Bericht aus Bulgarien (296) – “Ein Lehrstück”
Vorgestern las ich diesen lesenswerten Kommentar mit dem Titel “War dies möglich, so ist alles möglich” von Michael Andrick in der Berliner Zeitung und stolperte über den Satz: “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten entschuldigt.”, bei dem ich mich fragte: Wann soll das gewesen sein? Gestern las ich nun anstelle von “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten entschuldigt.” diesen Satz: “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten zu entschuldigen.” Diese Aussage erscheint mir zwar zutreffender zu sein, doch fehlt der Hinweis darauf, dass es eine ursprüngliche Version des Textes gab, in der “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten entschuldigt.” stand, welche nunmehr aus diesem oder jenem Grund in “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten zu entschuldigen.” geändert wurde, nicht nur weil ich es von früher so kenne, sondern weil Journalismus, der diesen Namen verdient, so funktioniert. Da der Kommentar auch in der Printausgabe erschienen ist, war ich gespannt zu erfahren, welche Version des Textes dort zu lesen ist, oder ob es gar eine dritte gibt. Ein Berliner Bekannter hat mir ein Foto der Printausgabe geschickt, in der wieder “Der Bundespräsident hat sich endlich aufrichtig bei den Ausgegrenzten entschuldigt.” steht. Mich würde nun interessieren: Was stimmt denn jetzt? Und was ist die Original-Aussage des Autors? – Darüber hinaus frage ich mich, ob dies ein Lehrstück des Titels “War dies möglich, so ist alles möglich” ist, also ein Hinweis darauf, was den Leser von der Berliner Zeitung in Zukunft zu erwarten hat? Vor allem versuche ich mich in die Lage des Autors zu versetzen, was mir irgendwie nicht gelingen will. Wie der sich wohl gerade fühlt? Und was meint mein Berliner Faktenchecker dazu? Checkt er noch Fakten, oder “bodychecken”, besser “brainchecken” diese ihn? Auch in seine Lage versuche ich mich zu versetzen, was mir ebenfalls nicht gelingen will. So lange so weit weg von der Heimat zu sein wie ich, hat eben auch seine Nachteile, kann andererseits aber auch sehr lehrreich sein.
Fotos&Text TaxiBerlin