Zurück in Bulgarien (107) – “Im Tal der Esel” (5)

Die langen Ohren sind, wenn man so will, ein Markenzeichen der Esel. Es ist aber nicht ihr einziges. Nicht vor Problemen wegzurennen, sondern vieles auszuhalten, sind weitere. Der Mensch hat keine so großen Ohren wie der Esel. Vielleicht fällt es ihm deswegen so schwer, anderen Menschen einfach mal zuzuhören. Ist jetzt nur eine Vermutung von mir, die sich allerdings mit meiner Erfahrung im Taxi deckt. Ich habe Jahre gebraucht, um anderen Menschen einfach mal zuzuhören. Zuhören hört sich leichter an als getan. Es ist das Einfache, das so schwer zu machen ist.

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Zurück in Bulgarien (106) – “Im Tal der Esel” (4)

Das ist der Esel Philip, der Anfang das Jahres aus dem Dorf Gaytaninovo an der Grenze zu Griechenland ins Tal der Esel gekommen ist. Philip ist 20 Jahre alt, und er ist das, was man einen Einzelgänger nennt. Philip hieß nicht immer Philip. Die meisten Esel in Bulgarien werden von ihren Besitzern Marko genannt. Ein bekannter bulgarischer Witz besagt, dass nicht alle Esel Marko heißen würden. Philip ist der lebende Beweis dafür. Philip ist ein Wunschname. Die Frau eines Berliner Bekannten von meiner Frau und mir, er ist mittlerweile verstorben, hat sich gewünscht, dass ein Esel im Tal der Esel nach ihm benannt wird. Ich nutze die Gelegenheit auch noch etwas über das Dorf zu berichten, aus dem Philip ursprünglich kam. Es heißt wie gesagt Gaytaninovo. Der Name leitet sich vom Wort Gaida ab, dem bulgarischen Dudelsack. Glaubt man Wikipedia, hat sich die Einwohnerzahl im Dorf Gaytaninovo in den vergangenen 90 Jahren so entwickelt:
1934 – 810
1946 – 900
1956 – 623
1965 – 546
1975 – 349
1985 – 214
1992 – 216
2001 – 124
2011 – 75
2018 – 46
Der von mir öfters erwähnte Exodus sowohl der Menschen, als auch der Esel, findet also nicht nur in meiner Region, dem Nordwesten Bulgariens und ärmsten Region des Landes und der EU, statt. Denn das Dorf Gaytaninovo befindet sich im Süden, der, auch das erwähnte ich bereits, bekanntlich eine andere Energie hat. Seit 2018 dürften noch einmal Menschen und auch Esel das Dorf Gaytaninovo verlassen haben oder verstorben sein. So wie Philip verstorben ist, der Bekannte aus Berlin, nach dem der Esel aus dem Dorf Gaytaninovo benannt ist. Auch Du kannst einen Esel im Tal der Esel nach Dir benennen lassen. Du musst dazu nicht verstorben sein. Nach mir wurde auch schon einmal ein Esel im Tal der Esel benannt, der allerdings bereits verstorben ist. Das kann natürlich auch passieren. Wenn Du trotzdem möchtest, dass ein Esel im Tal der Esel nach Dir benannt wird, kannst du mir gerne eine e-mail an rumen(ät)milkow.info schreiben. Du kannst das Tal der Esel auch mit einer Spende unterstützen oder eine Patenschaft übernehmen.
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Zurück in Bulgarien (105) – “Im Tal der Esel” (3)

Das ist meine Freundin und Fotografin Miroljuba. Miroljuba kommt aus Sofia und kennt das Tal der Esel länger als ich. Das Tal der Esel wurde von einem Deutschen oder Schweizer, ich vergesse das immer, namens Stephan ins Leben gerufen. Das ist jetzt einige Jahre her. Auch die genauen Daten behalte ich nicht. Was ich weiß, ist, dass Stephan vor einiger Zeit verstorben ist. Und außerdem, dass das Tal der Esel bis heute mit Spenden aus der Schweiz finanziert wird. Eigentlich, ich erwähnte das schon mal, wollte man gar nichts stationäres aufbauen, sondern die Menschen vor Ort schulen, wie sie ihre Esel behandeln sollen. Dieses Wissen war mit den Jahren verloren gegangen. Früher, zu sozialistischen Zeiten, als jede Familie einen Esel hatte, wurde das Wissen von Generation zu Generation weiter gegeben. Heute wird kaum noch etwas auf diesem Wege vermittelt, gibt es dieses Wissen praktisch nicht mehr, sowohl in Deutschland als auch in Bulgarien. Genauso wie Esel. Die gibt es auch kaum noch, selbst in Bulgarien. Aber auch hier spielt die bereits erwähnte andere Energie, die der Süden Bulgariens hat, eine Rolle. Während der Norden Bulgariens mehr oder weniger entvölkert ist, sowohl von Menschen als auch von Tieren, treiben sich im Süden noch ein paar Exemplare von ihnen herum, inklusive Eseln. Miroljuba und ich dokumentieren, wenn man so will, die letzten von ihnen.

