Bericht aus Bulgarien (320) – “Wahlmüdigkeit vs. Kriegsmüdigkeit”

Sitz des bulgarischen Präsidenten

In Bulgarien wird am Sonntag wieder gewählt, es ist bereits die vierte Wahl in eineinhalb Jahren. Experten erwarten eine noch niedrigere Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl im November, und da lag sie bereits bei nur 40 Prozent. Da die letzte Regierung “pro-westlich” war, war das kein Problem für den Westen. Die Wahl musste also nicht rückgängig gemacht werden wie neulich noch in Thüringen. Auch die Legitimation der Regierung, die kaum mehr als 20 Prozent der Stimmen aller zur Wahl Berechtigten erhalten hatte, war nie ein Thema gewesen. Dafür war das verlorene Misstrauensvotum der “pro-westlichen” Regierung ein “Sturz”. Immerhin, die vom bulgarischen Präsidenten, der wiederum “pro-russisch” sein soll, daraufhin eingesetzte amtsführende Regierung könnte auch nach der Wahl am Sonntag einfach weiter regieren, selbst wenn sie neulich noch auf einen neuen, langfristigen Vertrag mit Gazprom verzichtet hat, weswegen einige Bulgaren nicht nur frieren werden im Winter, sondern es wahrscheinlich auch nur “Die Wahl vor der Wahl” sein wird, was wiederum daran liegt, dass mit einem Patt als Wahlausgang gerechnet wird. Ein Grund dafür ist die Wahlmüdigkeit der Bulgaren, die zwar nicht schön, aber immer noch besser als die Kriegsmüdigkeit der Deutschen ist. Weitere Gründe stehen in meinem Artikel in der “Epoch Times”, der gerade online gestellt wurde, und der morgen auch in der Printausgabe erscheint.

Foto&Text TaxiBerlin

War On Europe – Are You Ready?

Wer das Schwert erhebt, wird durch das Schwert umkommen, so steht es bei Matthäus. Auch wenn “nur” Schwerter, also Waffen, geliefert werden, scheint es sich ähnlich zu verhalten. Und wer’s es noch nicht begriffen hat, den muss man “nudgen”, sozusagen reinschubsen in den Krieg. Vorher sollte er noch Verträge über teures Fracking-Gas abschließen, und dann kann es auch schon los gehen mit dem Krieg. Für den Amerikaner scheint er schon begonnen zu haben. Nur der deutsche Michel schläft mal wieder, so wie man es von ihm gewohnt ist, oder ist gerade mit dem Kauf bekannter Bahnsteigkarte beschäftigt. Unsere Freiheit scheint nicht am Hindukusch und auch nicht in der Ukraine bedroht zu sein, sondern vor unserer Haustür, in der Ostsee, und das vom Amerikaner. Wer’s nicht glaubt, folge dem Geld. Der Dollar ist neuerdings nicht nur mehr wert als der Euro, sondern sein Höchststand war mit 1,04 Euro am Tag nach den Anschlägen auf Nord Stream 2.
Video NachDenkSeiten
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (319) – “Albanien und Amerika”

Erfahre gerade, dass die USA zusammen mit Albanien eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat in New York eingebracht hat, welche die sogenannten Referenden in den russisch kontrollierten ukrainischen Gebieten verurteilt. Dazu der Spiegel, das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg: “Die von den USA und Albanien eingebrachte Resolution hat freilich keinerlei Chancen angenommen zu werden”. Die Zusammenarbeit der USA mit dem kleinen Land Albanien gleich bei mir um die Ecke hat eine lange Tradition, die in obigem Film nachgespielt wird, in dem die USA einen Bürgerkrieg in Albanien inszeniert. Der Unterschied zum heutigen Krieg in der Ukraine ist der, dass es dort heute ein echter Krieg ist. Dem Produzenten des Krieges in Albanien, der von Dustin Hoffmann gespielt wird, war nach seiner erfolgreichen Inszenierung kein langes Leben mehr beschieden. Er stirbt noch im Film. Es bleibt abzuwarten, was mit dem Produzent des heutigen Krieges geschieht.
PS: Dass Bulgarien nicht gemeinsam mit Amerika die Resolution eingebracht hat, lag daran, dass hier Ja Nein und Nein ja bedeutet. Umso überraschender die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit Albanien, denn dort ist es genauso.
Video YouTube
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (318) – “Dollar > Euro”

