Straßenmusik mit Schafkäse und Melone am Ballermann
Gestern war ich zum Abendessen bei einem Freund eingeladen, den ich seit 30 Jahren kenne, und den ich in Sofia auf der Straße kennengelernt habe. Abendessen ist eigentlich der verkehrte Begriff, denn es war fast Mitternacht, dass wir bei ihm am Tisch saßen. Wir aßen Schafkäse mit Melone, eine in Bulgarien sehr beliebte Kombination, die aber nicht unbedingt meine ist. Schafkäse ist in Bulgarien meist aus Kuhmilch, denn Schafkäse aus richtiger Schafsmilch können sich die meisten nicht leisten. Aus was sein Schafkäse gemacht ist, habe ich nicht gefragt. Ich wollte meinen Gastgeber nicht in Verlegenheit bringen. Er war auf jeden Fall nicht im Laden gekauft sondern selbstgemacht, und das schmeckte man. Zurück zu meinem Gastgeber und Freund, den ich wie gesagt seit 30 Jahren kenne. Dass ich ihn auf der Straße kennengelernt habe, liegt daran, dass er Straßenmusiker ist. Als solcher spielt er seit der Wende, die in Bulgarien “Demokratisierung” heißt (auch gesprochen ganz bewusst in “Anführungszeichen”), auf der Straße, ist er “on the road”, wie man in Amerika sagt. Dafür ist er gut gealtert, auch musikalisch. Vor unserem gemeinsamen Abendessen habe ich mir seine mehrstündige Performance angehört. Er spielt übrigens am Eingang zur Altstadt von Nessebar am Schwarzen Meer. Ich bin einmal quer durchs Land gefahren, um meinem Freund und Dudelsackspieler zuzuhören, aber vor allem um danach mit ihm zu Abend zu essen. Einem Freund in der Heimat, dem ich davon schrieb, fragte daraufhin, wie es am bulgarischen Ballermann sei, womit er gar nicht so unrecht hat. Meine Antwort: Es ist auszuhalten. Menschen sind Menschen. Ob am Ballermann oder in Berlin. Berlin ist ja auch nur ein großer Ballermann. Aber ich will nicht vom Thema abkommen. Dass wir erst um Mitternacht zu Abend aßen, lag nicht nur an den bulgarischen Sitten, oder anders gesagt, dass in Bulgarien traditionell spät zu Abend gegessen wird, insbesondere im Sommer. (Fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: Am bulgarischen Ballermann, womit genau der Sonnenstrand und nicht Nessebar gemeint ist, das direkt neben Sunny Beach liegt, wie der Sonnestrand auch genannt wird, ist es noch schön sonnig und angenehm warm.) Dass wir so spät zu Abend aßen, lag vor allem daran, dass der Freiluft-Auftritt meines Freundes am Eingang zur Altstadt von Nessebar immer bis spät in die Nacht geht. Ich schreibe das auch, falls jemand sich mit der Absicht trägt Straßenmusiker am Ballermann zu werden, beispielsweise in Berlin.