Leaving Berlin (058)
Gestern war ich in der Stadt, um einen Freund aus der Heimat abzuholen. Dei der Gelegenheit war ich auch bei Lidl, wo gerade Brötchen für 0,08 Lewa (vier Cent) im Angebot sind. Obwohl ich angefangen habe, mein eigenes Brot zu backen, konnte ich mich nicht zurückhalten, auch weil ich noch nicht bis zum Brötchen backen vorgedrungen bin. Obwohl die Brötchen beim bulgarischen Lidl genauso wie in der Heimat nur aufgebacken sind, sind sie ganz OK. Unschlagbar ist natürlich der Preis mit vier Cent. Billiger als die Brötchen im Osten, die fünf Pfennig gekostet haben. In Bulgarien herrscht, was Brötchen angeht, Sozialismus. Trotzdem werden Brötchen hier irgendwie nicht angenommen. Ich war der einzige, der überhaupt welche gekauft hat. Der Bulgare beschäftigt sich nicht mit “weißen Semmeln”, wie die Brötchen beim bulgarischen Lidl genannt werden. Der Bulgare rechnet traditionell in Weißbroten – ganz bewusst in der Mehrzahl. Es sind also genug Brötchen für alle da. Jeder, der sich in der Heimat keine Brötchen mehr leisten kann, sollte sich auf den Weg machen. Er ist herzlich willkommen im Billig-Brötchen-Land Bulgarien. Ein Freund aus der Heimat hat es wie gesagt getan. Und obwohl er schon mehrfach hier war, war er aufs Neue erstaunt, wie tot die Gegend hier ist. Dass es kaum Menschen gibt und dementsprechend keine Busse fahren. Klar, ich schreibe ständig, dass es die ärmste Region des Landes ist. Aber was das praktisch bedeutet, weiß man erst, wenn man versucht herzukommen. Zum Schluss noch ein Wort zu den Brötchen. Manchmal frage ich mich, woraus die Brötchen gemacht sind, wenn sie nur vier Cent das Stück kosten. Immer wieder komme ich zu der Antwort, dass sie eigentlich nur aus dem gemacht sein können, aus dem auch die Kekse in dem Film “Soylent Green” gemacht waren. Im Untertitel heißt der Film “Jahr 2022 – die überleben wollen”. Vielleicht schaust Du ihn dir mal an. Ich kann ihn nur wärmstens empfehlen.