Bericht aus Bulgarien (287) – “Des Deutschen liebstes Hobby”

Nicht mit leeren Händen

Am Nachmittag war kurz der Strom weg, weswegen ich bei den Nachbarn war. Ich wollte sicher gehen, dass auch sie keinen Strohm haben und nicht meine Elektrik im Arsch ist. Ersteres war der Fall, auch sie hatten kein Strom, was sie aber noch nicht bemerkt hatten. Bei der Gelegenheit beklagte sich mein Nachbar über seine Frau, die ihm das Arbeiten mit seinen vielen Maschinen in den Morgenstunden verboten hatte in den letzten drei Tagen. Der Grund war unser Besuch aus Deutschland, den mein Nachbar zu seinem Geburtstag eingeladen hatte, wo wir mit meinem Bürgermeister die Spa-Idee besprochen haben, ich hatte hier darüber geschrieben. Die Frau von meinem Nachbarn meinte, man könne meinem Gast angesichts seiner Spa-Idee keine lauten Geräusche am Morgen zumuten. Mein Nachbar war immer noch fix und fertig ob dieser fixen Idee, und ich auch. Aber so sind sie, die Bulgaren, immer für eine Überraschung gut, in dem Fall war es sogar eine Bulgarin, die mir noch eine Tüte mit Birnen mit nach hause mitgab, so dass ich nicht umsonst bei ihnen war. Es handelt sich dabei um ein festes Ritual. Gehst du zu einem Bulgaren, wirst du nie mit leeren Händen von ihm zurückkehren, auch wenn du, so wie ich, mit leeren Händen gekommen bist. Gerne würde ich meinem Gast aus Deutschland einige der leckeren Birnen weiterreichen, auch damit er sich keine Gedanken macht wegen meines Nachbarn, der wegen ihm (oder war es doch wegen seiner Frau?) nicht wie gewohnt früh mit seinen Maschinen arbeiten konnte. Vor allem soll sich mein Freund, der heute morgen abgereist ist, nicht schuldig fühlen, was leichter gesagt ist als getan, denn sich schuldig zu fühlen ist des Deutschen liebstes Hobby. Das sage ich auch und vor allem als halber Deutscher.

Foto&Text TaxiBerlin

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