Bericht aus Bulgarien (17)

Graffito in Sofia

Ich bin immer noch in Sofia und habe hier jetzt auch ein eigenes Graffito. Obwohl die Sonne bereits hervorgekommen ist, auch diesbezüglich ist Bulgarien Deutschland eine Stunde voraus, ist es weiterhin kalt in der bulgarischen Hauptstadt. Heute morgen konnte ich meinen Bericht über den Protest am Mittwoch fertigstellen und abschicken. Jetzt warte ich auf die Antwort. Das Warten vertreibe ich mir mit einem Interview, das für den heutigen Tag geplant ist. Es handelt sich eher um ein Gespräch, und zwar mit dem bereits erwähnten Übersetzer. Ein junger Mann, den ich zusammen mit seiner Frau letzten Sommer hier in Sofia auf der Straße kennengelernt habe, und der Bücher aus dem Deutschen ins Bulgarische übersetzt. Ganz aktuell hat er das Buch “Endspiel des Kapitalismus” von Norbert Häring ins Bulgarische übertragen. Es wird demnächst hier in Bulgarien auf Bulgarisch erscheinen. Gestern habe ich zusammen mit dem Übersetzer, der so wie ich gerade etwas mehr Zeit hat, Konstantin in seinem Antiquariat “Ortograph” besucht, wo wir uns beide mit Bücher eingedeckt haben. Der Übersetzer mit “Lob des Sisyphos” von Camus, und ich mit “Ausgewählten Erzählungen” von Beckett und “Arztgeschichten” von Bulgakow. Da wir beide Stammkunden sind, haben wir von Konstantin Rabatt bekommen. Für die drei Bücher wollte er zusammen 15 Lewa (7,50 Euro) haben, also für jedes Buch 5 Lewa (2,50 Euro), was absolut OK ist. Meine beiden Bücher liegen gerade vor mir auf dem Schreibtisch in “meinem” Zimmer hier in Sofia. Genau genommen ist es das Zimmer von dem Sohn meines Freundes, der im Moment in Holland Jura studiert. Möglicherweise wird er aber bald nach Bulgarien zurückkehren, um hier sein Studium fortzusetzen. Auch in Holland ist ja der Wahnsinn ausgebrochen. Bis zu seiner Rückkehr werde ich aber nicht hierbleiben. Die große Stadt tut mir auf Dauer nicht gut, auch wenn ich hier keinen Ofen mit Holz versorgen muss, sondern eine elektrische Heizung an der Wand für Wärme sorgt. Aber irgendwie ist mir das schon zu viel Luxus, zu viel Dolce Vita, zu easy going. Dann hätte ich ja auch gleich in Berlin bleiben können. – Naja, nicht ganz.

PS: Falls es heute zu dem Gespräch mit dem Übersetzer kommt, wir wollten nochmal über die Demonstration am Mittwoch sprechen, werde ich hier darüber informieren, wenn es veröffentlicht wird.

Foto&Text TaxiBerlin

Verrückt nach Eseln und schönen Frauen

 

Auch in Georgien gibt es schöne Frauen – und nicht nur in Bulgarien. Manche von ihnen machen sogar Musik und scheinen darüber hinaus Eselverrückt zu sein. Diese Mischung ist mir in Bulgarien noch nicht begegnet, was wohl auch daran liegt, dass sowohl die Esel als auch die schönen Frauen das Land verlassen haben. Ich gebe die Hoffnung aber nicht auf und suche auf jeden Fall weiter. Zeit genug habe ich. Das mit dem Wahnsinn in der Heimat scheint noch etwas zu dauern.

Video YT
Text TB

Bericht aus Bulgarien (16)

