Bericht aus einem gebrochenen Land (033)

Nach meiner Rückkehr aus Bulgarien nach Berlin geht es mir ein wenig wie Borat. Im zweiten Borat Film, wo Borat aus Aserbaidschan in die USA zurückkehrt, starren dort alle plötzlich nur noch auf ihr Smartphone. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia ist das nicht anders wie in Berlin. Vor allem junge Menschen wollen dort leben wie im Westen, so wie wir Ossis wie die Wessis leben wollten – lange ist es her. Auf den Dörfern in den Schluchten des Balkans, wo ich die meiste Zeit verbracht habe und wo nur alte Menschen leben, ist das noch anders. Doch zurück zu Borat, der das permanente aufs Smartphone starren bei seiner Rückkehr ins Gelobte Land (“Promised Land”) mit “Calculator Crazy” kommentiert, was im ersten Moment irre erscheint, weil es doch ein Smartphone und kein Taschenrechner ist. Da ich selbst seinerzeit kein Smartphone hatte, konnte ich, da mir die Erfahrung fehlte, lange Zeit nichts zu Borats Diagnose sagen. Mittlerweile habe auch ich ein Smartphone. Nicht, weil ich unbedingt eins haben wollte. Ginge es nach mir, hätte weiterhin ein Handy vollkommen ausgereicht. Auch mein Smartphone nutze ich vorzugsweise zum Telefonieren. Wenn ich unterwegs bin, habe ich das Smartphone dabei, so wie ich früher mein Handy dabei hatte, bin damit aber nicht online. Neu ist, dass ich mit dem Smartphone Fotos mache, beispielsweise obiges von Einstein mit einem Smartphone-Calculator in den Händen. Bin ich mit den Öffentlichen unterwegs, halte ich kein Smartphone in den Händen sondern ein Buch. Dass die Menschen permanent auf ihr Smartphone starren müssen, halte ich für eine Sucht. Du glaubst mir nicht? Dann nimm mal einem Smartphone-Süchtigen seinen Stoff weg! Jetzt nicht für immer. Nur für einen Moment. Was ich sagen will: “Smartphone Sucht” trifft es besser als “Calculator Crazy”, obwohl auch da was dran ist. “Smartphone Sucht” gehört – im Gegensatz zum Alkohol und allgemein Drogen – zu den “nicht-stofflichen Süchten”. Der Unterschied: Der Entzug von “nicht-stofflichen Drogen” ist viel schwieriger als von “stofflichen Drogen” wie beispielsweise Alkohol. Fällt mir gerade noch ein: Von Mark Zuckerberg, dem Erfinder von Facebook und Meta, habe ich irgendwann mal gelesen, dass seine Kinder, er hat drei, kein Smartphone haben. Komisch, oder? Hat er vielleicht, wie auf obigem Graffito empfohlen, sein Gehirn eingeschaltet?

Foto&Text TaxiBerlin

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