Neue Trends und alte Sitten

Hausgemachte Limonade ist gerade total angesagt in Bulgarien. In der Provinz kostet das große Glas vier Lewa (zwei Euro) in der Hauptstadt Sofia schon sechs (drei Euro). Viele bieten auch hausgemachte Limonade mit Hollunderblütensirup an, aber nicht alle. Was alle haben, ist Zitrone und Himbeere. Von meinen sechs Flaschen habe ich schon zwei an meine Nachbarn verschenkt. Es ist wichtig in Bulgarien, eine gute Nachbarschaft zu pflegen. In Berlin kenne ich die meisten Nachbarn gar nicht. Hier kenne ich das halbe Dorf. Nicht alle bekommen Hollunderblütensirup von mir, das ist klar, auch wenn ich die sechs Flaschen komplett verschenken werde. Auch weil noch viereinhalb Liter aus erster Produktion da sind. Die biete ich Ende Mai an, wenn ich Leute zu mir zum Essen einlade. Das muss man in Bulgarien auch hin und wieder machen: Leute zum Essen einladen. Aber nicht nur das! Man muss sie dann auch richtig bewirten sprich bedienen. Als Gast muss man in Bulgarien das Gefühl haben, ein Geschenk zu sein. Nicht so wie in Deutschland, wo der Gastgeber seinen Gast, der sich meist gar nicht willkommen fühlt, auf das kalte Büffet und den Kasten Bier oder andere Getränke irgendwo auf dem Boden in der Ecke verweist, so weit überhaupt vorhanden. In Bulgarien gibt es warmes Essen und man muss seinen Gast, also sein Geschenk, auch bedienen, ihm nachschenken und so weiter, was ein guter Gastgeber eben so macht. In Deutschland weiß man das nicht mehr, weswegen ich, bevor ich nach Bulgarien kam, auch eine Diener-Schule besucht habe. Das kann ich auch nur jedem Empfehlen. Nenn es wegen mir auch gerne Schule der Demut.