Bericht aus Bulgarien (485) – “Der Himmel über Bulgarien”

Heute Nachmittag

Der Himmel über Bulgarien erinnert mich mehr an den Himmel in Kalifornien als an den Himmel über Berlin. “Der Himmel über Berlin” von Wim Wenders habe ich ehrlich gesagt nie verstanden, was ich jetzt besser verstehe, weil ich nun auch Berlin nicht mehr verstehe. Dass ich den Himmel über Bulgarien so sehr mag, liegt an den Wolken, aber auch an den vielen Sonnenstunden. Für sie, also ihre Zahl, interessiere ich mich schon seit einiger Zeit und gerade habe ich folgendes herausgefunden: 2.263 Sonnenstunden im Jahr in Bulgarien stehen nur 1.716 in Deutschland gegenüber. Das ist fast ein Drittel mehr an Sonne in Bulgarien. Ich war also gar nicht so verkehrt, als ich neulich bei einem Gespräch mit einem Freund in Deutschland behauptete, dass uns hier die Sonne aus dem Arsch scheinen würde.

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Bericht aus Bulgarien (484) – “Balkanische Ordnung”

Arrangement im Kellerfenster

Auf dem Balkan herrscht Ordnung, wenngleich eine etwas andere als in Deutschland. Es stimmt wirklich, dass die Bulgaren die Preussen des Balkans sind. Hier wird zum Beispiel das Fressen und Trinkwasser einer Katze bewacht, die auf der Straße lebt. Ihr zuhause ist leicht erreichbar für sie im Kellerfenster arrangiert. Der Bewacher ist ein kleines Plüschtier. Aber nicht irgendeins, sondern ein Hund.

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Bericht aus Bulgarien (483) – “Illegale Migranten”

Auffälliges Fahrzeug mit Mann am Steuer

Erfahre gerade, dass es immer noch “illegale Migranten” geben soll, was mich ehrlich gesagt etwas überrascht. Ich hatte gedacht, dass es seit dem “Migrationspakt” keine illegale Migration mehr gibt, denn der Pakt “erkennt Migration als universelles Phänomen transnationaler Natur an”. Vielleicht gibt es auch nur in Bulgarien noch “illegale Migranten”, von denen aber kaum einer im ärmsten Land der EU bleiben möchte. Oder vielleicht gerade deswegen? Jedenfalls werden zwischen 2.000 und 3.000 Euro aufgerufen, um einen “illegalen Migranten” von der Türkei über Bulgarien nach Serbien zu bringen. Das weiß das staatliche bulgarische Nationalradio zu berichten. Und weiter, dass die Zahlung erfolgt, nachdem der Hauptorganisator auf türkischer Seite bestätigt, dass es die “illegalen Migranten” nach Serbien geschafft haben. Darüber hinaus erfahre ich, dass es auch einen so genannten VIP-Service für kleinere Gruppen von fünf oder sechs “illegale Migranten” gibt, wo allerdings bis zu 10.000 Euro pro Nase fällig werden. Interessant auch dieser Hinweis: Um keinen Verdacht zu erregen, werden die “illegalen Migranten” jetzt in Autos befördert, die von Frauen gefahren werden.

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Bericht aus Bulgarien (482) – “Samo Lewski”

Namenloser Flughafen in Sofia / Bulgarien

Der internationale Flughafen von Sofia, der verkehrsreichste des Landes, ist noch ohne Namen. Nun wurde erneut vorgeschlagen, ihn “Wassil Lewski” zu nennen, und zwar durch den Vorsitzenden der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften (BAN), Julian Rewalski. Es gibt bereits einen bekannten Fußballverein in der Stadt, der nach “Wassil Lewski” benannt ist, und der einfach nur “Lewski” heißt, so wie “Bayern München” auch einfach nur “Bayern” genannt wird. Früher, also zu sozialistischen Zeiten, haben sich die Menschen meist nur mit “samo Lewski” begrüßt, was “nur Lewski” bedeutet. Man kann sich das so vorstellen, wie wenn jemand “Eisern” sagt. Die allermeisten wissen dann, dass von “Union Berlin” die Rede ist. Einige DDR-Touristen wussten das damals, als sie in Bulgarien waren, nicht. Sie dachten, “samo Lewski” hieße “Guten Tag”, einfach weil jeder es gesagt hat. Die wunderten sich dann irgendwann, dass “Guten Tag” ganz anders heißt, nämlich “dobir den”. Was nun den Flughafen in Sofia angeht, so ist noch nichts entschieden. Immerhin steht er bereits und ist auch schon einige Jahre in Betrieb.

