In Zeiten der Kamelzehe

Titel: Misstress Desiree’s Cameltoe; Foto: Tom1971; Quelle: Wikimedia Commons; Rechte: Public Domain

Wer kennt sie: Die Kamelzehe?!? Auf Englisch Cameltoe oder auch Camel Toe. Gerade hat wieder ihre Zeit begonnen. Allerdings nicht im Zoo, sondern auf den Straßen und Plätzen, in Parkanlagen und nicht zuletzt am Strand. Nachdem eine Kollegin der Neuen Zürcher Zeitung bereits vor Jahren einen ausführlichen Beitrag über das aggressive Statement, das sie als einen Affront für den Blick und eine Provokation bezeichnet, die Männer in den Nicht-Blick zwingt, und die sie darüber hinaus eine „Vagina dentata“ nennt, eine „bezahnte Vagina“ und eine Männerphantasie, die Realität geworden ist, habe auch ich mir erlaubt, einen Kommentar über sie zu verfassen.

PS: Das wichtigste mal wieder fast vergessen: Die Neue Zürcher bedient sich in ihrem Beitrag des selben Bildes.

Was es zu bedeuten hat, wenn Heilige plötzlich Cheerleader haben

Ich wusste gar nicht, dass Kyrill und Method, das sind die beiden Herren mit den Bärten auf dem Gemälde im Hintergrund, Cheerleader hatten – aber man lernt bekanntlich nie aus. Cheerleader sind junge Mädchen, die nicht 18 oder älter und nicht jünger als 9 Jahre alt sein dürfen, und die das Publikum zum Applaus animieren sollen. Auch da war mir nicht klar, dass Heilige Applaus irgendeines Publikum bedürfen. Das Wort Cheerleader kommt aus dem Englischen und ist eine Zusammensetzung aus cheer, also Jubeln oder Hurra rufen – dürfte bald wieder wichtig werden, und leader für Leiter oder Führer – auch er wird wohl demnächst wieder gefragt sein.

Happy Birthday to Bobby, Kyrill and Method

Für mich ist es jedes Jahr aufs Neue überraschend festzustellen, dass während in Bulgarien Kyrill und Method geehrt werden, im fernen Amerika Bob Dylan alias Robert Zimmermann seinen Geburtstag feiert. Bobby wird heute 84, Kyrill und Method, die Schöpfer der Vorstufe des Kyrillischen Alphabets, genau heißt das Alphabet das Glagolitische, sind schon ein bisschen älter. In Bulgarien wird heute überall gefeiert und getanzt, um damit den beiden Brüdern aus Thessaloniki zu gedenken. In Bulgarien wird überhaupt immer viel getanzt. Die Bulgaren praktizieren, wenn man so will, praktisch das, was Nietzsche empfahl: „Du musst Dein Leben tanzen!“ Und auch hier schließt sich der Kreis zu Bob Dylan, der irgendwann mal gesagt hat, dass er sich selbst als „Song and Dance Man“ sieht. Bis eben wusste ich nicht, was ich heute mache. Ich habe den Tag auf mich zukommen lassen, wie man das halt so macht in Bulgarien. Bloß keine Pläne machen! Wie es jetzt aussieht, werde ich wohl ins Kloster gehen und für die drei Herren jeweils eine Kerze anzünden. Eine oben auf dem Kerzenständer für den noch lebenden Bobby und zwei weiter unter für die bereits von uns gegangenen Brüder Kyrill und Method.

Mein Montags-Montana-Flohmarkt-Menü

Wo ich einmal beim Essen bin, genauer bei Kantinen, möchte ich über mein Montags-Montana-Flohmarkt-Menü schreiben. Es ist eine Ewigkeit her, dass ich etwas auf dem Flohmarkt gegessen habe. Früher gehörte es praktisch dazu, dass ich eine Wurst vom Grill genommen habe. Aber wie ich bereits schrieb, bin ich in Bulgarien praktisch zum Vegetarier mutiert. Und zwar als ich erfahren habe, dass ein junger Mann aus meinem Dorf regelmäßig Schweinehälften aus Deutschland rankarrt. Als ob man in Bulgarien keine Schweine mehr züchten kann. Aber was soll’s, das Wetter war schön am Montag, ich hatte meinen Schatz, die London-Glocke, gefunden und ich hatte zuhause nichts gegessen, was ich sonst mache. Ich hatte Hunger und es war mir Scheißegal, wie die Wurst aussieht. Sie heißt übrigens Kebapcheta, aber das nur nebenbei. Das wichtigste war, sie war essbar. So auch die Pommes, die diesen Namen nicht verdienen, und der Kraut-Möhren-Salat. Um ganz ehrlich zu sein, war der Kraut-Möhren-Salat das Beste am ganzen Menü. Einfach, aber gut. Das Ganze übrigens für nur fünf Lewa (2,5€). Die London-Glocke, die einen ganz tollen Klang hast, habe ich für 3,50 Lewa (1,75€) erstanden. Insgesamt also keine ganz runde Sache, mein Flohmarktbesuch, mit 8,50 Lewa (4,25€), aber man kann nicht alles haben.

