Ich als Nazi

Da ich selbst schon einmal von selbsternannten Nazi-Jägern, einer trug sogar eine Bomber-Jacke mit der Aufschrift „Nazi Hunter“, als Nazi beschimpft wurde, kann ich in der Falafel Angelegenheit mitreden. Selbst als ein von „Wer Nazi ist, bestimmen wir“ Nazis zertifizierter Nazi esse ich meinen Falafel nicht heimlich. Neulich habe ich sogar einen großen Falafel Teller gegessen. Aber nicht nur das. Ich saß mit meinem Teller vor dem Imbiss und habe in aller Öffentlichkeit Falafel gegessen.

Richtig lesen

Immer mehr Menschen werden jetzt gelesen. Nicht nur von den immer zahlreicheren Kameras im öffentlichen Raum, sondern von anderen. Und als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, werden sie meist als etwas gelesen, was sie gar nicht sind. Mancher wird als gelbe Quietsche-Ente gelesen, andere wiederum als Rosa-Schweinchen mit Wimpern. Ich zum Beispiel werde oft als Esel gelesen, dabei bin ich doch ein Mensch, ganz genau ein Mann. Das hat mit dem zu tun, was man zwischen den Beinen hat. Beim richtigen Lesen kann das helfen, was man zwischen den Ohren hat und gesunder Menschenverstand. Ich bin sonst kein Fan vom Dekonstruktivismus, aber hier würde ich ihn empfehlen. Dekonstrukruiere alle Geschlechter, die Du gelernt hast, und Du wirst garantiert bei zwei Geschlechtern ankommen. Der Rest ist ausgedacht, konstruiert. Mein Tip: Anstatt andere oder Dich selbst als etwas zu lesen, das diese oder Du gar nicht bist, der zu werden, der Du bist.

Coole Betäubte

Es ist wieder Flohmarkttag. Aber vor allem Büchertag. Die Mehrheit der Flohmarktbesucher interessiert sich nicht für Bücher. Ob aus dem auf dem Jute-Beutel beschriebenen Grund? Schwer zu sagen. Was ich aus persönlicher Erfahrung sagen kann, ist, dass die meisten von ihnen taub, regelrecht betäubt, und abgelenkt sind, zumindest in Berlin. Im selben Moment sehen sie cool aus oder denken dies zumindest. Mir stellt sich regelmäßig die Frage, ob ich Mitleid oder immerhin Mitgefühl mit ihnen haben soll. Die Antwort fällt mir nicht leicht. Meine Kräfte sind begrenzt, und es gibt einfach zu viele von ihnen. Ich versuche es mit Bulgarien zu halten, wo die übergroße Mehrheit ungeimpft ist, und diese Mitgefühl mit den Geimpften hat. Den ein oder anderen der coolen Betäubten lasse ich in meine Gebete einfließen, aber nicht alle. Es sind ihrer einfach zu viele.

Bevor es besser wird

Obiges Foto ist nicht auf der heutigen Friedensdemo entstanden, sondern auf der letzten am 2. August. Immerhin der Ort war derselbe, das Brandenburger Tor. Ich habe mir also Zeit gelassen und mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Mit der heutigen Veröffentlichung will ich nicht zur weiteren Spaltung unserer Gesellschaft (von Gemeinwesen zu sprechen, wäre ein Euphemismus) beitragen, sondern im Gegenteil zu gegenseitigem Verständnis. Genauso, wie ich es im Interview mit Jasmin Kosubek gesagt habe: Zuhören, um zu verstehen, und nicht um zu be- oder gar zu verurteilen. Woher die 87 Prozent kommen, weiß ich nicht. Was ich sagen kann, ist, dass in der DDR mehr Menschen wussten, was richtig und was falsch ist als heute. Zu dieser Wahrheit gehört aber auch, dass es heute ungleich schwerer ist, richtig und falsch, Gut und Böse auseinanderzuhalten. Dies hat viele Gründe, ich will zwei nennen: die permanente Ablenkung mittels Banalitäten wie Gendern-Gaga von den echten Themen wie die Umverteilung von Unten nach Oben. Dazu der Glaube daran, man hätte etwas zu verlieren, dabei ist es nur das Hamsterrad, aus dem man nicht aussteigen will, weil es sich wie eine Komfortzone anfühlt. Unter diesen Umständen kann es nicht nur, sondern muss es erst noch schlechter werden, damit es irgendwann wieder besser wird.

