Bericht aus einem gebrochenen Land (012)

Auch wenn immer mehr Menschen aktuell “Good Bye Deutschland” sagen, möchte ich an den Film “Good Bye Lenin” erinnern. In dem Film mit Daniel Brühl gibt es eine Szene, wo seine Mutter, gespielt von Katrin Sass, krank im Bett liegt und Eingaben schreibt. In den Eingaben geht es u.a. um Kleider, die nur in großen Größen angeboten werden. Unterstützt wird sie beim Schreiben der Eingaben von ihren Nachbarn. Man kann davon ausgehen, dass die Mutter auf ihre Eingaben Antworten erhalten hat. Wäre dem nicht so, hätten wir es erfahren. Der Film spielt am Ende der DDR. Selbst da wurden noch Eingaben beantwortet. Das ist auch meine Erinnerung. Ich kann jedem nur empfehlen, heute mal eine Eingabe zu schreiben. Ich habe es getan, u.a. an das Bürgeramt meines Stadtbezirkes. Eine Antwort habe ich erst bekommen, als ich mich an den Regierenden Bürgermeister wandte, und dann auch nur widerwillig. In der Antwort wurden die Missstände, die ich beschrieben hatte, rundweg abgestritten. Ich wurde als jemand hingestellt, der Halluzinationen hat und sich Sachen einbildet. Das ist jetzt einige Zeit her. Heute bekommt man keine Antworten mehr auf Eingaben. Das ist zumindest meine Erfahrung. Auch Presseanfragen bleiben immer öfter unbeantwortet. Aktuell warte ich auf Antworten von der Deutschen Bahn betreffend der Boni für ihre Manager, obwohl die Bahn ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreicht hat, und von der Berlinale, die sich erneut von Uber sponsern lässt. Das kann natürlich einfach nur daran liegen, dass es dafür kein Personal gibt. Die Berliner Behörden beispielsweise wurden in den letzten Jahren kontinuierlich kaputt gespart. Das war auch der Missstand, über den ich mich in meiner Eingabe beklagt habe. Eine ältere Mitarbeiterin des Bürgeramtes, die damals kurz vor der Rente stand und nichts mehr zu befürchten hatte, hat mich als Bürger darum gebeten, da sie selbst als Angestellte des Bürgeramtes kein Gehör mehr bei ihren Vorgesetzten findet. Wenn ich einen Monat oder länger auf einen Termin beim Bürgeramt warten muss, kann ich mir selbst ausrechnen, wie es ums Personal bestellt ist. Dass dann keine Eingaben mehr beantwortet werden, ist klar. Den Personalmangel rundweg abzustreiten, so wie es Leiter des Amtes in seiner Antwort getan hat, ist mit Realtitätsverlust nur verharmlosend beschrieben. Ich frage mich, ob man als Eingabeschreibender nicht bereits als Feind angesehen wird. Einem Feind muss ich nicht antworten. Im Gegenteil: einen Feind kann ich bekämpfen. Und das geschieht dann auch. Er wird ignoriert so lange es geht. Danach streitet man einfach alles ab.
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Text TaxiBerlin

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