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Bericht aus Bulgarien (481) – “Ich Lewski”

Alle sind Lewski

Im staatlichen bulgarische Nationalradio ist gerade “Ich bin Lewski” Woche. Der Hintergrund ist, dass sich der Tag, an dem Wassil Lewski von den Türken gehängt wurde, gestern zum 150sten Mal jährte. Wassil Lewski hat sich dafür eingesetzt, dass Bulgarien eigenständig wird, also national unabhängig vom osmanischen Reich, und das – vielleicht das wichtigste – ohne fremde Hilfe, auch ohne russische. Lewski wird eine helle Stimme nachgesagt. Er war Diakon und hat als solcher im Kloster-Chor christliche Lieder gesungen. Darüber hinaus soll er blond gewesen sein und blaue Augen gehabt haben. Mein Vater sagte einmal, da war ich noch Kind, ich würde wie Lewski aussehen. Diese Geschichte könnte mein Beitrag zur “Ich bin Lewski” Woche im Radio sein. Vor allem ist es ein Update zu “Ich Iwan”.

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Bericht aus Bulgarien (480) – “Kleine Geschenke”

erhalten die Nachbarschaft

Neulich ist einer meiner Nachbarn, ein älterer Herr von 82, auf unserem Weg ausgerutscht, weil er glatt war, und das direkt vor meinem Wagen, mit dem ich gerade den Berg runtergefahren kam. Ich natürlich sofort raus, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist mit ihm. Er war etwas blass im Gesicht, schien ansonsten aber OK zu sein. Sein Hinterkopf war leicht auf dem Eis aufgeschlagen, aber wirklich nur ganz leicht. Er lag praktisch schon, da ist sein Kopf nach hinten mehr abgeknickt als aufgeschlagen. So habe ich es gesehen, und so bestätigte er es auch. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob er sie wirklich alle beieinander hat, denn als nächstes suchte er nach Geld in seinen Taschen. Mit dem Geld wollte er die Brote bezahlen, die man ihm brachte. Ein anderer Mann, der mit seinem Kleintransporter an der Ecke keine 50 Meter entfernt stand und auf meinen Nachbarn wartete, damit er seine Brote abhole, brachte sie ihm nun. Es waren mehr als zehn Weißbrote, was in Bulgarien nicht unüblich ist. Normal ist auch, dass man selbst nach einem Unfall an die banalsten Dinge denkt, die erledigt werden müssen. Mittlerweile war der alte Mann mit meiner Hilfe aufgestanden. Zusammen mit seinen Broten brachte ich ihn zu seinem Haus. Er war etwas wacklig auf den Beinen, schien aber ansonsten OK zu sein. Ich gab ihm meine Nummer, damit er oder seine Frau mich anrufen kann, wenn etwas sein sollte. Später am Tag sah ich ihn im Dorf, und zwar putzmunter. Unkraut vergeht eben nicht, dachte ich bei mir. Gestern nun wartete er mit einem kleinen Karton an seinem Zaun auf mich. In dem Karton Rotwein, Erdbeeren und eine Konfitüre, alles selbstgemacht. Dazu Walnüsse aus seinem Garten. Alles sei wieder gut. Der Karton ein kleines Dankeschön. Dass ich ihm meine bulg. Nummer gegeben habe, freute ihn ganz besonders. Auch wenn er den Deutschen nicht angerufen hat. Und ich freue mich, dass mein Nachbar wieder auf dem Posten ist.
PS: Den Wein vom Nachbarn werde ich an meinen englischen Freund Jerry, der am liebsten Deutscher wäre, weiter verschenken. Ich bin bekanntlich weg vom Stoff.

 

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Bericht aus Bulgarien (479) – “Ich Iwan”

Himmel hinter Walnuss

Gerade überlege ich eine neue Eigenbezeichnung, da kommt mir dieser spektakuläre Abendhimmel hinter meinem Walnussbaum sozusagen in die Quere. Wie man sieht, sind einige Äste abgeknickt, die ich irgendwann mal “ausästen” müsste. “Ausästen” ist der Fachbegriff für das Beschneiden von Bäumen. Aber was ist nun der richtige Fachbegriff für mich? Meiner Meinung nach, sollte unbedingt “umstritten” enthalten sein. “Umstrittener Putinversteher” bietet sich an. So dachte ich. Mittlerweile kommt mir “umstrittener Putinversteher” nicht nur als zu lang, sondern vor allem als zu komplex vor. Da der Russe früher “der Iwan” genannt wurde, kam mir “ich bin der Iwan” in den Sinn. Auch das zu lang und zu komplex. Plötzlich fiel mir “ich Iwan” ein, was mir gut gefällt. “Ich Iwan” ist nicht zu toppen.

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