Bericht aus Bulgarien (63)

“Tshestita Baba Martha!”

In Bulgarien lässt man heute “Oma Martha” hochleben und begrüßt damit den Frühling, der kalendarisch am 20. März beginnt und dieses Jahr auch der bulgarische “Freedom Day” ist, ich werde demnächst darüber berichten. “Oma Martha” muss man sich als launische aber gutmütige Alte vorstellen, die gerne mit Schnee und Schauer auf ihre Begrüßung antwortet, so auch diesmal. Bereits vor Wochen, da war das Wetter schon frühlingshaft, ist in Bulgarien das “Baba Martha” Fieber ausgebrochen, man kann schon fast von einer “Baba Martha” Manie sprechen. Auf den Straßen reihen sich Millionen von “Baba Martha” Ständen, an denen es Milliarden verschiedene “Marthenitzas” und damit mehr als Bulgaren gibt. Für jeden sind also mehr als genug dabei. Ich habe bestimmt 50 gekauft, zum Verschenken – versteht sich. Das oben ist meins. Das habe ich mir gerade ums Handgelenk gebunden. “Marthenitzas” sind traditionell in Weiß und Rot, aber heutzutage darf auch etwas Grün oder Blau dabei sein. Mit dem Blau, wie ich es habe, sieht es dann Amerikanisch aus, oder eben auch Russisch. Dass das heute von Bedeutung ist, habe ich nicht gewusst, als ich mein “Marthenitza” gekauft habe. Unbewusst muss ich es aber geahnt haben. Ich habe auch einen Text darüber geschrieben, den aber keiner veröffentlichen wollte. Bei der Berliner Zeitung gibt es dafür jetzt eine “Open Source”, der mein Text aber zu viel Corona hatte. Dabei geht es dort um den bevorstehenden Krieg, was die bei der Berliner Zeitung aber nicht begriffen haben. So sind die, bei der Berliner Zeitung. Aber nicht nur dort. Journalisten sind allgemein unerträglich geworden. Die meisten wissen vermutlich nicht mal, was das Zeichen auf meinem “Marthenitza” bedeutet. Aber gut, ich musste es gerade selbst nachsehen. Es ist das Zeichen der Kampagne für Nukleare Abrüstung. – Lang lebe “Baba Martha!” Lang leben wir alle!

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (62)

Mein Mineralbad in den Bergen

Mein Mineralbad in meinem Dorf sieht so aus wie oben auf dem Bild. Zwei Betonbecken zu ebener Erde, in das fordere fließt rechts in der Ecke das warme, leicht nach faule Eier riechende Mineralwasser; das zweite, hintere Becken ist eine Art Überlaufbecken; im Hintergrund zwei Podeste mit Sitz- und Grillmöglichkeiten, die mein Bürgermeister im letzten Jahr hat bauen lassen; die Becken selbst sind vielleicht 50 Jahre alt.

Da ich nicht in meinem Dorf sondern in Sofia bin, musste ich hier was vergleichbares finden, und zwar den “Komplex Koralite”, wo ich gestern unter freiem Himmel fünf Stunden am Stück im Wasser war. So lange bin ich noch nie am Stück im Wasser gewesen, ausser vielleicht als Kind am Schwarzen Meer. Dass ich so lange im Wasser war, im Wasser sein musste, lag daran, dass der Pool vom “Komplex Koralite” wie mein Mineralbad in meinem Dorf im Freien ist, wo die Temperaturen gestern um den Gefrierpunkt waren, man dafür aber einen genialen Blick aufs Gebirge hatte, in dem Fall auf die mit Schnee bedeckten Berge des Vitosha.

Aber nicht nur das, gestern gab es im Pool vom “Komplex Koralite” auch eine Geburtstagsparty. Vier Menschen, die ich nicht kannte, wie ich auch sonst niemanden kannte, feierten zusammen ihren Geburtstag im Pool vom Komplex. Alle waren im Wasser, sogar die drei Sängerinnen. Und ich war plötzlich Teil dieser Geburtstagsparty im Pool unter freiem Himmel.

Einer der “Geburtstagskinder” war ein Augenarzt, und jetzt habe ich auch einen Augenarzt in Bulgarien. Kennengelernt habe ich ihn durch eine Mitfeiernde im Pool, die ich zuvor auch nicht kannte, und die mich mit ihm bekannt gemacht hat. Sie war eine der vielleicht fünfzig feiernden Gästen, und sie arbeitet in einer Botschaft in Sofia. Welche Botschaft genau darf ich nicht sagen, das wäre sozusagen Geheimnisverrat.

Auf jeden Fall war es die Botschaft eines NATO-Mitgliedslandes hier in der bulgarischen Hauptstadt, wo ich mich gerade befinde, und wo heute der Frühling in Form von “Oma Martha” begrüßt wird, obwohl seit Sonntag der Winter zurückgekehrt ist. Fällt mir gerade ein, dass ich auch noch über “Baba Martha” schreiben muss. Das mache ich dann gleich. Nicht vom Pool aus, sondern vom Schreibtisch des Sohnes meines Freundes.

PS: Was den “Komplex Koralite” angeht, der ist auf den Bildern natürlich noch schöner als in der Realität. Aber wenn die Sonne nicht scheint, es zudem noch Winter und kalt ist, sieht die Welt eben einfach anders aus.

Foto&Text TaxiBerlin