Neulich in Neukölln

Neulich, genau war es am Montag, war ich in einer Kneipe in Neukölln. In der Kneipe, genau war es der Keller, war ich, weil es dort Montags immer ein Jazz-Konzert gibt. Nach dem Konzert, das unerwartet gut war, musste ich auf Toilette. Die Herren-Toilette heißt in Neukölln nicht mehr Herren-Toilette, sondern “Toilette mit Pissoirs”, also mit Pissbecken. Vor einem solchen stehend wollte ich mich gerade fragen, ob Frauen auch auf Pissoirs gehen und wie. Dazu kam es nicht, weil es direkt vor mir eine rote Wand gab. Meine nächste Frage war, ob die rote Farbe evtl. von einer Monatsblutung stammt. Auch diese Frage konnte nur an- und nicht zu Ende gedacht werden. Denn auf der roten Wand stand etwas in silbernen Lettern auf englisch. Bis heute frage ich mich, was es bedeuten soll, was der Sprayer (die Spayerin?) mir sagen will. Und so geht es mir immer öfter. Ich verstehe die Zeichen der Zeit einfach nicht mehr. Auch die im Vorraum der Toilette mit Pissoirs nicht. Obwohl es dieselben Zeichen sind, nur diesmal schwarz auf ehemals weißen Kacheln. Aber das allerschlimmste ist, dass ich gar nicht mehr zum Nachdenken komme – nicht mal auf Toilette. Das soll wiederum gut sein, habe ich mir sagen lassen, denn das soll voll im Zeitgeist liegen. Bloß nichts mehr hinterfragen. Sondern alles immer brav mitmachen, am besten in der ersten Reihe.

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