Bericht aus Bulgarien (90)
Ich habe gerade Besuch aus Berlin und aus Kalifornien. Meine Gäste genießen die Freiheiten, die vor kurzem noch für uns alle selbstverständlich waren und in Bulgarien immer noch sind. Beim gemeinsamen Besuch meiner Nachbarin Baba Bore und ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln, die verstreut im Land wohnen, am Ende saßen wir zu zehnt am Tisch, spielte das Thema Corona keine Rolle. Demzufolge wurde auch kein Impfstatus abgefragt oder gar kontrolliert. Wir saßen einfach zusammen, Baba Bore tischte wie immer auf, was ihr Garten hergibt, und unterhielten uns ganz normal, so wie früher.
Eine Erfahrung der anderen Art machte zum selben Zeitpunkt die bulgarische Freundin meines englischen Freundes Jerry und Filmemacherin, die gerade in Frankreich weilt, wo sie aufgewachsen ist, weswegen sie auch die französische Staatsbürgerschaft hat. Sie wollte sich mit einem alten Freund treffen, der auch Bulgare ist und jetzt mit einem französischen Künstler zusammen lebt. Der französische Künstler wollte vor dem Treffen den Impfstatus der Bekannten aus Bulgarien seines bulgarischen Freundes wissen, sonst könne sich dieser nicht mit ihr treffen.
Der Wahnsinn ist also nicht nur in Berlin zuhause, sondern auch in Paris. Nur beim Bulgaren ist er noch nicht angekommen, oder nur indirekt. Ob der in Paris lebende Bulgare nach dem Vorfall noch mit dem französischen Künstler zusammen ist, weiß ich nicht, ich vermute ja. Die bulgarische Filmemacherin und Freundin meines englischen Freundes Jerry hier in Bulgarien hat ihren bulgarischen Freund zumindest nicht getroffen in Paris. Es ist praktisch dieselbe Geschichte, die mir neulich an dieser Stelle mein depressiver Bekannter in Berlin erzählte.
Der Fairness halber möchte ich hinzufügen, dass der französische Freund des bulgarischen Freundes der bulgarischen Filmemacherin mit französischem Pass ein Treffen vorschlug, wo er mit Zollstock den Abstand ausmessen würde. Französische Polizisten sind, im Gegensatz zu Deutschland, noch nicht mit Zollstock gesichtet wurden. weswegen er diesen Job übernehmen wollte.
Foto&Text TaxiBerlin