Zeichen der Neuen Zeit

Neulich war ich am Ostbahnhof auf der Suche nach einer Bank, um in Ruhe ein Eis zu essen. Genau war es der Tag meiner Ankunft in Berlin, über den ich morgen schreiben werde. Da es keine Bank gab, setzte ich mich auf eine Treppe in der großen Bahnhofshalle. Dort lag bereits eine Zeitung auf den Stufen, auf der jemand anders vor mir gesessen hatte. Als ein junger Mann von der Reinigung vorbei kam, fragte ich ihn, ob es irgendwo eine Bank geben würde. Er verneinte. Die hätte man abgebaut. Passend zum Land, das auch abbaue. Ein interessanter Vergleich, wie ich finde. Als ich obiges Schild gestern in der Sonnenallee sah, musste ich sogleich an diese Geschichte denken. Und auch daran, was mir viele Freunde und Bekannte oft aus Berlin geschrieben hatten, als ich noch in Bulgarien war. Nämlich dass sie müde, erschöpft und ausgelaugt sind. Jetzt verstehe ich sie besser. Das Phänomen „Sitzen verboten“ kannte ich bisher gar nicht. Ich kann mich an keinen Ort in Bulgarien erinnern, an dem ein solches Verbot galt oder ich ein ähnliches Schild gesehen hätte. Ist ja auch irgendwie unmenschlich, oder? Ich frage mich gerade, ob „Sitzen verboten“ nur ein neuer Trend ist, oder bereits ein Zeichen der Neuen Zeit, die ich verpasst habe. Immerhin – jetzt verstehe ich besser, warum die Menschen in Berlin so müde, erschöpft und ausgelaugt sind.

Ich als Denker

Als jemand, der viel denkt, interessiert mich an erster Stelle, was ich heute wieder denken soll. Diese Tätigkeit nimmt seit einiger Zeit immer mehr Raum in Anspruch, einfach weil es zu viele Dinge gibt, die ich besser nicht denke, und täglich werden es mehr. Vor allem darum dreht sich mein Denken, wobei merken es besser trifft als denken. Manchmal werde ich als Denker aber auch direkt angesprochen, in aller Regel von Graffitos, so wie beispielsweise gestern am Bersarinplatz im Friedrichshain (Foto oben). So gesehen kann ich von Glück reden, dass es auch heute schon wieder neue Sachen gibt, die ich besser nicht denken sollte, und die ich mir merken muss.

Ihr schafft das schon

Ich fühle mich in doppelter Hinsicht angesprochen von obigem Aufkleber, der mir gestern Abend beim Spazierengehen ins Auge fiel. Als halber Ausländer frage ich mich, warum die „Almans“ nicht einmal alleine klarkommen. Hat schon mal ein anderes Land ähnliche Aufrufe gestartet? Ich kann mich nicht erinnern. Als halber „Alman“ stelle ich mir dieselbe Frage – nur umgedreht. Warum sollen es mal wieder die Ausländer richten? Ich bin mir sicher, mein Vater als ganzer Ausländer hätte die Aufforderung nicht wirklich verstanden. Mein Vater hatte große Hochachtung vor allem Deutschen. Vermutlich hätte er gesagt: Meine lieben Deutschen, ihr schafft das schon ganz alleine. Vertraut einfach auf eure Kraft, eure Intelligenz und auch auf euren gesunden Menschenverstand.

Voller Erfolg ganz ohne Plan

Zusammen mit meinem Freund und Filmemacher Holger (rechts im Bild) war ich im Juni eine Woche lang in Bulgarien unterwegs. Gemeinsam haben wir deutsche Auswanderer besucht. Holger bewaffnet mit seiner Kamera, ich mit Stift, Notizblock und einem „Plan“. „Plan“ deswegen in Anführungsstrichen, weil er nach deutschen Maßstäben eher kein Plan war. Trotzdem war unser Road Trip ein voller Erfolg – oder vielleicht gerade deswegen. Aber am Besten Du liest selbst.