In Bulgarien wird am Sonntag wieder gewählt, es ist bereits die vierte Wahl in eineinhalb Jahren. Experten erwarten eine noch niedrigere Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl im November, und da lag sie bereits bei nur 40 Prozent. Da die letzte Regierung “pro-westlich” war, war das kein Problem für den Westen. Die Wahl musste also nicht rückgängig gemacht werden wie neulich noch in Thüringen. Auch die Legitimation der Regierung, die kaum mehr als 20 Prozent der Stimmen aller zur Wahl Berechtigten erhalten hatte, war nie ein Thema gewesen. Dafür war das verlorene Misstrauensvotum der “pro-westlichen” Regierung ein “Sturz”. Immerhin, die vom bulgarischen Präsidenten, der wiederum “pro-russisch” sein soll, daraufhin eingesetzte amtsführende Regierung könnte auch nach der Wahl am Sonntag einfach weiter regieren, selbst wenn sie neulich noch auf einen neuen, langfristigen Vertrag mit Gazprom verzichtet hat, weswegen einige Bulgaren nicht nur frieren werden im Winter, sondern es wahrscheinlich auch nur “Die Wahl vor der Wahl” sein wird, was wiederum daran liegt, dass mit einem Patt als Wahlausgang gerechnet wird. Ein Grund dafür ist die Wahlmüdigkeit der Bulgaren, die zwar nicht schön, aber immer noch besser als die Kriegsmüdigkeit der Deutschen ist. Weitere Gründe stehen in meinem Artikel in der “Epoch Times”, der gerade online gestellt wurde, und der morgen auch in der Printausgabe erscheint.
Die gestrige Veranstaltung mit David Engels in Sofia war mit 50 Menschen, darunter viele junge, die auch deutsch sprachen, gut besucht. Dass sie deutsch sprachen, lag daran, dass sie einige Zeit in Deutschland oder Österreich gelebt haben, manche viele Jahre, bevor sie aktuell nach Bulgarien zurückgekehrt sind. Das Leben in den beiden deutschsprachigen Ländern war ihnen unerträglich geworden, so wie mir mein Leben in Berlin unerträglich geworden ist, weswegen sie in ihre alte Heimat zurückgekehrt sind. Einer von ihnen hatte sogar meinen ersten Artikel “Bulgarien – die große Freiheit” gelesen. Da war er gerade einen Monat zurück gewesen, nachdem er 13 Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet hat. Eine Rückkehr nach Bulgarien war nicht geplant gewesen, aber er hat keinen anderen Ausweg für sich gesehen. Mein Beitrag hätte ihm aus dem Herzen gesprochen, sagte er mir, was ein tolles Kompliment für mich war. So wie er waren auch viele andere der Meinung, Deutschland und Österreich besser zu verstehen, als die meisten Deutschen und die Österreicher selbst, und das ist auch meine Einschätzung. Beide, sowohl der Deutsche als auch der Österreicher, sind so sehr mit ihrer Angst, ihrer Kontrollillusion und der sich daraus ergebenen Depression beschäftigt, dass sie den Blick für das Große und Ganze verloren haben. Vor allem ist es die Angst vor Veränderungen, obwohl sie doch gerade das Wichtigste im Leben sind, und dem Verlassen ihrer Komfortzone, was als nächsten ansteht. So denken nicht nur die meisten Bulgaren und ich, sondern auch der aus Belgien stammende Historiker David Engels, der sich schon 2018 nach Polen in Sicherheit gebracht hat, und um dessen beiden Bücher “Was tun?” und “Renovatio Europae” es ging. Beide sind gerade ins Bulgarische übersetzt worden und verkaufen sich nach Angaben des Verlegers, der gestern ebenfalls anwesend war, ausgesprochen gut. Gestern hatte praktisch jeder Besucher der Veranstaltung eins von beiden unterm Arm, viele auch beide. Anfang Oktober wird “Angstgesellschaft” von Hans-Joachim Maaz auf Bulgarisch erscheinen, ich habe gestern schon das Cover gesehen. Ich bin gespannt, wie dieses Buch ankommt, und ob Hans-Joachim Maaz auch nach Bulgarien kommt und Fragen seiner Leser beantwortet. Ob eine solche Lesung an einem so zentralen Ort wie in Sofia beispielsweise auch in Berlin möglich wäre, war eine von vielen Fragen, die gestern gestellt wurde. Ich glaube, eher nicht. Wenn einer meiner Leser es besser weiß, möge er sich bitte melden. Vielen Dank!