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Zurück in Bulgarien (104) – “Im Tal der Esel” (2)

Elvis (Mitte) und Herkules
Wie gehabt mache ich im Tal der Esel viele Fotos. Es gibt kaum einen anderen Ort in Bulgarien, an dem es so viele Esel gibt. Ich bin damit nicht alleine. Auch andere Fotografen kommen hier her, um Esel zu fotografieren. Gerade ist eine Kollegin aus Sofia hier, mit der ich befreundet bin. In der Szene der Esel-Verrückten und Esel-Narren kennt man sich. Einen Unterschied gibt es zwischen der Kollegin und mir. Ich fotografiere seit einiger Zeit vorzugsweise mit dem Smartphone. Ich wollte nie ein Smartphone haben, und jetzt fotografiere ich damit. Das Smartphone ist übrigens ein Geschenk. Ganz genau habe ich zwei Smartphones geschenkt bekommen. Die brauche ich, weil ich auch eine bulgarische Nummer habe und zumindest in dem einen Smartphone nur Platz für eine SIM-Karte ist. Dafür macht dieses Smartphone ganz tolle Bilder. Beispielsweise obiges von dem Esel Elvis (Mitte) und Herkules. Das sagt auch meine Kollegin aus Sofia, die mit einer richtigen Kamera fotografiert, aber auch schon digital. Sie hat auch die Fotos auf meine Homepage mit Herkules gemacht. Das war ziemlich genau vor einem Jahr und auch hier im Tal der Esel. Herkules ist mein Favorit – und ich bin seiner. Dass sich Elvis so in den Mittelpunkt drängt, hat Herkules gar nicht gepasst. Aber Herkules ist ein weiser Esel, der demütig geworden ist. Hauptsache er ist überhaupt auf dem Foto, und er kann sich an mich rankuscheln – das wichtigste. Das hat er auch im letzten Jahr gemacht. Man sieht das auf den Bildern, die die Kollegin von uns gemacht hat. Herkules war nicht immer so ein Kuschel-Esel – im Gegenteil. Als er ins Tal der Esel kam, war er ein richtiger Troublemaker, der mit allem und jedem Streit gesucht hat. Sowohl mit den Eseln, als auch mit den Menschen. Er hat sich, wenn man so will, um 180 Grad gedreht. Und das, obwohl er von seinem früheren Besitzer nicht gut behandelt wurde, weswegen er immer nur Ärger gemacht hat. Und das können wir Menschen auch. Auch wenn uns unsere Eltern, unsere Erzieher, unsere Lehrer, unsere Chefs und selbst unsere Politiker schlecht behandeln, beispielsweise indem sie uns permanent Angst machen, müssen wir nicht automatisch böse Menschen werden. Im Normalfall ist das so, dass der Mensch dann krank oder böse wird. Wie gesagt: Das muss nicht sein. Herkules ist ein Beispiel dafür. – Und ich, der ich viel von Herkules lerne, vielleicht auch bald.
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Zurück in Bulgarien (103) – “Im Tal der Esel” (1)

Wie in der Vergangenheit, so wurde ich auch diesmal als erstes von den kranken, behandlungsbedürftigen Eseln im Tal der Esel begrüßt. Das liegt daran, dass sich der kleine Stall, zu der auch eine eigene, kleine Behandlungseinheit gehört, in unmittelbarer Nähe des Eingangs befindet. In dem Bereich werden auch Neuankömmlinge ins Tal der Esel aufgenommen. Heute beispielsweise wird ein neuer, alter Esel aus einem etwa 30 Kilometer entfernten Dorf abgeholt. Leider kann ich nicht mitfahren, da ich ab heute wieder Radio mache. Keine große Sache, “nur” eine Art neues Info-Radio. Letztes Jahr haben wir schon einmal einen Esel aus demselben Dorf geholt. Damals war ich dabei und musste einmal mehr feststellen, dass Süd-Bulgarien eine andere Energie hat als der Norden, insbesondere als der Nord-Westen, der ärmsten Region, wo ich sonst zuhause bin. Hier herrscht noch Leben, während in den Dörfern im Norden tote Hose ist. Viele sind dort das, wozu man in Amerika “Ghost Towns” sagt. In Nord-Bulgarien kann man sie ganz umsonst besuchen. Meist sieht man noch ein paar Menschen, die sich fortbewegen wie die Esel in der Behandlungseinheit gleich am Eingang zum Tal.