PS: Die Wurst hatte weder Nach- noch Nebenwirkungen. So gesehen war es dann doch eine runde Sache.

Bulgarische Kantinen (Eine Serie)

Es ist im engeren Sinne keine Kantine, wo ich obige Linsensuppe zu mir nahm. Um genau zu sein ist es ein Restaurant, das zu einem Kurhotel gehört, in dem man sogar bedient wird. Ich schreibe trotzdem darüber, weil die Preise des Mittagstisches denen von Kantinen entsprechen. Der Mittagstisch, ein überschaubares Angebot von etwa zehn Speisen (Suppen & Desserts inklusive), richtet sich an erster Stelle an die vorzugsweise weiblichen Mitarbeiter des Landratsamtes, das sich nur einen Steinwurf entfernt befindet. Kurgäste und Polizisten verirren sich auch regelmäßig ins Restaurant, manchmal auch Alte. Man kann sein Essen auch mitnehmen. Am Tisch wird man wie gesagt bedient. Obige Gabel habe also nicht ich dort hingelegt, wo sie liegt, sondern die Kellnerin. „Für alle Fälle!“, hat sie gesagt. Für welchen Fall, hat sie nicht dazu gesagt. Der Fall trat auf jeden Fall nicht ein, die Gabel kam nicht zum Einsatz. Die Linsensuppe an sich war sehr lecker. Als letztes, ist jetzt auch schon wieder vier Wochen her, hatte ich Bohnensuppe im Kurhotelrestaurant, wobei Suppe nicht ganz richtig ist. Die Speisen nennen sich „Jahnija“. Das Wort kommt aus dem türkischen und bedeutet, dass es sich um eine dickflüssige Suppe Richtung Ragout handelt. Die Bohnen-Jahnija, die ebenfalls sehr lecker war, konnte man so essen oder ein Würstchen oder eine Boulette oder beides dazu nehmen. Ich habe mich für die Boulette entschieden – und für eine Gabel. In dem Fall machte sie Sinn. Zum Schluss noch etwas zu den Preisen. Ich erwähne sie, weil sie für den ein oder anderen in der Heimat interessant sein könnten, der sich Deutschland heute oder morgen schon nicht mehr leisten kann. Die Linsensuppe hat 5,80 Lewa (2,90€) gekostet und die Bohnensuppe mit Boulette 7,60 Lewa (3,80€). Beide Gerichte waren vor dem Krieg nur halb so teuer. Mit dem Euro, sollte er Anfang nächsten Jahres eingeführt werden, dürften die Preise weiter steigen. Du machst dich besser bald auf den Weg …

„Mit dem Wissen von damals“

Graffito in Sofia

Wer kennt sie nicht, die Redewendung, dass man nicht alles haben kann. Mein Freund Dietrich pflegte darauf zu sagen: „Man kann alles haben – man hat’s nur nicht.“ Daran muss ich denken, wenn Leute bis heute behaupten, dass man in Sachen Corona Dinge, die man heute weiß, damals nicht wissen konnte. Darauf sage ich: „Man hat sie gewusst, sie waren bekannt – man wollte aber von ihnen weder etwas hören noch wissen.“ Ich komme drauf, weil es genau zu dem Thema einen aktuellen Beitrag mit dem Titel Corona: Mit dem Wissen von damals gibt.

Meinungsfreiheit tot

Maulwurf tot

Was muss ich denn da schon wieder in der Zeitung lesen? Die Meinungsfreiheit ist tot. Und das nicht irgendwo, sondern in Europa. Zum ersten Mal sind deutsche Staatsbürger betroffen. Man kennt das von früher, dass es keine Deutschen unter den Opfern gibt. Diesmal ist es anders. Wann gibt es die ersten Ausbürgerungen? Immerhin, zum ersten Mal verbietet die EU ihren eigenen Bürgern die Einreise nach Europa. Der Kumpel oben, der alle Viere von sich streckt, ist mir gestern übern Weg gelaufen … wollte ich schon schreiben. Nein, er lag einfach auf meinem Weg zum Mineralbad. Ja, das Leben ist endlich, sowohl von Mensch als auch von Tier, und das der Meinungsfreiheit nun auch. Ein Freund, der mich neulich besuchte, meinte, er habe den Eindruck, dass man in Bulgarien alles sagen kann. Gut, der Freund spricht kein bulgarisch. Aber ich, der ich ein wenig bulgarisch spreche, kann es bestätigen: Man kann in Bulgarien alles sagen. Die Meinungsfreiheit ist hier (noch) nicht tot.