Antiquariat “Ortograph” in Sofia
Vorgestern war ich wieder ins Konstantins Antiquariat “Ortograph” in Sofia. Immer wenn ich in der bulgarischen Hauptstadt bin, besuche ich Konstantins Laden in der William-Gladstone-Straße 60, unweit des Slaweijkow-Platzes, auf dem früher der bekannteste Buch-Basar der Stadt war. Letztens hatte ich die zehnbändige Ausgabe vom “Handbuch des deutschen Aberglaubens” bei Konstantin gekauft, ich hatte hier darüber berichtet. Das hat ein Leser meines Blogs dazu angeregt, es sich auch zuzulegen, allerdings in der Ausgabe vom Rhenania-Verlag. Dort kostet der Nachdruck des Schwergewichts nur 50 Euro. Die Ausgabe vom de Gruyter Verlag, die mir Konstantin am Ende für 60 Lewa (30 Euro) verkauft hat, kostet bei Booklooker im Internet, wo auch ich einst Bücher angeboten habe, zwischen 150 und 200 Euro, wie mir der Leser meines Blogs weiter mitteilte. Meine Ausgabe hat im ersten Band 20 unbedruckte Seiten, wofür Konstantin natürlich nichts kann. Er wusste es nicht einmal, wie er mir versicherte. Trotzdem schenkte er mir ein Buch – mal wieder, und zwar diesmal das “Tractatus Satanicus – Die Geschichte des Teufels von ihm selbst erzählt”, worüber ich mich sehr gefreut habe. Obwohl ich, was das Buch angeht, mit dem schlimmsten rechne, denn es ist ein Roman und kein Sachbuch. Vermutlich ist der Titel das beste am Buch. Immerhin passt der zum “Handbuch des deutschen Aberglaubens” und auch zu unserer Zeit. Denn was muss ich da wieder aktuell aus der Heimat hören? Selbst unter unseren “Volksvertretern” werden neuerdings Ungeimpfte im Deutschen Bundestag, unserem Parlament, separiert. Sarah Wagenknecht wird wortwörtlich der AfD in die Arme getrieben. Da bin ich froh, in Bulgarien zu sein. Übrigens: Die “bulgarische AfD”, soweit dieser Vergleich erlaubt ist, heißt “Wiedergeburt”. Über sie und ihren nationalem Protest am 12. Januar in Sofia schreibe ich noch, der Beitrag ist aber so gut wie fertig. Gleich gehe ich noch mal drüber. Zuvor möchte ich mich bei dem Leser meines Blogs bedanken, dass er meiner Empfehlung gefolgt ist. Vielleicht schreibt er mir mal, wie ihm seine Ausgabe gefällt. Danke auch an Konstantin, der mich hier in Bulgarien mit Büchern versorgt.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (15)

“Border Area”
Gerade habe ich erfahren, dass seit dem 7. Januar bei der Einreise nach Bulgarien eine Impfpflicht gilt. Bei der Einreise aus Deutschland muss seither neben einem Impfzertifikat oder einem Genesenennachweis zusätzlich auch ein negativer PCR-Text (nicht älter als 72 Stunden) vorgelegt werden. Das als Information an alle, die sich mit dem Gedanken tragen, demnächst nach Bulgarien überzusiedeln. Sorry für diese ausgesprochen schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass mein Bericht über den nationalen Protest am 12. Januar in Sofia, wo ich mich immer noch aufhalte (und nicht in meinem Grenzgebiet im Nordwesten des Landes, wo es bis vorgestern noch wie auf obigem Foto aussah), gegen den Grünen Pass auf einem guten Weg ist. Ich hoffe, dass er in nächsten Tagen veröffentlicht werden kann, möglicherweise wieder auf Multipolar. Sobald er online ist, werde hier auf meiner Seite auf ihn hinweisen.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (14)

