Unterwegs in Ostdeutschland

Am Wochenende war ich in Thüringen, wo nicht nur obiges Foto entstand, sondern wo ich darüber hinaus den Eindruck hatte, dass die evangelische Kirche Ostdeutschlands auf dem Weg ist, eine ähnliche Rolle zu spielen wie ’89 in der DDR. Bereits auf der Zugfahrt in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt wurde ich Ohrenzeuge folgendes Statements: “Als Wessi habe ich mir nicht träumen lassen, einmal lieber mit Ossis zusammen zu sein.” Oder mit anderen Worten: “Liebe Ossis, lasst uns nicht mit den Wessis alleine.” – Das ist kein Wessi-Bashing. Das ist die Realität.

Hurra, endlich neue Raketen

Hurra, endlich werden wieder neue US-Marschflugkörper in Deutschland stationiert. Das wurde auch höchste Zeit, denn die letzte Stationierung liegt über 40 Jahre zurück. Damals sind viele Menschen dagegen auf die Straße gegangen, aber das ist so Achtziger. Heute retten sie lieber mit einer Tüte Chips auf der Couch liegend und Nachrichten in einfachem Deutsch hörend die Welt. Demnächst werden auch sie, so wie mein Nachbar und ich in Bulgarien, im Luftschutzkeller sitzen. Immerhin, der Buchhandel hat schon reagiert. Auch im Keller bleibt der Buchpreis stabil.

Ich als Esel

Meine Zeit in Bulgarien habe ich diesmal genutzt, um einen kleinen Film über meine Idee zu machen, in den Schluchten des Balkans den ersten Rückzugsort für Autoren zu schaffen, an dem es auch Esel gibt. Rückzugsorte, auf englisch Retreats, gibt es schon viele, auch für Schriftsteller. Ein Retreat für Autoren mit Eseln wäre der erste überhaupt. Auf die Idee mit den Eseln bin ich gekommen, weil ich eine Wanderung mit einem Eseln quer durch Bulgarien gemacht habe. Vom Berg Kom zum Kap Emona am Schwarzen Meer. 750 Kilometer in 40 Tagen, in denen ich viele liebe und hilfreiche Menschen kennengelernt habe. Das ist sowieso das wichtigste. Menschen, die einem helfen, zu denen man eine Beziehung aufbaut. An erster hat Stelle hatte ich aber eine Beziehung zu meinem Esel. Die Beziehung zwischen meiner Eselin und mir war die eines alten Ehepaares – eines Eselpaares. Viel habe ich von meiner Eselin gelernt. Gefunden habe ich sie in meinem Dorf. Den Filmemacher des obigen Filmes habe ich in Berlin gefunden. Es ist mein Freund Holger Groß, der mich schon mehrmals in Bulgarien besucht hat, und mit dem ich auch schon zu einer Esel-Ralley war, der so genannten Bio-Ralley, die es heute leider nicht mehr gibt. Stattgefunden hat sie in der Stadt Gurkowo in Zentral-Bulgarien, durch die ich mit meiner Eselin gezogen war, und wo uns ein lieber Esel-Verrückter versorgt und beherbergt hat. Auch wenn es die Esel-Ralley heute nicht mehr gibt, so gibt es bis heute in Gurkowo ein Esel-Museum. Auch so eine verrückte Geschichte, auf die vermutlich nur Bulgaren kommen können. Ganz genauso wie die Idee eines Rückzugsortes für Autoren, an dem es auch Esel gibt, meinem “Donkey Sanctuary & Writers Retreat”.

