In Berlin nichts Neues

Am Kottbusser Tor in Kreuzberg

Berlin wird immer mehr zum San Francisco an der Spree. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia gibt es weniger Obdachlose als auf den Straßen Berlins. Touristen mit Rollkoffern kommen trotzdem. “Das ist nicht mehr meine Stadt” titelte dazu vor wenigen Tagen die Berliner Zeitung. “Schnauze voll von Berliner Schnauze” hieß es dazu von mir bereits im Juni. Seit einer Woche bin ich jetzt wieder hier, vorher war ich in Bulgarien. Und ich bin wieder viel mit den Öffentlichen unterwegs, was ich nur jedem empfehlen kann, denn man sieht so einiges. Ich stelle auch Veränderungen bei mir selber fest. Ich achte jetzt noch mehr darauf, wer hinter mir läuft und wer in meinem Waggon sitzt oder einsteigt. Im Notfall, und dieser tritt immer öfter ein, steige ich in einen anderen.

“Werde, der du bist”

“Werde, was du willst” ist nicht dasselbe wie “Werde, der du bist”. “Werde, der du bist” ist aus Nietzsches „Ecce homo“. Nur zwanzig Tage soll Nietzsche für sein letztes großes Werk gebraucht haben. Man findet auch “Werde, der du bist” in der Stadt, allerdings nur auf englisch:

Es wird viel von Selbstverwirklichung gesprochen, allerdings nicht im Sinne von Nietzsches “Werde, der du bist”. Nietzsches Selbstverwirklichung meint Selbsterkenntnis, also ein hin zu sich selbst. Das moderne “Werde, was du willst” unserer Tage ist genau das Gegenteil davon:

Neuer Trend aus Bulgarien erreicht Berlin

Der neue Trend, Tarnklamotten auf Flohmärkten anzubieten und zu tragen, ist nun auch in Berlin angekommen. Gesetzt hat den neuen Trend Montana, aber nicht Montana in Amerika, sondern in Bulgarien. Bulgaren haben oft den richtigen Riecher, oder wie Bob Dylan sagt: Sie brauchen keine Wettervorhersage um zu wissen, woher der Wind weht. Wie bei jedem Trend gibt es auch hier regionale Unterschiede. Der Getarnte mit Stahlhelm auf dem Kopf gestern auf dem Flohmarkt in Berlin hält eine Flasche Vita-Cola in der Hand. Vita-Cola, wer sie nicht kennt, ist ein Ostprodukt, also ein Überbleibsel aus der DDR. Vita-Cola enthält neben Koffein und jeder Menge Zucker auch Vitamin C. Vitamin C ist ganz wichtig, wenn man gesund bleiben will, insbesondere im Krieg.

Immer bereit!

Ein letztes Foto von der Friedensdemo am Tag der Deutschen Einheit. Es wurde mir gestern zugespielt, und ich möchte es veröffentlichen. Ich veröffentliche es anonym, weil der Urheber nicht namentlich genannt werden möchte, um keinen Ärger mit seinem Arbeitgeber zu bekommen. Doch zurück zum Plakat, das die Kriegsbereitschaft der Grünen kritisiert, namentlich die von Cem Özdemir, Anton Hofreiter, Annalena Baerbock, Robert Habeck und Ricarda Lang, und das mich an den Gruß der Jungen Pioniere erinnert. Da sagte die Lehrerin bzw. der Lehrer erst “Seid bereit!”, worauf wir als Junge Pioniere und später Thälmann Pioniere antworteten “Immer bereit!”.

Endlich wieder Ostfront

Sind in Bulgarien zwei Drittel gegen Waffenlieferungen an die Ukraine, sind in Deutschland die Hälfte dafür. Einige von ihnen waren am Donnerstag zu einer kleinen Gegendemo am Großen Stern im Berliner Tiergarten. Warum sie nicht an der Front sind, ist unklar. Ebenso, dass sie so gerne mit denen befreundet sind, die ihnen mutmaßlich die Gas-Pipelines sprengen. In Bulgarien, wo man etwas näher dran ist an der Front, wird der Krieg mit Sprüchen wie “Schon wieder Ostfront” auf die Schippe genommen. In Berlin ist auch dies umgedreht, hier feiert man “Endlich wieder Ostfront!” – Wie in der Hauptstadt die Antwort auf die Frage “Wollt ihr den totalen Krieg?” lautet, ist bekannt.

Meinung oder Volksverhetzung?

Der Tod ist überall

Die NachDenkSeiten waren gestern auf der Friedensdemo am Großen Stern im Berliner Tiergarten mit Gevatter Tod vertreten. Sogleich musste ich an meinen Artikel “Der falsche Prophet mit der Spritze”, denken, aber das war verkehrt gedacht. Denn gestorben wird heute überall: Ukraine, Russland, Gaza, Beirut, Libanon … . Und alle waren sie vertreten: Ukrainer, Russen, Palästinenser … Polizisten. Ich persönlich fühlte mich besonders von diesem Plakat angesprochen:

Der falsche Prophet mit der Spritze

“Der falsche Prophet mit der Spritze” ist mein Geschenk zum heutigen Feiertag. Über meine erste Veröffentlichung auf den NachDenkSeiten freue ich mich sehr. Vor gut vier Jahren, genau war es der Mai 2020, hatte ich mir den falschen Propheten mit der Spritze ausgedruckt und mit auf die Anti-Corona-Demos auf dem Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte genommen. Dort nahm dieser Beitrag seinen Anfang. Denn niemand hatte das Bild zuvor gesehen oder etwas von dem falschen Propheten gehört gehabt. Jetzt war ich überrascht zu sehen, dass ausgerechnet mit diesem Bild die Konzerte des Künstlers im Oktober beworben werden. Nicht nur die drei Konzerte in Berlin und auch nicht nur die 11 in Deutschland, sondern weltweit. Ich werde übrigens auf keines der drei Berliner Konzerte gehen. Nicht etwa, weil ich sie mir nicht leisten könnte. Auch wenn das letzte Dylan Konzert in Leipzig, auf dem ich kurz vor Corona war, nur die Hälfte gekostet hat. Als ehemaliger Berliner Taxifahrer, der wegen Uber seinen Job verloren hat, setze ich in nichts meinen Fuß, was mit U anfängt und mit BER endet. Weder in eine Uber-Eats-Arena, aber schon gar nicht in ein Uber-“Taxi”. Als richtiger Taxifahrer hat man Würde. Dylan hat einen Song über sie gemacht.

War gerade in meiner Asservatenkammer, die bei mir Magic Room heißt, wo ich das Plakat, mit dem ich damals auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, aufbewahre. Da bei mir Ordnung herrscht – zumindest mancherorts -, habe ich es sogleich gefunden. Es ist obiges in schwarz/weiß.