Bevor morgen mein Bericht über den Protest hier in Sofia am vergangenen Mittwoch auf Multipolar erscheint, hier schon mal das Interview dazu, was Martin Petrushev am Montag bei ihm zuhause mit mir geführt hat. Martin habe ich im Sommer vergangenen Jahres auf den Straßen der bulgarischen Hauptstadt kennengelernt. Zu dem Zeitpunkt hatte er noch die Idee, nach Deutschland zu gehen und dort sein Studium fortzusetzen. Diese Idee hat sich nunmehr zerschlagen, und seither übersetzt Martin Bücher. Zu den Büchern, die er bereits aus dem Deutschen ins Bulgarische übersetzt hat, gehören “Was tun” von David Engels, mit dem er auch ein Interview geführt hat, und “Endspiel des Kapitalismus” von Norbert Häring. Gerade hat er mit der Übersetzung von “Schöne Neue Welt 2030” begonnen. Alle Bücher erscheinen beim Ost-West-Verlag in Sofia, wo ich immer noch bin. Da aber hier nun alles erledigt ist für mich, werde ich mich morgen zurück in meine Region im Nordwesten begeben, der ärmsten des Landes. Vorher wollte ich unbedingt noch dieses Video veröffentlichen. Dass alles pünktlich wie in Deutschland fertig wurde, dafür danke ich Martin und seiner Frau, und natürlich auch für das schöne Interview, das mir viel Freude bereitet hat.
Gestern war ich auch noch in der Buchhandlung des Verlags “Ciela” an der Sofioter Universität, die sich in der Unterführung der Kreuzung der Boulevards “Zar Befreier” und “Wassil Lewski” befindet. Ich wollte einfach mal schauen, hab nichts spezielles gesucht. Leider wurde ich wie so oft fündig. Leider deswegen, weil ich eigentlich Geld sparen muss. Niemand weiß, wie lange der Ausnahmezustand anhält.
In Deutschland hat die Polizei gerade einen Freund von mir fest-, und seine Personalien aufgenommen, weil er an einem Spaziergang teilgenommen hat. Dafür soll er büßen, und zwar mit einer Geldstrafe von bis zu 3.000 Euro – praktisch mein gesamtes Erspartes. Nun bin ich nicht in Deutschland sondern in Bulgarien, und hier sind solche Strafen unbekannt, zumindest bisher. Auch deswegen kann ich mir noch Bücher leisten.
An den beiden Klassikern “Psychologie der Massen” von Gustave Le Bon und “Die Kunst des Krieges” von Sun Tsu bin ich gestern nicht vorbeigekommen. Das lag auch am Preis, jedes Buch sollte 8,90 Lewa (4,45 Euro) kosten – macht zusammen 17,80 Lewa (8,90 Euro). Ich muss dazu sagen, dass ich beide Bücher bereits habe, aber in Berlin und nicht in Bulgarien, wo ich sie brauche.
Das denke ich zumindest, wenn ich sehe, dass es in “Die Kunst des Krieges” von Sun Tsu auch das Kapitel “Anpassung” gibt. Dort findet sich zum Beispiel folgender Satz: “Baue diplomatische Beziehungen an den Grenzen auf.” Und dieser hier: “Es gibt Befehle der zivilen Regierung, denen du nicht gehorchen solltest.” Und auch dieser hier: “Bleibe nicht in unfruchtbaren Gebieten.”
Letzterer lässt mich überlegen, wann der richtige Zeitpunkt ist, Sofia zu verlassen. Auf jeden Fall diese Woche, so viel steht fest. Ab Freitag soll es wieder kälter werden. Wahrscheinlich werde ich morgen losmachen, zurück in die ärmste Region des Landes im Nordwesten. Morgen soll auch mein neuer Artikel über die Proteste hier in Sofia heute vor einer Woche auf Multipolar erscheinen.
PS: Der Leser meines Blog, der sich auch das Schwergewicht “Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens” zulegen wollte, ich hatte ihn hier erwähnt, hat sich bei mir gemeldet. Die Schrift in seiner Ausgabe vom Rhenania-Verlag ist “recht klein”, wie er schreibt. Ansonsten ist er aber “begeistert” und er wird sich sicher “einige Stunden” mit den 10 Bänden “auseinander setzen”, denn die Begriffe sind “gut erklärt” und “sehr gut zusammen getragen”.
Vielen Dank für diese Rückmeldung!
