktuelle Deutschland, wo er einst als britischer Soldat stationiert war. Er kennt Deutschland aber nicht nur, sondern er erkennt es nicht wieder, so wie auch ich es nicht wieder erkenne. Auf der Fahrt nach Sofia gestern hat Jerry seine Beobachtungen so zusammengefasst: Deutsche heute sind noch beschränkter, humorloser und verstopfter als sie es bereits in der Vergangenheit waren. Das schlimmste sei aber: Sie glauben alles, was man ihnen sagt. Dazu passt meine Erfahrung, die ich sogleich am Flughafen BER machen musste. Als ich im August hier war, hatte ich ein Deutschland Ticket. Die dazugehörige Chipkarte wollte ich in obigem Service-Point der Deutschen Bahn am BER wieder aktivieren. Das ginge nicht, weil ich die Karte in einem Service-Point der S-Bahn gekauft habe. Ich könne im Service-Point der Deutschen Bahn am BER auch keine neue Karte beantragen, das ginge nur online. Als ich darauf hinwies, dass die S-Bahn zur Deutschen Bahn gehört, wurde ich darüber belehrt, dass die S-Bahn nur eine Tochter der Deutschen Bahn sei. Meint was? Dass es nicht geht! Willkommen in Schilda.

Schweine reisen angenehmer

Wasserspender am Flughafen Sofia

Die morgige Friedensdemo in Berlin ist ein Grund, dass ich gerade auf dem Flughafen in Sofia rumhänge, aber nicht der einzige. Eigentlich wollte ich gar nicht verraten, dass ich nach Deutschland komme. Weil dann müsste ich auch über das Grauen schreiben, das mich davor immer überkommt. So dachte ich zumindest. Keine Sorge, ich werde über dieses Grauen schreiben, aber nicht jetzt. Jetzt soll es um obigen Wasserspender geben, den es hier am Flughafen in Sofia gibt, aber nicht am Berliner BER. Schweine reisen komfortabler als Fluggäste, zumindest wenn sie vom Flughaben BER abfliegen. Letztens musste ich mir dort meine Wasserflasche mal wieder auf der versifften Toilette abfüllen, nachdem ich sie vorher angeblich der Sicherheit wegen wegkippen musste. Danach wurde ich genötigt, den kompletten Duty Free zu durchqueren. Das war früher anders, da konnte man noch selber entscheiden, ob man in einen Duty Free reingeht oder nicht. In dem hätte ich mir Wasser für teuer Geld kaufen können, was viele auch taten. Ich natürlich nicht – trotz Nötigung. Gut, am Ende habe ich das in der versifften Toilette des BER abgezapfte Wasser nicht getrunken, sondern auch wieder weggekippt. Aber darum geht es nicht. Es geht um’s Prinzip. Schweine müssen per Gesetz beim Transport kostenloses Wasser bekommen, Menschen offensichtlich nicht. Oder eben doch, aber dafür muss man erst nach Sofia fliegen.