Willkommen im Potemkinschen Dorf

Pünktlich zum Compact-Verbot bin ich zurück im Potemkinschen Dorf. Worauf man dort stolz ist, mich willkommen zu heißen, ist unklar. Auf die Fahrstuhlmusik beim Warten auf’s Gepäck, das fast eine Stunde auf sich warten lässt? Die Balkanisierung Berlins hat erneut an Fahrt aufgenommen. Passend dazu: Ursula von der Leyen will sich heute wieder wählen lassen, nachdem sie gestern den Covid-Impfstoff-Prozess verloren hat. Aber Korruption gibt’s natürlich nur auf dem Balkan – schon klar. Die Cafés und Restaurants bei mir im Friedrichshainer Kiez sind nochmal voller als gehabt. Die Leute spüren, dass etwas in der Luft liegt. Entweder Krieg oder ein neuer Virus. Vorher will man’s nochmal krachen lassen. Kinder, wollt ihr ewig Party machen? Zu hause immer noch die Baustelle gegenüber. Eingeborene sitzen auf ihren Balkonen, unter ihnen wird am Dach gearbeitet. Auch die Verblödung der Berliner ist weiter voran geschritten. Zu hause packe ich meine Sachen – für den Flohmarkt. Darf ich das Compact-Magazin noch anbieten. Auf Ebay soll es schon verboten sein. Aber können die Leute denn noch zwischen Spiegel und Compact unterscheiden. Der Typ in der S-Bahn, der auf der Fahrt vom Flughafen in die Stadt mit der Kontolleurin streitet, ist mit Sicherheit zu stumpf dazu. Dass er den falschen Fahrschein hat, liege daran, dass er so lange aufs Gepäck warten musste, weswegen er keine Zeit hatte, am Automaten den richtigen Fahrschein zu kaufen. Außerdem komme er aus dem Urlaub und sei völlig erschöpft. Das müsse die Frau doch verstehen. Auf keinen Fall werde er noch etwas dazu bezahlen. Das stehe fest. Als ich nicht mehr an mich halten kann, bekomme ich Lachverbot. Es liegt etwas in der Luft. Die Leute sind aggressiv, kurz vorm Explodieren. Die Kontolleurin lässt von ihm ab. Der Mimi-Mann ist nicht alleine, hat seinen Partner dabei. Mimi-Männer müssten verboten werden. Nicht irgendwelche Magazine. Dass ich das nochmal erleben muss. Nach dem Sputnik- und dem Russia-Today-Verbot, nun Compact. Versteht die Innenministerin ihr eigenes Verbot, das nicht das Magazin, sondern den Verein betrifft, der es herausgibt. Vermutlich muss sie es als Nachricht in einfacher Sprachen hören, um es zu verstehen. Frau Faeser, nicht Compact sondern sie gehören verboten. Eine Zensur findet nicht statt. Steht irgendwo im Grundgesetz. Kennt das noch jemand? Weiß noch jemand, was gemeint ist? Da lob ich mir den Balkan. Letztes Statement im “Barchen” in meinem Dorf: Der militärisch-indutrielle Komplex kann nicht zulassen, dass Trump den Krieg beendet. Orban schon gar nicht. Der soll boykottiert und von der Leyen gewählt werden. Willkommen in der Zentrale des Potemkinsches Dorfes Deutschland, wo alles nur noch Schein ist. Von Stolz keine Spur. Ich schäme mich.

Kantinenessen

Je größer die Stadt, desto mehr Kantinen gibt es. In meinem Dorf natürlich nicht, da gibt es keine. Aber in Sofia sind Kantinen sehr verbreitet. Obige in der Ljuben Karavelov Straße ist immer gut besucht. Viele Alte holen sich hier ihr Mittagessen, aber auch Polizisten. Die Verpackung zum Mitnehmen kostet 30 Stotinki (15 Cent). Die teuersten Gerichte (Schweinefleisch mit Kartoffeln und Hühnchen mit Reis) schlagen mit fünf Lewa und 50 Stotinki (2,80 €) zu Buche. Suppen gibt es ab zwei Lewa und 50 Cent (1,30 €). Bulgarisches Mousaka, es unterscheidet sich vom griechischen, dass er mit Kartoffeln anstatt mit Auberginen ist, kostet fünf Lewa und 20 Stotinki (2,60 €) und ein Schweinesteak vom Rost vier Lewa und 50 Stotinki (2,30 €). Gestern in der Ljuben Karavelov Straße in Sofia gab es eine Schlange vor der Kantine, die nur Mittags geöffnet hat. Die Speisen sind gut, manchmal fehlt etwas Salz, was auch gut ist – für den Blutdruck. Bin ich in Sofia, esse auch ich gerne in einer Kantine. Dabei gehört die in der Ljuben Karavelov Straße zu meinen Favoriten. Gestern habe ich nur obiges Foto gemacht. Es war einfach zu heiß für ein Schweinesteak vom Rost. Was gepasst hätte, wäre Tarator, eine kalte Joghurt-Gurken-Suppe für zwei Lewa und 50 Cent (1,30 €). Aber die Schlange war wirklich lang gestern vor der Kantine in der Ljuben Karavelov Straße.

Im Keller

Gestern saß ich bei meinem Nachbarn im Keller, der immer mehr einem Luftschutzkeller gleicht. Mein Nachbar hatte sich neulich nochmal Holz kommen lassen, obwohl sein Holzlager noch prall gefüllt ist. Im Ofen seines Luftschutzkellers bietet sich aktuell obiges Bild. Manchmal sind Bulgaren deutscher als Deutsche. Mein Nachbar ist ein Beispiel dafür. Dass wir im Keller bei einem Glas kaltem Wasser mit Eis saßen, lag nicht daran, dass draußen der Ernstfall ausgebrochen ist, sondern an der gerade herrschenden Hitze in den Schluchten des Balkans. Mein Nachbar berichtete mir davon, dass er eine mobile Klimaanlage für seinen Luftschutzkeller im Internet bestellt hat. Ich erzähle ihm davon, dass ich gestern auf dem Flohmarkt in Montana Gasmasken gesehen habe. Sein Interesse daran hielt sich zugegeben in Grenzen, was aber daran liegt, dass mein Nachbar kein Flohmarkttyp ist. Bei ihm muss es immer alles neu sein. So wie beim Deutschen. Ich bin mir sicher, er hat nach meinem Besuch im Internet nachgesehen, was neue Gasmasken kosten.

Nachdem ich mir neulich einen Stahlhelm auf dem Flohmarkt besorgt habe, konnte ich nun bei den Gasmasken nicht widerstehen. Passend dazu dieses Handbuch-Fundstück aus der Heimat: