Foto&Text TaxiBerlin
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Hier drei von den vier Gastarbeitern aus Deutschland, die gerade in meiner Hütte schaffen. Die drei im Flur, darunter eine Frau, sind Handwerker. Die vierte Gastarbeiterin schafft in der Küche. Ich schreibe schaffen, weil die vier aus Süddeutschland sind und sich selbst dieses Wortes bedienen. Als Berliner würde ich sonst ganz normal arbeiten sagen, oder besser schwarz arbeiten. Die vier möchten nicht vom deutschen Zoll erkannt werden, deswegen durfte ich sie nur von hinten fotografieren. Mir wäre es egal gewesen, die vier sind sowieso nur Gastarbeiter auf Probe. Gastarbeiter auf Probe bekommen in Bulgarien kein Geld, sondern nur Unterkunft und Verpflegung. Die nächsten Gastarbeiter auf Probe aus Deutschland haben sich bereits für nächste Woche angemeldet. Dass es jetzt Schlag auf Schlag geht mit den Gastarbeitern aus Deutschland liegt daran, dass sich immer mehr Menschen Deutschland nicht mehr leisten können. Wie lange ich noch das Warmwasser in der Dusche und das Holz in meinem Ofen bezahlen kann, darüber denke ich heute nicht nach. Auch weil ich weiß, dass es in Bulgarien immer eine Lösung gibt – für alles. Was das Holz angeht, so ist die beim Bürgermeister bestellte Lieferung bis heute nicht angekommen bei mir. Ich rechne aber noch im Oktober mit ihr, denn am 29. sind Kommunalwahlen in Bulgarien und mein Bürgermeister möchte, dass ich ihn wähle. Übrigens: Nicht nur der deutsche Zoll weiß nichts von meinen Gastarbeitern, sondern auch mein bulgarischer Bürgermeister. Auch in Bulgarien gilt: Der Bürgermeister muss nicht alles wissen. Andersherum gilt das, was mein englischer Freund Jerry immer sagt: Don’t trust the mayor!
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Gestern war ich zum ersten Mal im Chitalishte (читалище) des Nachbarorts, um mir “Barby” angesehen. Ein Chitalishte ist ein Gemeindezentrum, welches man am ehesten mit einem (Kreis-)Kulturhaus in der DDR vergleichen kann, mit einem Unterschied: Ein Chitalishte in Bulgarien verfügte früher in aller Regel auch über eine Ausleihbibliothek. Im Chitalishte meines Nachbarorts gibt es einen großen Kinosaal mit zwar neuen, allerdings unbequemen Sitzen und wenig Beinfreiheit. Im Foyer warteten neben meinem Schriftstellerkollegen aus Deutschland und mir noch knapp 30 angehende Barbys, die sich ebenso wie wir den Neuesten heißen Scheiß aus Amerika ansehen wollten. Der Eintritt kostete neun Lewa (4,50€), was für die bulgarische Provinz ganz ordentlich ist. Dafür konnte man im Foyer kostenlos Fotos machen im Barby-Fenster (oben) und auch mit einem femininen bzw. weiblichen Tod (unten). Der Film “Barby” beginnt in Barbyland, in dem die Frauen an der Macht und die Männer Witzfiguren sind. Obwohl alles so schön sein könnte, ist irgendetwas nicht in Ordnung, weswegen Barby sich aufmacht in die reale Welt und ins richtige Leben. Zurück in Barbyland ist sie mit dem “richtigen Leben” konfrontiert, denn die Männer haben dort die Macht übernommen. Was ist zu tun, fragt sich daraufhin Barby und mit ihr alle Barbys im Barbyland, wo alle weiblichen Wesen Barby und alle männlichen Ken heißen. Andere Geschlechter gibt es im Barbyland nicht, wobei weibliches und auch männliches Geschlecht nicht ganz richtig ist. Denn Barby hat keine Vagina und Ken keinen Penis (und somit auch keine Eier – Anmerkung des Autors), was wir erwachsene Autoren und mit uns alle angehenden Barbys der Region im Alter zwischen drei und dreizehn Jahren zuvor aus dem Munde von Barby erfahren haben. Der Plan der Barbys zur Rückeroberung ihrer Macht in Barbyland ist perfide. Die ihrer Meinung nach gebrainwashten Kens sollen rück-gebrainwashed werden. Dazu nimmt sich jede Barby einen Ken und verspricht diesem mit ihm zusammensein zu wollen, was aber eine Lüge ist. Die Barbys sagen das nur, um die Männer gegeneinander aufzuhetzen, damit diese in den Krieg ziehen, ebenfalls gegeneinander – gegen wen denn sonst?! (Parallelen zu aktuellen Kriegen sind rein zufällig – noch eine Anmerkung des Autors) Der Plan geht auf, während die Kens sich bekriegen, sind die Barbys zurück an der Macht. Nun erfolgt ein Tribunal über die Schlechtigkeit Kens (der ja nur schlecht war, weil die Barbys dies so wollten – eine letzte Anmerkung des Autors), in dessen Folge Ken die Auflage bekommt herauszufinden, wer er wirklich ist. Barby muss dies nicht, oder zumindest nicht offiziell. Offiziell verabschiedet sie sich aus Barbyland, um in die richtige Welt zurückzukehren. Um nun für sich herauszufinden, wer sie selber ist, geht sie dort als erstes zum Gynäkologen, also zum Frauenarzt. Damit endet der Film, sowohl für die beiden erwachsenen Autoren aus Deutschland, als auch für alle angehenden Barbys im Alter zwischen drei und dreizehn Jahren der Region.
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