Nicht schon wieder Wahlen

Wahlen sind so Achtziger

Am 27. Oktober wird wieder gewählt in Bulgarien. Es sind die sechsten Wahlen in nur drei Jahren und drei Monaten. Diesmal wird neu gewählt, weil die gewählten Parteien sich nicht auf eine Regierung einigen konnten. Praktisch das, was Deutschland bevorsteht. Da die Wahlbeteiligung bei der letzten Wahl im Juni dieses Jahres die niedrigste je gemessene war, sie lag bei gerade mal einem Drittel, ist es eigentlich auch egal, ob es eine Regierung gibt oder nicht. Sie würde sowieso keine Mehrheit repräsentieren. Wegen mir könnte Bulgarien auch zu einer Präsidialherrschaft übergehen. Präsident Rumen Radev macht einen guten Job, ich hatte im Juli in dem Beitrag Bulgarien hat keinen Bock auf “schon wieder Ostfront” über den parteilosen Fliegerpiloten und Generalmajor der Reserve geschrieben. Ganz anders die politischen Parteien in Bulgarien. Nach der vorletzten Wahl im April 2023 gab es zwischen zwei von ihnen ein Gentleman-Agreement. Man muss sich das so vorstellen: Man will keine große Koalition eingehen, weil man sich nicht leiden kann. Dafür einigt man sich darauf, dass zuerst der eine 18 Monate regiert und danach der andere 18 Monate. Warum nur 18 Monate, ist bis heute unklar. Gewählt wurde man für vier Jahre, also für 48 Monate, und die Hälfte von 48 ist bekanntlich 24 und nicht 18. Man machte keinen schriftlichen Vertrag, sondern ein Gentleman-Agreement. Das Gentleman-Agreement funktionierte nicht, was ich vorhergesagt hatte, aber das nur nebenbei, weil es ja keine Gentlemen sondern Politiker sind. Wer jetzt denkt, ich schreibe das, um mich über Bulgarien lustig zu machen, ist im Irrtum. Ich schreibe dies, um auf das Kommende in Deutschland vorzubereiten. Ich bin mir sicher, dass der Tag kommen wird, an dem Wahlen als demokratiefeindlich eingestuft und abgeschafft werden.

Lew = DM

Gestern war ich bei T-MARKET einkaufen. T-MARKET ist eine litauische Supermarktkette, die sich nach eigenen Angaben seit dem Eintritt in den bulgarischen Markt im Jahr 2005 zu einer der führenden Lebensmittelketten des Landes mit über 120 Filialen entwickelt hat. Es soll jetzt aber nicht um den Supermarkt gehen, es hätte auch jeder andere sein können, sondern um meinen Einkauf, der sehr übersichtlich war. Da ich nicht viel Geld habe, muss ich es zusammenhalten, weswegen ich das kaufe, was im Angebot ist. Das bulgarische Wort dafür ist отстъпка (ot·stŭpka), auf deutsch Rabatt. Das taucht oft auf dem Bon auf, aber beginnen wir von oben. 420 Gramm Körnerbrot kosten 2,85 Lewa, die Papiertüte fürs Brot fünf Stotinki. 864 Gramm Bananen aus Ecuador / Kolumbien kosten 3,02 Lewa, von denen 1,13 Lewa abgezogen werden, denn die Bananen waren im Angebot. Zwei Waffeln “Borowetz”, jede wiegt 55 Gramm, schlagen mit 1,58 Lewa zu Buche. Waffeln der Marke “Borowetz” gehören zu den Besten hier, weswegen ich sie auch kaufe, wenn sie nicht im Angebot sind. Danach kommt das “Dessert” TWIX. Keine Ahnung, warum TWIX hier ein Dessert ist – ist einfach so. 50 Gramm TWIX sind im Angebot, 2x 50 Gramm kosten 3,58 Lewa, von denen 1,60 Lewa Rabatt abgezogen werden. 90 Gramm Milka-Schokolade “Extra Kakao” sind auch im Angebot. Von dem eigentlichen Preis 3,69 Lewa werden 1,60 Lewa Rabatt abezogen. 160 Gramm Bisquit mit dem schönen Namen KUKU RUKU Klassik kosten normalerweise 1,79 Lewa. Im Angebot sind sie 80 Stotinki billiger. Ich habe die Preise jetzt nicht in Euro umgerechnet, weil der Lew 1:1 den Wert der D-Mark hat. Und wie damals bei der Umstellung auf den Euro der Umrechnungskurs war, das sollte man wissen. Und wer es nicht weiß, hat nun die Gelegenheit, sich kundig zu machen. Nicht nur der Flohmarkt in Montana, sondern Bulgarien insgesamt ist, was den Wert seiner Währung angeht, eine Zeitreise. Ich rechne jetzt auch nicht aus, wie viel ich durch die Angebote gespart habe. Das kann auch jeder, der will, für sich machen. Wichtig am Schluss ist noch, dass ich mit 12 Lewa in bar (в брой – v broĭ) bezahlt habe. Ich bezahle immer alles in bar.