Als ich noch Taxi gefahren bin, als ich noch kein Trockener Taxifahrer war, durfte man in meinem Taxi, ich habe das mehrfach erwähnt, zwar nicht telefonieren, dafür aber alles sagen – sogar die Wahrheit. Auch ein Julian Reichelt hätte das gedurft. Julian Reichelt, wer ihn nicht kennt, war bis Oktober vergangenen Jahres „Vorsitzender der Chefredaktionen und Chefredakteur Digital“ bei Bild. Dann wurde er entlassen wegen „Vögeln, fördern, feuern“, wie der Spiegel es nannte. Genau deswegen nehme ich den Bösewicht Julian Reichelt als Beispiel. Auch er hätte wie gesagt alles sagen dürfen in meinem Taxi, so wie er es in obigem Video tut, und ich hätte es mir angehört. Ich weiß, wie schwer zuhören mitunter sein kann, insbesondere wenn der Sprecher alles andere als ein Sympathieträger ist wie Julian Reichelt. Es ist richtiggehend Arbeit und man muss es auch üben. Nachdem ich Uber-Corona-bedingt meine Arbeit als Taxifahrer verloren habe, konnte ich das Zuhören weiter bei den Meetings der Anonymen Alkoholiker praktizieren. Auch dort sind mir nicht alle sympathisch gewesen, trotzdem habe ich sie ausreden lassen, habe ihnen zugehört und bin danach, vielleicht das schwerste überhaupt, aber nicht über sie herfallen, sondern habe von mir erzählt, von ihnen gar nicht. Genau das möchte ich meinen Lesern vorschlagen, sozusagen als Experiment. Wer kann, möge sich das, was Julian Reichelt zu sagen hat, anhören, und zwar komplett, ohne es zu bewerten. Auch danach nicht, sondern vielmehr schauen, was das gesagte mit einem macht und warum. Macht es etwas, weil Julian Reichelt es gesagt hat, oder gibt es einen anderen Grund? Und bin der Grund vielleicht ich selbst?
Da ich jetzt auch unter die Farmer gegangen bin, ist es für mich natürlich interessant und auch wichtig zu sehen, was die Kollegen so machen. Und da musste ich gerade erfahren, dass ganz schön was los zu sein scheint mit den Farmern, und das weltweit. Man erfährt darüber nur wenig, sowohl in Bulgarien, als auch in Deutschland, was merkwürdig ist. Produzieren die Bauern doch die Grundlage unseres Lebens, unsere Nahrung. Diese ist in Bulgarien, obwohl auch sie in den letzten Monaten um einiges teurer geworden ist, von der schlechtesten Qualität, die man sich vorstellen kann. Aber nicht nur das Essen, sondern auch alles andere. Wer kein Geld hat, bekommt den Dreck. Das war schon immer so. Auch deswegen züchte ich meine eigenen Tomaten. Der Mensch lebt aber nicht nur von Tomaten allein. Auch die Bauern wollen leben, und das können sie immer weniger. Auch das ist nicht neu. Wer sich etwas mit der Landwirtschaft beschäftigt hat, weiß, dass das schon seit Jahren so ist. Nun scheint das Leben der Bauern immer mehr einem Überleben zu gleichen, so wie es in Bulgarien für die meisten Menschen ist. Deswegen kommen Bauern in die Städte, um beispielsweise ihre Gülle vor dem Parlament abzukippen, wie in Holland geschehen (ab 1:07). Manch einer meint nun, das würde den Bauern Spaß machen. Ich kann dazu sagen, dass es für mich immer eine Qual ist, in die Hauptstadt zu fahren, wie ich es morgen tun muss, um meine Frau vom Flughafen abzuholen. Eine Qual ist es für mich vor allem deswegen, weil es in großen Städten von kranken Menschen nur so wimmelt. Auch das ist nicht neu. Und auch, dass es sich dabei meist um bedauernswerte, weil wurzellose Menschen handelt. In Berlin noch mehr als in Sofia, denn in der bulgarischen Hauptstadt kommen die allermeisten vom Dorf, wo sie am liebsten auch geblieben wären, wenn es dort zum Überleben gereicht hätte, was sich natürlich auch auf die Stimmung in der Hauptstadt auswirkt. Sofia hat keine guten „Vibes“, also Vibration, um es mal so zu formulieren – das ist leider auch wahr.
