Wahrlich, wir leben in aufregenden Zeiten

Es ist ziemlich genau 30 Jahre her, dass ich ein Konzert von Karsten Troyke in den damals noch unsanierten Hackeschen Höfen besuchte. Karsten Troyke präsentierte im ehemaligen jüdischen Viertel Berlins Jiddische Lieder. Obwohl die historische Kulisse, in der das Konzert seinerzeit stattfand, einen „maroden Charme“ besaß, hatten damals noch alle ein Dach über dem Kopf. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Doch zurück zu Karsten Troyke, dessen Vortrag mir damals sehr gut gefallen hat. Dass er einmal einen Text von mir einsprechen würde, hätte ich mir nicht träumen lassen. Genau dies ist nun mit meinem Text über San Francisco passiert, der neulich in der Berliner Zeitung erschienen ist. – Wir leben wahrlich in aufregenden Zeiten. Ich kann es kaum erwarten zu erfahren, wie es weiter geht.
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Zurück in Bulgarien (064) – „Im South Park in Sofia“

Auch in Sofia gibt es einen South Park, der auf bulgarisch Jushen Park (Южен парк) heißt. Dort haben die USA, genau USAID, 570 Bäume gepflanzt, so steht es auf einem Denkmal im Jushen Park. Das passt augenscheinlich nicht jedem, denn das metallene Schild auf dem Denkmal weist Beschädigungen auf. Schwer zu sagen, ob ganz und gar geschossen wurde auf das Denkmal. Auszuschließen ist es nicht. Was sicher zu sein scheint, ist, dass es vor wenigen Tagen ein FarmAid Konzert in den USA gab, auf dem neben Neil Young und Willie Nelson auch Bob Dylan auftrat. 1985 gab es schon einmal ein großes FarmAid Konzert, das ich damals noch live vor dem Fernseher mitverfolgt habe. Das ist jetzt fast 40 Jahre her. Schon damals ging es den Farmern in den USA mies. Daran scheint sich nichts geändert zu haben, sonst würde man wohl kaum ein zweites FarmAid Konzert veranstalten. Dass USAID nun ausgerechnet Bäume in Bulgarien pflanzt, verwundert viele Bulgaren. Weder leben die Menschen in Bulgarien auf Bäumen, noch ernähren sie sich von ihnen. Allerdings vermuten einige Bulgaren, dass wenn der Amerikaner 570 Bäume pflanzt, er irgendwann 1.570 Bäume zurückhaben will, wenn nicht gar 10.570.

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Still alive – Der Nichtsänger und Nobelpreisträger

Bob Dylan, der 82 jährige Literaturnobelpreisträger von 2016, der auch als „Der Nichtsänger“ bekannt ist, ist „still alive“, wie obige aktuelle Aufnahme beweist. Seine aktuelle „Rough and Rowdy Ways World Wide Tour“ begann bereits 2021 und soll bis 2024 gehen. Wenn, ja wenn der gute alte Bob nicht vorher den Löffel abgibt, möglicherweise auf der Bühne. Vielleicht ist das sogar Bobs Idee – wer weiß?
PS: Wer sich nicht alle drei Songs vom Nichtsänger und Nobelpreisträger anhören möchte, dem empfehle ich bei dessem letzten Lied, also bei 9:35 einzusetzen.
PPS: Was das Werbeplakat für die Tour angeht – schau es dir ganz genau an!
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Im Taxi mit Serdar Somuncu und Maximilian Pütz

Als ich noch Taxi in Berlin gefahren bin, habe ich Sonntags im Taxi oft „Die Blaue Stunde“ auf Radio Eins von und mit Serdar Somuncu gehört und mich zunehmend mit Serdar gequält. Gequält habe ich mich deswegen, weil mir Serdar immer öfter auf die Nerven ging. Warum genau, kann ich gar nicht mehr sagen. Es ist einfach schon zu lange her. Jedenfalls hätte ich nie gedacht, dass Serdar eine solche Wendung hinbekommen würde. Dass Serdar sie hinbekommen hat, hat, so denke ich, mit seinem türkischen Migrationshintergrund zu tun. Maximilian Pütz, mit dem sich Serdar in obigem aktuellen Interview unterhält und dessen Mutter Griechin ist, kenne ich erst seit kurzem. Maximilian coacht Männer, die Angst vor Frauen haben. Angst vor Frauen haben sie, weil sie von Frauen erzogen wurden und kaum männliche Vorbilder haben. Ein interessanter Ansatz, wie ich finde, der auf immer mehr Männer zutrifft heute. Das Gespräch zwischen Serdar und Maximilian erinnert mich an Gespräche in meinem Taxi, wo ein jeder alles sagen durfte, sogar die Wahrheit. Dass ein jeder alles sagen durfte, bedeutete nicht, dass ich alles Gesagte geteilt habe. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber wir leben in besonderen Zeiten, in denen selbstverständliches nicht mehr selbstverständlich ist.
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Zurück in Bulgarien (063) – „Selbstbeweihräucherung“

