Leaving Berlin (048)

Seit gestern habe ich einen Hund, genauer eine Hündin. Mein englischer Freund Jerry hat mir Becky vorbeigebracht, die er in seinem Dorf auf der Straße gefunden hat. Über den Umgang der Bulgaren mit Tieren, allen voran mit ihren Hunden, könnte man Bücher schreiben. Er ist, so viel kann ich verraten, ähnlich miserabel wie der Umgang mit der Natur im Allgemeinen. Doch bleiben wir bei Becky, die noch nicht alt ist, aber für die Hundeschule dann doch nicht jung genug. Mit Hunden ist es wie mit Menschen: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Es gibt Ausnahmen, die aber nur die Regel bestätigen. Jerry fährt heute übrigens nach Sofia, um sich eine Wagner-Oper anzusehen, aber vor allem anzuhören. Seine erste Wagner-Oper hat er mit 13 gesehen, wie ich gestern erfahren habe. Eigentlich auch zu spät, aber offensichtlich noch nicht zu spät. Auf jeden Fall beweist die Sache mit der Wagner-Oper, zu der Jerry extra nach Sofia fährt, in eindrucksvoller Weise, dass mein englischer Freund wirklich am Liebsten Deutscher wäre. Wenn es stimmt, was er sagt, ist Jerry sogar besser als ein Deutscher, denn als Engländer verfügt er über alles, was einen Deutschen ausmacht, darüber hinaus aber auch noch über Humor. Humor muss auch ich haben, wenn ich mit Becky über die Felder laufe. Da Jerrys Hündin wie gesagt zu alt für die Hundeschule ist, gilt für Becky das, was Otto Waalkes einst über seinen Hund sagte: “Mein Hund gehorcht mir aufs Wort. Wenn ich sage: Komm her oder nicht – dann kommt er her oder nicht.”

One thought on “Leaving Berlin (048)

  1. Ach, die Reime! Sie sind leicht einzuprägen und nur schwer wieder loszuwerden. So auch dein Reim vom Hänschen und Lernen. Es ist ein Spruch aus einer Zeit, als man nichts wusste über neuronale Plastizität. Ein alter Mensch lernt sehr wohl auch im Alter, wenn er denn Gelegenheit hierzu erhält.
    Allein die Abgeschiedenheit und fehlende Anreize in den Alten- und Siechenheimen geben hierfür nur selten Anlaß!

    1. Lieber Achim, danke für deinen Kommentar. Auch wenn es kein Reim ist, prägt sich der Spruch zweifellos ein. Ja, Menschen lernen auch im Alter noch dazu, in aller Regel aber langsamer. Das ist zumindest meine Lebenserfahrung. Aber kann man sie auch auf Hunde übertragen? Ich weiß es nicht. Abgeschiedenheit und fehlende Anreize können dagegen durchaus produktiv und äußerst lehrreich sein. Das ist zumindest meine ganz persönlichen Erfahrung hier in Bulgarien.

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