Und Warum?

In meinem Interview mit Jasmin Kosubek habe ich gesagt, dass ich erst in den letzten fünf Jahren meiner 25-Jährigen Karriere als Berliner Taxifahrer richtiger Profi war. Dies drückte sich unter anderem dadurch aus, dass ich meine Fahrgäste immer auch nach dem Warum fragte. Und das fing beim Fahrziel an. „Zum Alex? Und Warum?“ Eine kleine Provokation, die man in Berlin aber bringen kann, vielleicht sogar bringen muss. Der Effekt war immer derselbe. Sofort war man im Gespräch. Etwas, was ich heute sehr vermisse. Ohne Austausch ist aber das Ende nah. Also das, was wir gerade erleben – Kommunikationsabbruch. Die Werbung des Info-Radios erinnert mich an mein Warum. Aber nicht nur das. Ich denke, das Info-Radio hat sich bei mir bedient. Jedenfalls vermisse ich beim Info-Radio genau das, womit es wirbt – die Frage nach dem Warum. Dafür höre ich beim Info-Radio gerade diese Aussage: „Mit Aufrüstung zum Aufschwung“. Da wäre die Frage nach dem Warum mehr als angebracht. Aber vor allem, warum nicht: „Mit Aufrüstung zum Krieg“?

Der ewige Nazi

Einen Moment lang sah es so aus, als könne die heutige Friedensdemo nicht am Brandenburger Tor stattfinden. Dann muss man irgendwie dahinter gekommen sein, dass die Leute doch noch nicht so verblödet sind, dass sie nicht mitbekommen hätten, dass politischer Unwille dahinter steckt. Apropos Unwille: Es gibt den Berliner Unwillen wirklich. Ich komme später darauf zurück. Jetzt erstmal zum Attentat in den USA, bei dem man sich Anfangs von offizieller Seite nicht sicher war, ob es sich dabei um ein politisches Attentat handelt. Nein, natürlich nicht. Es war ein dummer Lausbubenstreich, bei dem der Vater jetzt seinen eigenen Sohn angezeigt hat. Das war früher anders, da haben die Kinder ihre Eltern ausspioniert. Also die Generation, die heute noch über den meisten gesunden Menschenverstand verfügt. Die jüngere scheint nur noch mit Gendern und den richtigen Pronomen, aber vor allem mit dem Hass auf Andersdenkende beschäftigt zu sein. Zurück zum Berliner Unwillen, der auf das Jahr 1440 zurück geht. Seinerzeit haben Einwohner der Stadt Berlin gegen die Entscheidungsbefugnis der Landesherren verteidigt. Das führte unter anderem dazu, dass die Baugrube des späteren Stadtschlosses unter Wasser gesetzt wurde. Daraufhin musste ein Kompromiss gefunden werden. Das Wort Kompromisse ist leider etwas aus der Mode gekommen, was an dieser neuen Mode liegt, jeden, der eine andere Meinung hat, als Nazi zu bezeichnen, was eine Nazi-Methode ist. Praktisch das, was der italienischer Schriftsteller Ignazio Silone schon vor vielen Jahren vorhergesagt hat: Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: „Ich bin der Faschismus.“ – Nein, er wird sagen: „Ich bin der Antifaschismus.“

Mein Tip: Beten

„Wer Nazi ist, bestimme ich!“, ist nicht neu. Auch ich wurde schon einmal von der so genannten Antifa als Nazi beleidigt. Was viele vergessen haben: Das hatten wir schonmal, wenngleich mit umgedrehten Vorzeichen. Damals galt der Spruch für Juden. Das Resultat ist dasselbe. Man ist Vogelfrei, zum Abschuss freigegeben. Mein Tip: Für all diejenigen beten, die sich darüber freuen.