Lew > Euro (aktuelles Graffito in Sofia)
Der Dollar ist neuerdings mehr Wert als der Euro. Seit seiner Einführung war dies immer umgedreht. Der höchste Stand war bisher am Dienstag, da hat der Dollar 1,04 Euro gekostet. Präsident Biden hat das erreicht, wovon Trump nur sprach: “Make Amerika Great Again!”. Trump also nur ein Maulheld, im Gegensatz zu Biden, der bereits vor dem Krieg in der Ukraine zusammen mit “Fuck the EU” Nuland Nord Stream 2 ein Ende setzen wollte. Genau das ist gerade geschehen. – Die letzte, “pro-westliche” bulgarische Regierung unter Kiril Petkow, möglicherweise ist “pro-amerikanische” richtiger, plante den Euro auch in Bulgarien einzuführen. Im Juni wurde ihr im Parlament allerdings das Vertrauen entzogen, und zwar durch ein Misstrauensvotum. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang in einer Demokratie, trotzdem war im Westen von einem “Sturz” die Rede. Derzeit hat Bulgarien eine vom Präsidenten Rumen Radev, der von westlichen Medien gerne als “pro-russisch” bezeichnet wird, eingesetzte amtsführende Übergangsregierung, die neulich auf einen neuen, langfristigen Vertrag mit Gazprom verzichtet hat. Am Sonntag sind wieder mal Wahlen im Land, es sind die vierten in eineinhalb Jahren. Wie es dazu kam, wie es dabei zugeht und was bei ihnen herauskommen könnten, darüber habe ich einen Artikel geschrieben, der morgen in der Printausgabe der “Epoch Times” erscheint. Möglicherweise wird der in dem Beitrag von mir erwartete Ausgang der Wahlen auch die geplante Euro-Einführung in Bulgarien weiter hinauszögern, wenn nicht gar verunmöglichen, auch weil der Euro jetzt weniger wert ist als der Dollar, aber natürlich nicht nur.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (317) – “Gestern in Sofia”

Konferenzsaal Nr. 1 im Herzen Sofias

Die gestrige Veranstaltung mit David Engels in Sofia war mit 50 Menschen, darunter viele junge, die auch deutsch sprachen, gut besucht. Dass sie deutsch sprachen, lag daran, dass sie einige Zeit in Deutschland oder Österreich gelebt haben, manche viele Jahre, bevor sie aktuell nach Bulgarien zurückgekehrt sind. Das Leben in den beiden deutschsprachigen Ländern war ihnen unerträglich geworden, so wie mir mein Leben in Berlin unerträglich geworden ist, weswegen sie in ihre alte Heimat zurückgekehrt sind. Einer von ihnen hatte sogar meinen ersten Artikel “Bulgarien – die große Freiheit” gelesen. Da war er gerade einen Monat zurück gewesen, nachdem er 13 Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet hat. Eine Rückkehr nach Bulgarien war nicht geplant gewesen, aber er hat keinen anderen Ausweg für sich gesehen. Mein Beitrag hätte ihm aus dem Herzen gesprochen, sagte er mir, was ein tolles Kompliment für mich war. So wie er waren auch viele andere der Meinung, Deutschland und Österreich besser zu verstehen, als die meisten Deutschen und die Österreicher selbst, und das ist auch meine Einschätzung. Beide, sowohl der Deutsche als auch der Österreicher, sind so sehr mit ihrer Angst, ihrer Kontrollillusion und der sich daraus ergebenen Depression beschäftigt, dass sie den Blick für das Große und Ganze verloren haben. Vor allem ist es die Angst vor Veränderungen, obwohl sie doch gerade das Wichtigste im Leben sind, und dem Verlassen ihrer Komfortzone, was als nächsten ansteht. So denken nicht nur die meisten Bulgaren und ich, sondern auch der aus Belgien stammende Historiker David Engels, der sich schon 2018 nach Polen in Sicherheit gebracht hat, und um dessen beiden Bücher “Was tun?” und “Renovatio Europae” es ging. Beide sind gerade ins Bulgarische übersetzt worden und verkaufen sich nach Angaben des Verlegers, der gestern ebenfalls anwesend war, ausgesprochen gut. Gestern hatte praktisch jeder Besucher der Veranstaltung eins von beiden unterm Arm, viele auch beide. Anfang Oktober wird “Angstgesellschaft” von Hans-Joachim Maaz auf Bulgarisch erscheinen, ich habe gestern schon das Cover gesehen. Ich bin gespannt, wie dieses Buch ankommt, und ob Hans-Joachim Maaz auch nach Bulgarien kommt und Fragen seiner Leser beantwortet. Ob eine solche Lesung an einem so zentralen Ort wie in Sofia beispielsweise auch in Berlin möglich wäre, war eine von vielen Fragen, die gestern gestellt wurde. Ich glaube, eher nicht. Wenn einer meiner Leser es besser weiß, möge er sich bitte melden. Vielen Dank!