Während du dich sorgst, wie du deine Miete und dein Gas bezahlen sollst, kauft ein anderer jede Menge Land. Gut, nicht dein Land, denn du hast keins. Und auch nicht in Europa, denn dass ist ihm zu klein. Die Rede ist von Bill Gates, der in anderen Dimensionen denkt. Der Mann will die Welt retten, völlig selbstlos, das ist klar. Nur deswegen hat er in den letzten Monaten, während weltweit die schlimmste Panikdämie ever wütete, so viel Land gekauft hat, dass er jetzt mit 100.000 Hektar in 19 US-Bundesstaaten der größte private Ackerlandbesitzer in den USA ist. Ich finde das gut, dass das endlich mal jemand organisiert, am besten militärisch. Das habe ich damals bei der „nationalen Kraftanstrengung“ in unserem Lande immer sehr vermisst, und zwar den Plan. Bill scheint einen zu haben, und er lautet, wenn ich es richtig verstanden habe: „Am Gates’chen An-Wesen soll die Welt genesen.“ Deswegen kann mich da auch nur den Worten unserer blonden Ursula anschließen: „Thank you Bill for leadership!“ Und wenn ich etwas persönliches hinzufügen darf, dann dies: „Bill befiehl, ich folge dir!“ (Ich meine, jetzt wo ich bald frieren und nichts mehr zu fressen haben werde, was soll ich sonst auch tun?! Gut, ich könnte dem Bill helfen. Immerhin habe ich Erfahrung in der Landwirtschaft und darüber hinaus eine Melkberechtigung. Denke mal, dass die noch gültig ist.)
Kollege Robert Zimmermann alias Bob Dylan ist mal wieder auf Tour, im Moment irgendwo in den USA, im Oktober kommt er nach Berlin. Seine weltweiten Auftritte, auch als „Never Ending Eour“ bekannt, sollen diesmal bis 2024 andauern. Keine Ahnung, ob er das durchhält. Dylan ist jetzt auch schon 81 Jahre alt. Meine Vermutung ist, dass er auf der Bühne sterben wird und möglicherweise ist das auch sein Wunsch. Man findet seine aktuellen Auftritte in der Regel als komplette Mitschnitte bei YouTube. Die meisten nur als Audio, dafür in guter Qualität, wie obiger Mitschnitt vom Freitag den 1. Juli 2022, also vor nur wenigen Tagen. Die Show trug den Titel THINGS AREN’T WHAT THEY WERE …, wir hören davon den Titel „Key West“. Ich war noch nie in Key West, aber mein jüngerer Bruder, den ich im Juni, als ich in Deutschland war, besucht habe. Bobby singt meinem jüngeren Bruder aus dem Herzen, dass Key West „The Place To Be“ ist. Ich kann dazu nichts sagen, da ich wie gesagt noch nie in Key West war. Möglicherweise meint Bobby das auch nur, weil er seinerseits noch nie in Bulgarien war. Ich halte das für absolut möglich und wenn ich ganz ehrlich sein soll, sogar für sehr wahrscheinlich. Für mich trifft es auf jeden Fall zu. War einst Berlin für mich „The Place To Be“, so ist es heute Bulgarien für mich. Im Moment ist noch nichts darüber bekannt, ob Bobbys „Never Ending Tour“ ihn auch in die Schluchten des Balkans verschlagen wird. Bob Dylan ist für Überraschungen bekannt, also warum nicht der Balkan?! Vielleicht wird er dann sogar auf irgendeiner Balkan-Bühne einfach tot umfallen. Ich will es nicht beschreien oder gar herbeischreiben, sondern es im Gegenteil positiv sehen, und da ist es so, dass man sich auf dem Balkan mit dem Sterben sehr gut auskennt.