Foto&Text TaxiBerlin
Als ich noch Taxi gefahren bin in Berlin, lag das Geld auf der Straße und auch die ein oder andere leere Flasche auf zwei Beinen, die ich aufgesammelt habe. In Bulgarien liegt das Geld definitiv nicht auf der Straße, dafür aber Weintrauben. Nicht nur viele Häuser sind verlassen, es soll in Bulgarien 592 Dörfer geben, die ganz verlassen sind oder nur noch einen Einwohner haben, sondern es gibt dort oft auch Wein, dessen Lese jetzt ansteht. Meine Trauben sind vom Nachgrundstück, auf dem das Haus gerade zusammenfällt. Es ist nicht mehr zu retten, dafür aber der Wein, der wie wild wächst und immer noch Trauben trägt, obwohl es viele Jahre her ist, dass sich jemand um ihn gekümmert hat. Ich habe Traubensaft aus des Nachbarn Wein gemacht, was eine Heidenarbeit war, die sich aber gelohnt hat. Die drei Liter Traubenwein schmecken wie aus einer anderen Welt. So etwas kann man nicht kaufen, mit keinem Geld der Welt. Ich trinke ihn aus kleinen Schnapsgläsern, so gehaltvoll ist er. Was das Nachbargrundstück angeht, so kann man offiziell nichts machen, weil die Erben auf der ganzen Welt verstreut sind und es auch keine gültigen Dokumente gibt, um es zu besitzen. Ich weiß das von meinem Bürgermeister, der meint, ich solle es einfach benutzen und mich um den Wein kümmern, für das Haus ist es bereits zu spät, und genau das habe ich als halber Deutscher gemacht. – Ich habe getan, was mein Bürgermeister mir gesagt hat.
Foto&Text TaxiBerlin
Eigentlich wollte ich morgen nach Sofia fahren, aber jetzt lese ist, was Juli Zeh über Städter sagt, und zwar dass ihre Überheblichkeit ein absoluter Fehler ist. Ich kann das bestätigen, sie ging mir in Berlin schon lange auf die Nerven, und auch in Sofia findet man diese Überheblichkeit. Trotzdem werde ich wohl in die bulgarische Hauptstadt fahren, denn David Engels wird morgen dort darüber reden, wie man unter den Bedingungen der beispiellosen wirtschaftlichen, politischen und nicht zuletzt der Wertekrise überlebt. Heute diskutiert er dieses Thema bereits mit seinen Zuhörern in Plovdiv, der zweitgrößten Stadt Bulgariens. Wie in Plovdiv, so findet auch in Sofia die Veranstaltung an einem zentralen Ort statt, und zwar im Konferenzsaal Nr. 1 des antiken Komplexes Serdika, wie die Römer die bulgarische Hauptstadt nannten. Dieser Ausgrabungskomplex befindet sich genau unter der Glaskuppel, die auf obigem Bild zu sehen ist. Der belgische Historiker David Engels, der auch deutsch spricht, weswegen die Veranstaltung zuallererst in deutsch stattfindet, ist dafür extra aus Polen angereist, wo er sich in Sicherheit gebracht hat, so wie ich mich in Bulgarien in Sicherheit gebracht habe. Ob er dort in der Stadt oder auf dem Dorf wohnt, ist nicht bekannt. Es wäre eine Frage, die man ihm stellen könnte. Mir persönlich ist sie nicht so wichtig. Denn mir ist schon lange klar, dass nicht nur die Überheblichkeit der Städter ein großer Fehler ist, sondern dass diese auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass die Anzahl der ernsthaft psychisch Kranken in den Städten der auf dem Land um ein Vielfaches übersteigt.
Foto&Text TaxiBerlin
Waffen sind gerade im Angebot, nicht nur bei Uncle Sam aus Amerika. In Bulgarien gibt’s zur guten alten AK-74 die Handgranate gratis dazu. In Deutschland werde die Schreie nach neuen schweren Waffen für die Ukraine immer lauter. Ausgerechnet der Deutsche, der nicht mal weiß, was schwere Waffen sind! Der letzte Krieg und mit ihm “Nie wieder Krieg!” liegt lange zurück – für viele zu lange. Sie wollen’s wieder wissen, wie Krieg sich anfühlt, diese Kriegstreiber. Doch, nur wer bereit ist, selber in den Krieg zu ziehen, darf Waffen für andere fordern. Alles andere sind Maulhelden. Deutschland ist voll von ihnen, diesen Maulhelden. Noch nie selbst eine Waffe in der Hand gehabt, aber anderen eine Waffe in die Hand drücken wollen. Nimm vorher wenigsten eine Kalaschnikow aus Plastik in die Hand, du dummer Deutscher. Und vergiss nicht, das passende T-Shirt dazu anzuziehen.