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (316) – “Ein Land, wo Trauben, Grundstücke und Häuser auf der Straße liegen”

Mann muss sie nur auflesen

Als ich noch Taxi gefahren bin in Berlin, lag das Geld auf der Straße und auch die ein oder andere leere Flasche auf zwei Beinen, die ich aufgesammelt habe. In Bulgarien liegt das Geld definitiv nicht auf der Straße, dafür aber Weintrauben. Nicht nur viele Häuser sind verlassen, es soll in Bulgarien 592 Dörfer geben, die ganz verlassen sind oder nur noch einen Einwohner haben, sondern es gibt dort oft auch Wein, dessen Lese jetzt ansteht. Meine Trauben sind vom Nachgrundstück, auf dem das Haus gerade zusammenfällt. Es ist nicht mehr zu retten, dafür aber der Wein, der wie wild wächst und immer noch Trauben trägt, obwohl es viele Jahre her ist, dass sich jemand um ihn gekümmert hat. Ich habe Traubensaft aus des Nachbarn Wein gemacht, was eine Heidenarbeit war, die sich aber gelohnt hat. Die drei Liter Traubenwein schmecken wie aus einer anderen Welt. So etwas kann man nicht kaufen, mit keinem Geld der Welt. Ich trinke ihn aus kleinen Schnapsgläsern, so gehaltvoll ist er. Was das Nachbargrundstück angeht, so kann man offiziell nichts machen, weil die Erben auf der ganzen Welt verstreut sind und es auch keine gültigen Dokumente gibt, um es zu besitzen. Ich weiß das von meinem Bürgermeister, der meint, ich solle es einfach benutzen und mich um den Wein kümmern, für das Haus ist es bereits zu spät, und genau das habe ich als halber Deutscher gemacht.  –  Ich habe getan, was mein Bürgermeister mir gesagt hat.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (315) – “David Engels in Sofia”

 

Über der antiken Stadt Serdika

Eigentlich wollte ich morgen nach Sofia fahren, aber jetzt lese ist, was Juli Zeh über Städter sagt, und zwar dass ihre Überheblichkeit ein absoluter Fehler ist. Ich kann das bestätigen, sie ging mir in Berlin schon lange auf die Nerven, und auch in Sofia findet man diese Überheblichkeit. Trotzdem werde ich wohl in die bulgarische Hauptstadt fahren, denn David Engels wird morgen dort darüber reden, wie man unter den Bedingungen der beispiellosen wirtschaftlichen, politischen und nicht zuletzt der Wertekrise überlebt. Heute diskutiert er dieses Thema bereits mit seinen Zuhörern in Plovdiv, der zweitgrößten Stadt Bulgariens. Wie in Plovdiv, so findet auch in Sofia die Veranstaltung an einem zentralen Ort statt, und zwar im Konferenzsaal Nr. 1 des antiken Komplexes Serdika, wie die Römer die bulgarische Hauptstadt nannten. Dieser Ausgrabungskomplex befindet sich genau unter der Glaskuppel, die auf obigem Bild zu sehen ist. Der belgische Historiker David Engels, der auch deutsch spricht, weswegen die Veranstaltung zuallererst in deutsch stattfindet, ist dafür extra aus Polen angereist, wo er sich in Sicherheit gebracht hat, so wie ich mich in Bulgarien in Sicherheit gebracht habe. Ob er dort in der Stadt oder auf dem Dorf wohnt, ist nicht bekannt. Es wäre eine Frage, die man ihm stellen könnte. Mir persönlich ist sie nicht so wichtig. Denn mir ist schon lange klar, dass nicht nur die Überheblichkeit der Städter ein großer Fehler ist, sondern dass diese auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass die Anzahl der ernsthaft psychisch Kranken in den Städten der auf dem Land um ein Vielfaches übersteigt.

