Leaving Berlin (010)
But hey, I’m OK!
Obwohl noch Vorsaison, sind schon einige Touristen auf Kreta. Die meisten von ihnen sind Deutsche. Deutsche sind dafür bekannt, die Vor- und Nachsaison zu lieben. Man kann es auch so sehen: Deutsche sind besonders Ruhe bedürftig. Und ich auch, immerhin bin ich halber Deutscher. Manchmal kommt aber dann doch der Bulgare in mir durch, und dann mache ich ganz verrückte Sachen, beispielsweise Off-Road fahren. Dazu muss man wissen, dass ich mit einem Auto hier bin. Alleine dieser Umstand unterscheidet mich von den meisten Touristen-Terroristen, zu denen natürlich auch ich gehöre. Immer öfter habe ich das Gefühl, dass uns die Einheimischen bemitleiden. Warum das so ist, kann ich nur vermuten. Ich glaube, sie bedauern uns, weil wir immer so weit reisen müssen, um am Ende nur bei uns selber anzukommen. Deswegen muss der Grieche nicht verreisen. Der ist bei sich zuhause schon bei sich selbst angekommen. Es liegt also nicht am Geld, das der Grieche nicht hat. Doch zurück zu mir und meinem Auto, das bulgarische Kennzeichen hat. Bulgarische Kennzeichen hat es deswegen, weil mir das billiger kommt. Ich kann mir nicht nur Berlin nicht mehr leisten, sondern auch deutsche Autokennzeichen. Ist alles eine Frage des Geldes. Da kommst Du auch noch hin, Du wirst schon sehen. Jedenfalls bin ich der einzige Deutsche mit bulgarischen Kennzeichen auf der Insel. Alle anderen sind geflogen und haben sich hier einen Mietwagen mit griechischen Kennzeichen genommen. Gestern fragte mich eine Landsmännin aus Berlin, wie lange man mit dem Auto nach Kreta fährt, worauf ich ihr geantwortet habe: Bis man ankommt. Die Deutschen, ich sag’s Euch, sind oft sehr wunderlich im Sinne von weltfremd. Nimm ihnen ihr Geld weg, und sie sind völlig hilflos. Ich war gestern auch etwas hilflos, und zwar als ich, kaum war ich Off-Road, mit meinem Wagen mit den bulgarischen Kennzeichen plötzlich auf der Seite lag. Aber hey, I’m OK! Es haben auch gleich ein paar Griechen angehalten, die mir halfen, das Auto umzudrehen. Die haben das Nummernschild gesehen und gedacht: Der armen Bulgarensau müssen wir helfen. Hätte ich deutsche Nummernschilder gehabt, hätten sie mich, wie in Deutschland üblich, ganz korrekt zur nächsten Werkstatt geschleppt, wo man den Wagen ordnungsgemäß untersucht hätte, was wieder einen Haufen Geld gekostet hätte, das ich nicht habe. So bin ich irgendwann am Abend angekommen. Bei meiner bescheidenen Hütte am Meer und bei mir.
Foto&Text TaxiBerlin