Bericht aus Bulgarien (266) – “Warten auf Achim”
Ob ich einen Beitrag für seinen Blog schreiben mag, fragt Rumen. Vielleicht zu meinen Vorbereitungen für den bevorstehenden zweiten Besuch in den Schluchten des Balkans?
Im Gegensatz zum vorherigen Mal gibt es gar nicht so viel vorzubereiten. Der erste Besuch war von vielen Leseeindrücken begleitet schon im Vorfeld. Die „111 Gründe Bulgarien zu lieben“ hatten mich sehr eingenommen für das Land und seine Menschen. Andere Bücher zeigten mir Bulgarien als ein Land, das nicht nur das 500-jährige „türkische Joch“ erleiden musste, sondern auch eine Phase der „Wiedergeburt“ durchlebte, also der Rückbesinnung auf die eigene nationale Identität. Hinzu kommen Schilderungen aus der Zeit des Kommunismus und der sogenannten Revolution 1989, die eigentlich keine war.
Mit Ilija Trojanow, einem Autor, den auch Rumen mir empfohlen hatte, bekam ich dann einen besonderen Blick auf dieses eigentümliche Land. In seiner „exemplarischen Geschichte“ zu Bulgarien mit dem Titel „Die fingierte Revolution“ beschreibt er die Jahre des Übergangs von einer kommunistisch geprägten Staatsform in eine „demokratische“. Die Anführungszeichen sollen hier keine grundsätzliche Skepsis gegenüber demokratischen Systemen darstellen. In Bulgarien waren die Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes nur dem Namen nach demokratisch. Es war eine Zeit, in der sich die alten Eliten unter neuem Namen und in bewährten Netzwerken weiter an ihrem Land und der verarmten Bevölkerung bereicherten. Es gab also keine Revolution, es gab nur eine fingierte Revolution.
Manche Bücher aus der sehr umfangreichen Sammlung von Trojanows Schaffen kann ich nicht empfehlen, wenn man sich die Laune nicht komplett verderben will. Hände weg von „Hundezeiten“! Hände weg von „Der überflüssige Mensch“! Es sind Dokumentationen der Ungerechtigkeit, der Unmenschlichkeit und der Entwürdigung, wie sie in jenem „fremden Land“ während des Kommunismus und noch lange danach vorzufinden waren. Hartgesottene Mitmenschen mögen sich an solchen Berichten erfreuen, mir lagen sie schwer im Magen.
Einzig sein Buch „Gebrauchsanweisung fürs Reisen“ war für mich wirklich lesenswert. Was ich daraus leider erst jetzt mitgenommen habe, ist, nichts über ein Land zu lesen, bevor man es besuchen geht. Das Erkunden, die Überraschung, die Unvoreingenommenheit, all dies ist weg, wenn man sich zuvor kundig gemacht hat. Reisen, so Trojanow, bedeutet, „dass wir uns auf etwas einlassen, von dem wir nicht wissen, wie es ausgehen wird. Dass wir der Fremde zugestehen, uns zu berühren. Uns durchzuschütteln. Das ist Reisen im Sinne der uralten Kulturtechnik des Pilgerns, auf der Suche nach Erkenntnis und Erhöhung.“
Mein Entschluss, ein zweites Mal nach Bulgarien zu reisen, ist dieser Idee geschuldet: Dieses Land kennenzulernen als Allein-Reisender. Allein unterwegs zu sein hat andere Auswirkungen als das gemeinsame Erkunden mit anderen. Das möchte ich erfahren und erlaufen. Ganz mutig war ich nicht bei meiner Planung. Ich habe nicht nur die Hin- und Rückflüge gebucht, sondern auch wieder eine Tour mir organisieren lassen von TACT. Dabei dachte ich mir, warum sollte ich diese positive Erfahrung nicht wiederholen? Die Hotels waren außergewöhnlich, sie befanden sich in sehr guter Lage innerhalb der besuchten Städte und Regionen. Der Mietwagen hielt durch von Anfang bis Ende und das deutschsprachige Navigationsgerät war uns eine sehr große Hilfe auf unserer Tour durch die kyrillische Schilderwelt.
Nun werde ich also nächsten Sonntag Rumen und Layne besuchen in Spanchevtsi und am Freitag übernächster Woche meinen Trip starten entlang der Donau im Norden Bulgariens hin zum nördlichen Teil des Schwarzen Meeres. Über meine neuen Erfahrungen werden ich dann wieder berichten in den folgenden Blogbeiträgen (sofern mir Rumen Platz dafür einräumt).