Bulgarische Kantinen (Eine Serie)

Es ist im engeren Sinne keine Kantine, wo ich obige Linsensuppe zu mir nahm. Um genau zu sein ist es ein Restaurant, das zu einem Kurhotel gehört, in dem man sogar bedient wird. Ich schreibe trotzdem darüber, weil die Preise des Mittagstisches denen von Kantinen entsprechen. Der Mittagstisch, ein überschaubares Angebot von etwa zehn Speisen (Suppen & Desserts inklusive), richtet sich an erster Stelle an die vorzugsweise weiblichen Mitarbeiter des Landratsamtes, das sich nur einen Steinwurf entfernt befindet. Kurgäste und Polizisten verirren sich auch regelmäßig ins Restaurant, manchmal auch Alte. Man kann sein Essen auch mitnehmen. Am Tisch wird man wie gesagt bedient. Obige Gabel habe also nicht ich dort hingelegt, wo sie liegt, sondern die Kellnerin. „Für alle Fälle!“, hat sie gesagt. Für welchen Fall, hat sie nicht dazu gesagt. Der Fall trat auf jeden Fall nicht ein, die Gabel kam nicht zum Einsatz. Die Linsensuppe an sich war sehr lecker. Als letztes, ist jetzt auch schon wieder vier Wochen her, hatte ich Bohnensuppe im Kurhotelrestaurant, wobei Suppe nicht ganz richtig ist. Die Speisen nennen sich „Jahnija“. Das Wort kommt aus dem türkischen und bedeutet, dass es sich um eine dickflüssige Suppe Richtung Ragout handelt. Die Bohnen-Jahnija, die ebenfalls sehr lecker war, konnte man so essen oder ein Würstchen oder eine Boulette oder beides dazu nehmen. Ich habe mich für die Boulette entschieden – und für eine Gabel. In dem Fall machte sie Sinn. Zum Schluss noch etwas zu den Preisen. Ich erwähne sie, weil sie für den ein oder anderen in der Heimat interessant sein könnten, der sich Deutschland heute oder morgen schon nicht mehr leisten kann. Die Linsensuppe hat 5,80 Lewa (2,90€) gekostet und die Bohnensuppe mit Boulette 7,60 Lewa (3,80€). Beide Gerichte waren vor dem Krieg nur halb so teuer. Mit dem Euro, sollte er Anfang nächsten Jahres eingeführt werden, dürften die Preise weiter steigen. Du machst dich besser bald auf den Weg …

Ja, diese bulg. Kantinen gibts noch, allerdings werden auch diese immer weniger. Wobei man bedenken sollte, daß die Masse der bulg. Rentner um die 800 Leva (rund 400 €) Rente bekommen. Was selbst bei Wohneigentum, sehr wenig ist… Sofern man in Bulgarien arbeitet, kommt man je nach Region auf ein monatl. Nettogehalt von um die 1500 Leva (egal ob offiziell oder inoffiziell). In den Metropolen sind die Einkommen natürlich deutlich höher, die Lebenshaltungskosten allerdings auch. Beispiel Sofia : Arbeitnehmer (Callcenterbranche) bekommen mindestens 2.500 Leva Netto, sofern ein Partner vorhanden ist, kommt man so auf ca. 5.000 Leva Nettomonatseinkommen. Diese 5.000 Leva hören sich gut an ABER die braucht man auch um in Sofia, zum Beispiel als kleine Familie, über die Runden zu kommen! Unabhängig ob man zur Miete oder in einer Hypothekenwohnung oder in voll bezahltem Eigentum wohnt. Letzteres ist natürlich die beste Variante
– Es gibt einen Top Beitrag, speziell zu der Immobiliensituation in Sofia hier : https://www.homeheed.com/blog/praznite-zhilishta-mogat-li-da-namalyat-tse/ (mit google-chrome leicht zu übersetzen und zu lesen). – Was den Euro, oder eher den Heulo betrifft, wird dieser in BG durchgepeitscht ohne Rücksicht auf Verluste. Was etliche Bulgaren vergessen, es kommt nicht nur der Euro, sondern im Gepäck bringt dieser neue Gesetze/Regelungen/Vorschriften mit sich… – Das Preisniveau hat sich durch die anhaltend hohe Inflation (Geldentwertung) in eine Richtung verschoben, wo normale Menschen, finanziell kaum noch mithalten können. Speziell in Sofia ist die Vielfalt an Möglichkeiten zum „günstig“ Speisen etc., stark rückläufig. Auch div. kleinere Magazine stehen vermehrt leer. Ich persönlich trauere dem Sofia von vor 2020 stark hinterher. Man war das ne geile Zeit
VG aus Sofia