Foto&Text TaxiBerlin

Ein Taxi mit Uber-Werbung ist wie eine Kuh mit Schlachthof-Werbung

Taxi mit Uber-Werbung in Berlin
Gerade erreicht mich eine e-mail von Steven Hill, dem Wirtschaftsjournalisten aus dem Silicon Valley, der im April 2018 Gast an meinem Runden Tisch zum Thema “Uber” war, weswegen ich ihn auch in meinem kürzlich auf Multipolar erschienen Artikel “Wir haben den Menschen eine Lüge verkauft” erwähne. Ich hatte Steven den Link geschickt, und er hat mir nun freundlicherweise wie folgt geantwortet:
Hello Rumen, so nice to hear from you. I greet you with the warmest of regards. I certainly remember our brief time together in your studio. It was a great pleasure for me to meet you and your colleagues, as well as Layne. I enjoyed the sense of camaraderie among all of you, and feel much gratitude at how you extended your hospitality to me, a stranger. – Thank you for the link to your article. I used an online translation engine to translate it, since I don’t speak German. It’s an excellent article, you did a marvelous job of summarizing the poison of the Uber business model. Your title says it all: “We sold people a lie.” That is the truth, and it’s great that you are “speaking truth to power.”
Ich habe mich sehr über die warmen Worte von Steven Hill gefreut. Auch er arbeitet sich weiterhin an Firmen wie Uber und Airbnb ab. Ich bin also kein Einzelfall. Im Gegenteil, ich bin einer von vielen, die wegen Firmen aus den USA ihre Arbeit verloren haben und täglich werden es mehr. Persönlich wünsche ich es niemandem, dass er das durchmacht, was ich durchgemacht habe. Andererseits erscheint es mir aber auch alternativlos (hier trifft dieses unmögliche Wort möglicherweise wirklich zu) zu sein. So deute ich zumindest obige Uber-Werbung auf einem Berliner Taxi (die Aufnahme ist im Juni entstanden), bei der ich mir eine Herde Kühe vorstelle, auf deren Fell Werbung für den Schlachthof eingebrannt ist.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (314) – “Tanzen lernen”

Gestern bei uns im Dorf
Gestern war unsere Dorfkimes, die auf Bulgarisch “Sbor” heißt, was von “sich versammeln” kommt. Viele sind dafür aus Sofia und manche auch aus dem Ausland angereist, um sich in ihrem Dorf zu versammeln, darunter auch viele Kinder. Auch ich bin auf dem Dorf groß geworden, wenn auch nicht in Bulgarien. Aber auch als Kind war ich schon in Bulgarien und war immer fasziniert gewesen zu sehen, wie schnell sich die Menschen auf der Tanzfläche einfinden, alt und jung. Ganz anders als in einer Disco oder einem Club in Berlin, wo Menschen vor allem eines sein wollen: cool. Cool, also kalt, praktisch tot, das sind die Menschen hier nicht und wollen es auch nicht sein. Als Kind wollte ich immer mittanzen beim traditionellen “Horo”, dem bulgarischen Ringelpietz mit anfassen. Bis heute kann ich es nicht wirklich, obwohl es mir jedesmal in den Beinen juckt. Was ich gestern gelernt habe, ist, nicht auf die Füße zu schauen, um die Schritte zu begreifen, sondern auf die Köpfe der anderen, und wie sie diesen bewegen. An der Kopfbewegung kann man die Schritte ablesen. Auch das etwas, was umgedreht ist.  –  Aber es funktioniert.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (313) – “An alle dummen Deutschen”

Gratis Granate

Waffen sind gerade im Angebot, nicht nur bei Uncle Sam aus Amerika. In Bulgarien gibt’s zur guten alten AK-74 die Handgranate gratis dazu. In Deutschland werde die Schreie nach neuen schweren Waffen für die Ukraine immer lauter. Ausgerechnet der Deutsche, der nicht mal weiß, was schwere Waffen sind! Der letzte Krieg und mit ihm “Nie wieder Krieg!” liegt lange zurück – für viele zu lange. Sie wollen’s wieder wissen, wie Krieg sich anfühlt, diese Kriegstreiber. Doch, nur wer bereit ist, selber in den Krieg zu ziehen, darf Waffen für andere fordern. Alles andere sind Maulhelden. Deutschland ist voll von ihnen, diesen Maulhelden. Noch nie selbst eine Waffe in der Hand gehabt, aber anderen eine Waffe in die Hand drücken wollen. Nimm vorher wenigsten eine Kalaschnikow aus Plastik in die Hand, du dummer Deutscher. Und vergiss nicht, das passende T-Shirt dazu anzuziehen.

Peace
Fotos&Text TaxiBerlin