Bericht aus Bulgarien (200) – “Sieben auf einen Streich”
Komme gerade von der Werkstadt. Mein Bürgermeister hat mich am heutigen Sonntag persönlich hinbegleitet, was hilfreich war, vor allem deshalb, damit ich die Werkstatt auch finde. Denn bei mir auf dem Dorf gibt es keine Öffnungszeiten, hier arbeitet jeder praktisch immer. Die Werkstatt gehört Ivo, der mich immer freundlich mit “Gutten Tack” begrüßt. Jetzt weiß ich, dass Ivo nicht nur etwas Deutsch kann, sondern dass er auch eine eigene Werkstatt hat, dass er Maistor ist. Warum ich kommen würde, wollte er als erstes wissen, das Auto würde noch fahren. Dann fuhr er selbst ein kurzes Stück und hatte sogleich das Problem erkannt. “OK, die Bremsen quietschen und müssen gemacht werden”, als er das sagte, war der Wagen schon angehoben und beide Vorderräder abmontiert. Dann die Manschetten, die sind durch, und noch ein Teil, aber nur rechts, dessen Namen ich nicht weiß, das hat zu viel Spiel und muss erneuert werden. Die Diagnose von Ivo samt Abbau sämtlicher Teile dauerte keine zwanzig Minuten, in der er sich dreimal die Hände gewaschen und alles alleine gemacht hat. Ich fragte ihn, ob er keine Arbeiter hätte. Doch, die vier um ihn herum seien seine Mitarbeiter, aber er arbeite auch noch. Da saß Ivo schon am Computer und bestellte die Teile. Das Teil, dessen Namen ich nicht weiß, ist das teuerste. Das soll 140 Lewa (70 Euro) kosten. Der Rest 110 Lewa (55 Euro), für die Arbeit will er 100 Lewa (50 Euro). Klingt alles ganz OK für mich, aber ich hab’s im Moment nur in Euro. Auch das kein Problem für Ivo, er muss sowieso auf die Teile warten. Die kommen morgen früh, wenn nichts dazwischen kommt, ist der Wagen morgen mittag fertig. Nun hätte mich mein Bürgermeister, der immer noch da war, eigentlich zurück fahren können, aber das Gespräch kam jetzt auf Frauen. Dass meine aus Kalifornien kommt, rief Begeisterung und auch Pfiffe hervor. Ivo hatte ein Foto von ihr gemacht, er saß uns bei der Geburtstagsparty des Bürgermeisters gegenüber, das er jetzt zeigte. Ob ich Frauen aus Kalifornien besorgen könnte, war die nächste Frage. Wieviel denn, fragte ich zurück. Jetzt wurde durchgerechnet, und man kam auf sieben. Für meinen Bürgermeister, Onkel Emil, war auch eine dabei, und für den sympathischen Dicken, er heißt Svetli und ist LKW-Fahrer, der immer lacht, zwei. Also sieben, sagte ich, aber dann brauche ich einen Bus. Der Bus wäre kein Problem, den könnte man im Laufe der Woche klar machen. Ich fand die Idee gut, vor allem weil ich dann ein Ausweichauto habe, falls sich Ivo nicht als der große Maistor entpuppt, als der er mir erscheint. Jetzt muss ich nur noch die Puppen, Verzeihung, die Frauen finden. Amerika ist ein bisschen weit. Außerdem glaube ich, dass es auch Deutsche tun würden. Die Zeit, dass Bulgaren nach Deutschland gegangen sind, ist zwar noch nicht vorbei, aber es machen sich auch immer mehr Deutsche in der Gegenrichtung auf den Weg. Es ist also nicht ganz so abwegig mal anzufragen, wer eventuell auf halber Strecke von mir mit einem Bus abgeholt werden möchte, um sich einmal in den Schluchten des Balkans umzusehen. Wie gesagt, Öffnungszeiten gibt es praktisch keine bei mir auf dem Dorf, darüber hinaus kann ich einen Willkommens-Empfang beim Bürgermeister praktisch garantieren.
Foto&Text TaxiBerlin