Foto&Text TaxiBerlin
Nach dem gestrigen Interview über die Demonstration am Mittwoch, das morgen veröffentlicht werden soll, bekam ich plötzlich Hunger. Ich wollte mal was anderes essen als immer nur bulgarisch, schließlich bin ich immer noch in Sofia, wo das ohne weiteres möglich ist. Spontan entschied ich mich für chinesisch, was ich schon immer mal machen wollte. Ich hab auch schon mal amerikanische Burger probiert, ist jetzt ein paar Jahre her. Die waren schlimm, würde ich nie wieder machen. Das chinesische “von allem etwas” (Foto), was mir die freundliche Bulgarin am Ausschank auf meinen Wunsch zusammenstellte, war ganz OK. Ich würde weitere Chinesen in Bulgarien ausprobieren, auch um zu sehen, wie die Preise dort sind. In dem kleinen Imbiss auf dem Markt “Rimska Stena” (Römische Mauer) in der Nähe vom Wassil-Lewski-Stadion, der von Chinesen betrieben wird, habe ich gestern 3,80 Lewa (1,90 Euro) bezahlt.
Foto&Text TaxiBerlin
Ich bin immer noch in Sofia und habe hier jetzt auch ein eigenes Graffito. Obwohl die Sonne bereits hervorgekommen ist, auch diesbezüglich ist Bulgarien Deutschland eine Stunde voraus, ist es weiterhin kalt in der bulgarischen Hauptstadt. Heute morgen konnte ich meinen Bericht über den Protest am Mittwoch fertigstellen und abschicken. Jetzt warte ich auf die Antwort. Das Warten vertreibe ich mir mit einem Interview, das für den heutigen Tag geplant ist. Es handelt sich eher um ein Gespräch, und zwar mit dem bereits erwähnten Übersetzer. Ein junger Mann, den ich zusammen mit seiner Frau letzten Sommer hier in Sofia auf der Straße kennengelernt habe, und der Bücher aus dem Deutschen ins Bulgarische übersetzt. Ganz aktuell hat er das Buch “Endspiel des Kapitalismus” von Norbert Häring ins Bulgarische übertragen. Es wird demnächst hier in Bulgarien auf Bulgarisch erscheinen. Gestern habe ich zusammen mit dem Übersetzer, der so wie ich gerade etwas mehr Zeit hat, Konstantin in seinem Antiquariat “Ortograph” besucht, wo wir uns beide mit Bücher eingedeckt haben. Der Übersetzer mit “Lob des Sisyphos” von Camus, und ich mit “Ausgewählten Erzählungen” von Beckett und “Arztgeschichten” von Bulgakow. Da wir beide Stammkunden sind, haben wir von Konstantin Rabatt bekommen. Für die drei Bücher wollte er zusammen 15 Lewa (7,50 Euro) haben, also für jedes Buch 5 Lewa (2,50 Euro), was absolut OK ist. Meine beiden Bücher liegen gerade vor mir auf dem Schreibtisch in “meinem” Zimmer hier in Sofia. Genau genommen ist es das Zimmer von dem Sohn meines Freundes, der im Moment in Holland Jura studiert. Möglicherweise wird er aber bald nach Bulgarien zurückkehren, um hier sein Studium fortzusetzen. Auch in Holland ist ja der Wahnsinn ausgebrochen. Bis zu seiner Rückkehr werde ich aber nicht hierbleiben. Die große Stadt tut mir auf Dauer nicht gut, auch wenn ich hier keinen Ofen mit Holz versorgen muss, sondern eine elektrische Heizung an der Wand für Wärme sorgt. Aber irgendwie ist mir das schon zu viel Luxus, zu viel Dolce Vita, zu easy going. Dann hätte ich ja auch gleich in Berlin bleiben können. – Naja, nicht ganz.
PS: Falls es heute zu dem Gespräch mit dem Übersetzer kommt, wir wollten nochmal über die Demonstration am Mittwoch sprechen, werde ich hier darüber informieren, wenn es veröffentlicht wird.
Foto&Text TaxiBerlin
Auch in Georgien gibt es schöne Frauen – und nicht nur in Bulgarien. Manche von ihnen machen sogar Musik und scheinen darüber hinaus Eselverrückt zu sein. Diese Mischung ist mir in Bulgarien noch nicht begegnet, was wohl auch daran liegt, dass sowohl die Esel als auch die schönen Frauen das Land verlassen haben. Ich gebe die Hoffnung aber nicht auf und suche auf jeden Fall weiter. Zeit genug habe ich. Das mit dem Wahnsinn in der Heimat scheint noch etwas zu dauern.
War ganz schön was los heute in Sofia. Vor allem war es sehr kalt, um die Null Grad. Ein ausführlicher Bericht folgt in Kürze. Etwas Geduld.