Bericht aus Bulgarien (160)
Komme gerade von meinen Nachbarn, die mich zum Mittagessen eingeladen hatten. Es gab Schweine-Steak, in teurer deutscher Butter (drei Euro das Stück) gebraten, dazu Kartoffelbrei und in Öl und Knoblauch eingelegte Paprika. Zubereitet hat das alles mein Nachbar höchstpersönlich, seine Frau hat das Dessert gemacht, Yoghurt mit frischen Erdbeeren. Ich habe einen grünen Salat mitgebracht, man kommt in Bulgarien nicht mit leeren Händen.
Den Salat hat mir eine andere Nachbarin gegeben, die weiter unter “Auf dem Grat” wohnt, wie unsere Straße heißt, wobei Straße reichlich übertrieben ist, es ist um genau zu sein ein unbefestigter Weg. Bei der Nachbarin ist alles biologisch, also “sauber”, wie der Bulgare sagt. Dementsprechend schmeckt es.
Beim Essen erfahre ich, dass der Nachbar seinen alten, leicht reparaturdürftigen Ofen an einen Nachbarn verschenkt hat, der noch weiter oben “Auf dem Grat” wohnt. Zuvor hatte ich ihm, also dem Nachbarn, der mich zum Mittagessen eingeladen hat, meinen alten Ofen geschenkt, der noch so halbwegs funktioniert hat. “Auf dem Grat” verkommt nichts, es wird einfach weitergereicht.
Ich selbst habe mir letzten Sommer einen neuen Ofen mit einem eigenen kleinen Backofen zugelegt, der gerade im Angebot war, und den ich im Winter nicht nur mit dem Holz befeuert habe, über das ich neben der Zeit, in ausreichendem Maße verfüge, sondern in dem ich auch Brot gebacken habe, was immer sehr lecker war.
Lecker war auch das Mittagessen meiner Nachbarn. Sie hatten mich eingeladen, weil meine Abreise nach Berlin in der nächsten Woche bevorsteht, aber auch, weil sie mein Hot-Spot, also das Smartphone meines Sponsors, ausprobieren wollten. Wir leben nämlich nicht wirklich “Auf dem Grat”, sondern eher hinterm Berg. Ein kleiner Hügel ist zwischen uns und dem Bürgermeisteramt im Dorf, auf dem sich die Antenne befindet, die wir anzapfen.
Mein englischer Freund Jerry meinte neulich noch, dass ich zur Not den Hügel abtragen müsste, um ins Internet zu kommen. Aber da ist wohl sein britischer Humor mit ihm durchgegangen. Der Hügel bleibt auf jeden Fall heil, denn das Smartphone meines Sponsors aus Bremen ist nicht nur Bulgarien-kompatibel, sondern darüber hinaus Bulgarien-überlebensfähig. Vielleicht liegt das auch an der bulgarischen Karte, die ich eingelegt habe. Mit der deutschen Karte wollte es partout nicht funktionieren.
Die bulgarische Karte ist Prepaid, was in Bulgarien schwer zu finden ist. Die meisten Bulgaren haben einen Vertrag, so wie in Deutschland auch. Die Karte funktioniert, ohne dass ich mich irgendwo registrieren musste. Aufladen kann ich sie allerdings nicht. Ich muss dann eine neue Karte kaufen. Entweder 15 GB für 15 Lewa (7,50€) oder 50 GB für 45 Lewa (22,50€) für 30 Tage. Danach kann ich die Karte – so oder so – wegschmeißen.
Das habe ich bis eben noch alles meiner Nachbarin erklärt, während ihr Mann schon in der Koje lag und Mittagsschlaf gehalten hat. Das werde ich jetzt auch machen, denn auch ich bin etwas erschöpft. Das hat auch mit dem Wetter zu tun. Es ist gerade ziemlich schwül bei uns “Auf dem Grat” und in der Ferne bahnt sich ein Gewitter an. Auch deswegen sage ich schonmal “Frohe Pfingsten” Richtung Heimat, denn bei Gewitter reißt die Verbindung “Auf dem Grat” regelmäßig ab.
Foto&Text TaxiBerlin