Toilettenpapier nicht vergessen

In Bulgarien habe ich immer Toilettenpapier dabei. Man kann nie wissen. Obiger Obdachloser bei mir um die Ecke hat mich nachdenklich gemacht. Ab sofort werde ich auch in Berlin immer Toilettenpapier bei mir haben. In Bulgarien bin ich sogar im Parlament dafür bekannt, dass ich immer Toilettenpapier dabei habe. Als ich nach einem Interview die Chipkarte zum Verlassen des Parlaments nicht finden konnte, kippte ich kurzerhand den Inhalt meines Rucksacks aus. Die Chipkarte kam nicht zum Vorschein, dafür eine Rolle Toilettenpapier, die sich filmreif auf dem im Foyer ausliegenden Roten Teppich abrollte. Daraufhin durfte ich das Parlament ohne Chipkarte verlassen. Auch deshalb kann ich nur empfehlen, immer eine Rolle Toilettenpapier dabei zu haben.

PS: Gerade fällt mir ein, dass ich schon mal einen Film zum Thema Toilettenpapier gemacht habe.

Gesunder Menschenverstand

Gerade erfahre ich, dass unser ehemaliger Wirtschaftsminister, Vizekanzler und Kanzlerkandidat der Grünen den Deutschen Bundestag verlässt. Ich frage mich, was er dort zu suchen hatte, wenn er mit Deutschland noch nie etwas anzufangen wusste, es bis heute nicht weiß und Vaterlandsliebe stets zum Kotzen fand. Kein besonders interessanter Fall für den Desillusionsten und Eselflüsterer. Man braucht nur ein klein wenig gesunden Menschenverstand, dann kommt man selbst dahinter.

Mehr Demokratie wagen

Einst wollte Willy Brandt mehr Demokratie wagen. Derselbe Willy Brandt war verantwortlich für den sogenannten Radikalenerlasses. Mit ihm sollte der Eintritt von politischen Extremisten in den öffentlichen Dienst verhindert werden. Sämtliche Bewerber, aber auch bereits Eingestellte wurden fortan durch eine individuelle Regelanfrage beim Verfassungsschutz dahingehend überprüft, ob ihre politischen Aktivitäten und Mitgliedschaften auf eine verfassungsfeindliche Einstellung schließen ließen. Etwas ähnliches findet gerade wieder statt, ganz ohne Radikalenerlass. Diesen hatte Willy Brandt schon wenige Jahre später als Irrtum bezeichnet. Irgendwann wird sich auch die Erkenntnis durchsetzen, dass es ein Fehler war, Kandidaten von Wahlen auszuschließen, nur weil sie der „falschen“ Partei angehören. Auch hier gilt Friedrich Nietzsches ewige Wiederkehr des Immergleichen. Solange man sich der AfD nicht inhaltlich stellt, muss man davon ausgehen, dass man ausser „Rechts, Rechts, Nazi“ keine wirklichen Argumente hat. Willy Brandt hat seinen Fehler damals eingesehen, weswegen ich auf ihn zurückkomme: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“

Das gute Leben ist vorbei

„Das gute Leben ist vorbei“, so der Titel meines Interviews mit Jasmin Kosubek, auf das ich einiges an Rückmeldung bekommen habe, für die ich mich bedanken möchte. Ich werde auch noch jedem persönlich antworten – versprochen. In dem Interview mit Jasmin geht es um den Osten im Allgemeinen und um Bulgarien im Besonderen, und warum er, der Osten, diesmal den Westen retten könnte. Im Interview sage ich, dass ich mich mit dem Begriff Werte schwer tue. Ich tue mich deswegen mit dem Begriff Werte schwer, weil er nur allzuoft Interessen meint. Ganz im Sinne von Egon Bahr, der meinte, dass es in der internationalen Politik nie um Werte wie Demokratie oder Menschenrechte geht, sondern immer nur um Interessen. Der kanadische Psychologe und Buchautor Jordan Peterson, von dem die These mit dem Osten ist, ich hatte hier darüber geschrieben, sagte, dass die Osteuropäer ein besseres Verständnis für alle wesentlichen Dinge als Westeuropäer hätten. Diese wesentlichen Dinge, wie er es nennt, sind für mich gesunder Menschenverstand, Herzensbildung, Instinkt und Intuition. Ich finde diese Dinge mehr in Bulgarien als in Berlin beispielsweise. Hier sehe ich eine Entwicklung hin zum betreuten Denken, auch weil neuerdings für jeden Scheiß (sic) die KI (Künstliche Intelligenz) befragt wird. Was nun den Titel des Interviews „Das gute Leben ist vorbei“ angeht, so gab es dazu kaum oder keine Rückmeldung. Lediglich in den Kommentaren schrieb jemand: „So ein Bullshit“. Und das finde ich verwunderlich. Dass sich der Deutsche nicht mit dem Osten auskennt – geschenkt. Aber dass es mit unserem schönen Land den Bach runter geht, siehe Foto, das sollte so langsam jedem aufgefallen sein.

Be Lucky, Not Angry

Mein bester Freund in Bulgarien ist Engländer. Sein Name ist Jerry, ich habe schon oft über ihn geschrieben. Als Soldat der englischen Armee war Jerry auch in Berlin stationiert, später in Westdeutschland. Dort war er mit einer Deutschen verheiratet, deren Eltern ursprünglich aus dem Osten kamen. Jerry kennt also Deutschland und hatte auch schon frühzeitig Kontakt zu Ostdeutschen. – Neulich habe ich über den englischen Historiker Christopher Clark und sein Buch „Die Schlafwandler – Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“ geschrieben. Heute geht es um den Engländer David Betz. Beide, sowohl Betz als auch Clark, sind übrigens Professoren, aber das nur nebenbei. Betz beschäftigt sich mit den Bedingungen für Bürgerkriege und bewaffneten Aufständen. In einem Interview mit der Berliner Zeitung sagt er, dass nahezu alle Voraussetzungen für Bürgerkriege gegeben sind. Jetzt nicht irgendwo, sondern in Westeuropa. Betz kommt zu dieser Aussage aufgrund von Faktoren, die er seit Jahrzehnten erforscht: tiefe gesellschaftliche Spaltung, ein beschleunigter Statusverlust der einst dominanten Mehrheitsbevölkerung und ein dramatischer Zusammenbruch des Vertrauens in die Institutionen. Der möglicherweise bevorstehende Bürgerkrieg sei im Kern eine Revolte der „Regierten“ gegen die Eliten, so Betz. – Viele „Regierte“ sind zunehmend „Angry“. Manch einer hat sogar schon ein Nummernschild an seinem Auto, auf dem „Angry“ steht, was mich an meinen Freund Jerry denken lässt. Jerry sagt immer, die Engländer seien praktisch Deutsche, nur mit Humor. Das finde ich gut, weil – leider – zutreffend. Besser ist nur noch seine Beschreibung unseres Lebens ins Bulgarien: „We are Lucky!“. Und das kann ich auch nur meinen humorlosen Landsleuten empfehlen: „Be Lucky, Not Angry!“

Das Parfum von Berlin

Für manche ist der Geruch des Döners das Parfum von Berlin. Für andere wiederum der Geruch der Currywurst. Für mich war es immer der Geruch der U-Bahn. Aktuell gibt es eine neue Entwicklung. Zumindest deute ich so einen Streit, dessen Ohrenzeuge ich neulich die Ehre hatte sein zu dürfen. Bei dem Streit ging es um die Frage, ob der Geruch nach Urin oder der nach Kot das aktuelle Parfum von Berlin ist. Am Ende einigte man sich darauf, dass es eine Mischung aus beidem sei.