Mein Freund, der Zahnarzt
Mit diesem Beitrag möchte ich mich bei meinen beiden ersten Spendern bedanken. Vor einer knappen Woche sind 50 Euro von einem Paar aus Norddeutschland auf meinem Spendenkonto eingegangen und soeben noch einmal 30 Euro von einer Firma im Hessischen. Hierbei handelt es sich sogar um eine monatliche Spende, was mich ganz besonders freut. Beide, also sowohl das Paar als auch die Firma, tragen sich mit dem Gedanken, angesichts der aktuellen Entwicklung Deutschland zu verlassen und vielleicht nach Bulgarien überzusiedeln. Dafür brauchen sie jemanden vor Ort, der ihnen Fragen beantwortet und auch sonst weiter hilft. Ich mache das gerne, weil ich selbst hier auch auf solche Menschen angewiesen bin.
Bei einem von ihnen wohne ich gerade, und zwar in Sofia, wo ich immer noch an meinem Bericht über die Demonstration am Mittwoch, auf der versucht wurde das Parlament zu stürmen, arbeite. Ich kenne diesen Freund schon seit fast 30 Jahren, habe ihn hier auf der Straße in der bulgarischen Hauptstadt kennengelernt. Er hat mehrfach bei mir in Berlin gewohnt, und jetzt wohne ich bei ihm, habe hier mein eigenes Zimmer und Internet, das ich für meine Recherche brauche. Auf meinem Dorf komme ich sonst auch ohne permanenten Zugang zum Internet klar.
Mein Freund stellt mir aber nicht nur ein Zimmer zur Verfügung, sondern er hat mich auch mit seinem Zahnarzt bekannt gemacht, der jetzt auch mein Zahnarzt ist. Ich schreibe dies einerseits, um klar zu machen, dass es wichtig ist in einem Land, wo ein Drittel der Bevölkerung im Ausland lebt, Leute zu kennen, die wieder andere kennen. Zum anderen möchte ich insbesondere meinen Spendern wissen lassen, wo ihr Geld geblieben ist. Das Geld hat jetzt mein Zahnarzt, der mir heute eine zweite Füllung für 90 Lewa (45 Euro) gemacht hat. Die erste Füllung hat 100 Lewa (50 Euro) gekostet, die Grunduntersuchung 20 Lewa (10 Euro) und eine Zahnreinigung 80 Lewa (40 Euro). An der zweiten Füllung heute hat er fast zwei Stunden gearbeitet, auch weil er alles alleine macht. Es ist auch nicht einfach nur eine Füllung, sondern der Zahn ist wie neu.
Verabschiedet habe ich mich heute von meinem Zahnarzt, der eigentlich ein Künstler ist – ein Zahnkünstler – mit einer Umarmung. Wir sind also jetzt auch Freunde. Als nächstes brauche ich eine neue Krone, die 260 Lewa (130 Euro) kosten soll. Dafür war ich heute beim Röntgen, wofür 8 Lewa (4 Euro) fällig wurden. Für die Krone braucht er zwei, maximal drei Termine. Wann wir die machen, steht noch nicht fest, ist auch etwas vom Wetter abhängig. Im Moment ist es sehr kalt in Bulgarien, so dass ich eigentlich zurück auf mein Dorf müsste, damit mir dort nicht die Leitungen einfrieren. Gestern ist mein Bürgermeister, der ebenfalls mein Freund ist, zu mir rausgefahren und hat bei mir Feuer gemacht, damit genau das nicht passiert.
Ich erwähne meinen Bürgermeister auch, weil ich weiß, dass er sich über jeden neuen Einwohner unseres Dorfes freuen würde. Er selbst verkauft gerade ein Haus, an dem aber einiges gemacht werden muss. Mit Sicherheit würde er auch dabei behilflich sein, für Interessierte eine andere, passendere Immobilie zu finden. Auf jeden Fall ist er eine Person, die man braucht, weil er die Leute kennt. Dabei geht es nicht um Geld, das möchte ich auch noch einmal betonen. Vielmehr ist es eine Frage der Gastfreundschaft, und es hat auch seinen ganz einfachen, praktischen Nutzen. In einem Land, das einen Exodus erlebt hat, ist jeder neue Einwohner willkommen.
Foto&Text TaxiBerlin

 

Bericht aus Bulgarien (12)

Auf dem Weg nach Sofia

Erst wollte es nicht aufhören zu schneien, und dann war auch noch der Strom weg. Der Nordwesten Bulgariens ist zwar die ärmste Region des Landes, aber reich an Schnee, zumindest im Moment. Dass es keinen Strom gibt, kommt hin und wieder vor, meist aber im Sommer, und da sogar öfters. Immerhin, die Straßen waren halbwegs geräumt auf meinen Weg nach Sofia, meine Schneeketten kamen nicht zum Einsatz. Ich habe mich gestern schon auf den Weg in die bulgarische Hauptstadt gemacht, um die Demonstration gegen den Grünen Pass und eine mögliche Impfpflicht heute nicht zu verpassen – ich will schließlich darüber schreiben. Möglicherweise verpasst der Initiator der Veranstaltung seine eigene Demo, weil er bei einer Besprechung des Nationalen Sicherheitsrates dabei war, auf der ein anderer, der auch dabei war, später Corona bekam. Daraufhin hat sich die gesamte bulgarische Regierung in die Selbstisolation begeben. Und nun soll es der Anmelder der heutigen Demonstration, der zwar nicht zur Regierung gehört, aber immerhin im Parlament sitzt, es ihnen gleich tun. Und das, obwohl sein Test, den er sogleich gemacht hat, negativ war, und er auch keine Symptome hat. Hört sich an wie ein schlechter Witz, ist aber wirklich passiert. Immerhin, der Mann leugnet Corona nicht. Sonst hätte er keinen Text machen lassen, genau genommen sogar zwei. Erst einen eigenen, und dann noch einen im Labor. Beide waren negativ. Aber darf er deswegen auch zu seiner eigenen Demo?

Foto&Text TaxiBerlin