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Zurück in Bulgarien (102) – “Weiße Bohnen”

Auf meinem Weg ins Tal der Esel habe ich an einer Kantine halt gemacht, wo ich weiße Bohnen, eine halbe Wurst mit einem halben Brötchen gegessen habe. Dazu gab es eine Cola. Da die Kantine bereits in Südbulgarien war, war das Essen um einiges besser als bei mir im Nordwesten, der ärmsten Region des Landes und des Kontinents. Ein Grund, warum ich dort zur Eigenversorgung übergegangen bin – vielleicht der wichtigste. Die halbe Wurst hatte man vorher auf dem Grill angebraten. Die weißen Bohnen waren etwas neutral, was aber OK war. Den Geschmack hatte die Wurst, eine Art Schinkenwurst. Gekostet haben die typisch bulgarischen weißen Bohnen mit der Wurst und dem halben Brötchen 4,30 Lewa (2,15 Euro) und die 0,5 Cola 2 Lewa (1 Euro), also insgesamt 6,30 Lewa (3,15 Euro).
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Zurück in Bulgarien (101) – “Das Tal der Esel”

Heute fahre ich ins Tal der Esel in Südbulgarien, wo obige Aufnahme entstanden ist. Mein Freund Konstantin, der als Tierarzt die Esel dort betreut, hat mich eingeladen. Konstantin habe ich vor einigen Jahren kennengelernt, als ich zusammen mit meiner Frau (oben) und ihrer Mutter spontan das Tal besucht habe. Meine Schwiegermutter, sie ist im Sommer verstorben, war ein offener und spontaner Typ, die in ihrem Leben viele Menschen kennengelernt hat. Möglicherweise hätte sich ohne sie der Kontakt zu Konstantin nicht ergeben, der heute ein guter Freund von mir und meiner Frau ist. Das Tal der Esel wurde vor vielen Jahren ins Leben gerufen, weil man verhindern wollte, dass Esel über die nahe Grenze nach Griechenland gebracht werden, um sie dort oder in Italien zu Fleisch und Wurst zu verarbeiten. Es sollte ursprünglich kein stationäres Eselasyl werden, sondern eine mobile Beratung für Einwohner mit Esel. Da diese die Ausfuhr von Esel nicht reduzierte, entschied man sich für ein Eselasyl, das heute 60 Bewohner hat. Das Tal der Esel ist, wenn man so will, ein Altersheim für Esel. Als ich das meinem Bürgermeister erzählte, meinte der, dass ein Altersheim für Menschen auch keine schlechte Idee wäre. Das gibt es in Bulgarien nicht. Wie auch, wenn der Altersdurchschnitt der bulgarischen Krankenschwestern bei 58 Jahren liegt, weil die jungen alle im Ausland sind. Wer Geld hat, findet natürlich auch in Bulgarien eine Krankenschwester oder macht ganz und gar sein eigenes Altersheim auf. Das Tal der Esel wird übrigens von der Schweizer Stiftung “Tierärzte im Einsatz” finanziert. Notfalls müsste man mal da, also in der Schweiz, nachfragen.

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Zurück in Bulgarien (100) – “Haltung und Handwerk”

Ein weiterer Grund in der Ferne mit dem Kopf zu schütteln, ist die Verleihung des “Blauen Panthers” (ab 7:40) Mitte Oktober an Dunja Hayali durch den bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der ganz alleine die Entscheidung getroffen hat. Seine Entscheidung (ab 8:15) begründet er so: “Es ist tatsächlich so: Ich habe mich mit mir beraten, weil ich bin ja sozusagen die Einzeljury und ich wollte die Auszeichnung machen, die ein Statement ist. In dieser zerfasernden und zerklüfteten Demokratie, ist es so wichtig, dass Menschen Haltung zeigen.” Die Preisträgerin verbindet nach Meinung von Markus Söder die richtige Haltung mit professionellem Handwerk, weil sie auf Demonstrationen war und sich dort mit den Menschen unterhalten? oder doch mehr Haltung gezeigt hat? – Dass man auf Demonstrationen geht, will man über sie berichten (bei den meisten Berichten insbesondere in Deutschland hatte man den Eindruck, sie wurden im Homeoffice geschrieben), sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ebenso, dass man sich fragt, was man verkehrt gemacht hat, wenn man vom bayrischen Ministerpräsidenten einen Preis erhält. – Nicht so Dunja Hayali, die den “Ehren-Preis” artig annimmt.
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Zurück in Bulgarien (099) – “Blick von außen”

Blickt man von außen, in meinem Fall aus Bulgarien, auf Deutschland, kommt man aus dem Kopf schütteln nicht mehr heraus. Ein Beispiel: “Lauterbach ruft jetzt wieder zum Impfen auf” – Keine Schlagzeile vom vergangenen Jahr, sondern aus dem Spiegel von gestern. In Bulgarien ruft niemand zum Impfen auf, sondern zum Frieden, und das von höchster Stelle. Präsident Rumen Radev hat neulich noch den Ukrainischen Präsidenten bei seinem Staatsbesuch in Bulgarien ganz offiziell dazu aufgefordert, nun endlich Friedensverhandlungen mit Russland aufzunehmen. Doch zurück zu Corona. In Bulgarien ist Impfen kein Thema und war es auch nie wirklich. Höchstens in dem Sinne, dass sich die Menschen gefragt haben, wo man sich die so genannte Impfung kaufen kann. Bill Gates soll die Zeit genutzt und seine Corona-Impfstoff-Aktien abgestoßen haben. Deutschland scheint einmal mehr das Land der Ewiggestrigen zu sein. Aufarbeitung der Corona-Zeit? Leider Fehlanzeige! Man macht einfach weiter. Allen voran Karl Lauterbach – und natürlich der Spiegel.
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