Lange habe ich es nicht gemacht, dafür jetzt gleich zweimal in kurzer Folge. Die Rede ist davon, dass ich meine Hütte ausgeräuchert habe, und zwar mit Weihrauch. Auch die Orthodoxen nehmen Weihrauch zur Desinfektion, aber vor allem zur Selbstbeweihräucherung. Zur Selbstbeweihräucherung und Desinfelkion braucht man Weihrauch, den man in jeder Kirche in Bulgarien bekommt, in den größeren Städten gibt es auch Geschäfte, die ihn verkaufen. Den Weihrauch legt man auf kleine runde Briketts, die dafür auf der einen Seite eine kleine Vertiefung haben, die sich selbst entzünden, und die man überall zum Weihrauch dazu bekommt. Selbst entzünden bedeutet, dass sie selbstständig weiterbrennen, wenn man sie einmal angezündet hat. Woran das genau liegt, kann ich nicht sagen. Man muss dem Brikett etwas hinzugegeben haben, dass er sich selbst entzündet. Das Gefäß, in das man das kleine Brikett legt, der Fachbegriff fällt mir gerade nicht ein, bekommt man auch in jeder Kirche. Man kann auch einfach einen Unterteller oder eine flache Tasse nehmen. Weihrauch, der ein oder andere erinnert sich, hatten neben Myrrhe und Gold auch die drei Weisen Caspar, Melchior und Balthasar aus dem Morgenland im Gepäck, als sie bei dem kleinen Jesus kurz nach seiner Geburt im Stall aufschlugen. Weihrauch ist ein Harz, das vor allem aus der Baumart Boswellia gewonnen wird. Boswellia wiederum ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Balsambaumgewächse. Weihrauch hat neben anderen pharmakologischen Wirkungen auch eine hirnleistungssteigernde und eine das Immunsystem stärkende Wirkung, was man auch meinen Texten anmerkt, so hoffe ich zumindest.

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Zurück in Bulgarien (062) – „Du kannst dein Leben ändern“

Ankunft im Dorf Emona am Schwarzen Meer
nach 40 Tagen und 750 Kilometern quer durch Bulgarien

„Du mußt dein Leben ändern“ ist ein Essay des Philosophen Peter Sloterdijk aus dem Jahre 2009. Mit Imperativen bin ich vorsichtig, insbesondere wenn es um eine so große Sache geht, wie sein Leben zu ändern. Was ich bestätigen kann, ist, dass es prinzipiell möglich ist, sein Leben zu ändern. Ich hatte darüber bereits gestern in diesem Beitrag geschrieben, allerdings vergessen meine Eselwanderung quer durch Bulgarien zu erwähnen, die für mich ebenfalls lebensverändernd war. Wie eine Eselwanderung auch dein Leben verändern kann, darüber spreche ich im vierten Teil meines Interviews mit den Munich Globe Bloggers, das jetzt online ist.

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Zurück in Bulgarien (061) – „Nicht Tier und nicht Pflanze“

Ich mag Pilze zu sammeln, aber nicht sie zu essen. Dementsprechend kann ich sie auch nicht zubereiten. Im Korb sehen sie sowieso besser aus als in der Pfanne. Da ich mich mit Pilzen nicht auskenne, sammle ich immer nur einen – den Schirm- bzw. Parasolpilz. Den kenne ich. Das Messer hat mir übrigens mein Freund aus Bremen geschenkt. Er meinte, ich könnte es in Bulgarien gebrauchen, wohl aber weniger um Pilze abzuschneiden. Ein anderer Freund wollte mich mal davon überzeugen, mir eine Knarre zuzulegen. Keine Angst, eine Knarre habe ich nicht. Eine Knarre ist mir noch fremder als Pilze. Pilze sind übrigens nicht Tier und nicht Pflanze. Pilze gehören einem eigenen Reich von Lebewesen an. Immerhin: Pilze sind vegan. Aber das ist mir wiederum egal. Ich esse auch Fleisch, wenngleich immer weniger und in Bulgarien fast gar nicht. In meinem Dorf gibt es einen LKW-Fahrer, der regelmäßig nach Deutschland fährt, um von dort Schweinehälften nach Bulgarien ranzukarren. Nachdem ich das gehört habe, war mir klar, warum man Fleisch hier besser nicht essen sollte. Da in Bulgarien allgemein und in der ärmsten Region im Nordwesten insbesondere keiner wirklich Geld hat, darüber hinaus der Transport sich noch lohnen muss, kann es sich bei dem Fleisch, das der Mann aus meinem Dorf regelmäßig aus Deutschland rankarrt, nur um das Letzte vom Letzten handeln. Vermutlich wurden da die Reste von Böden deutscher Schlachthöfe zusammengefegt, die in Deutschland (noch) unverkäuflich sind. Der Mann selbst isst das von ihm aus Deutschland rangekarrte Schweinefleisch übrigens nicht, sondern nur Wild, das er selbst erlegt. Dazu braucht man dann doch eine Knarre. Es geht auch mit einem Messer, aber dazu braucht man besondere Fähigkeiten, die ich (noch) nicht habe. Solange halte ich mich lieber an Gurken und Tomaten.

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