Leben in Zeiten von Corona – Heute: “Ein Buch ist zuviel und tausend Bücher sind nicht genug”

 

und jetzt auch direkt an Ihrer Haustür

Mit der Büchersucht ist es wie mit jeder Sucht: Niemals bekommt man genug von seinem Stoff. Bei den Anonymen Alkoholikern, also in AA-Sprech, heißt das so: Ein Glas ist zu viel und tausend nicht genug. Ein Büchersüchtiger, der nicht wie ein nasser Alkoholiker seinen Stoff einfach ausschwitzen oder auspinkeln kann, bekommt zwangsläufig Platzprobleme, selbst wenn er seinen Stoff, also seine Bücher, versucht weiterzuverkaufen. Das sage ich aus eigener Erfahrung, also als von der Büchersucht Betroffener. Auch wenn ich täglich ein oder zwei Bücher verkaufe, sind das immer noch weniger, als ich im Schnitt in der selben Zeit einkaufe. Es ist dieses Wachstumsding, mit dem wir auch im Großen zu tun haben, und was auch den ganzen Müll produziert. Ich habe da, wenn du so willst, nur das nachgemacht, was uns im Großen vorgemacht wird: Wachstum, Wachstum, Wachstum … Im Großen ist es so, dass irgendjemand immer noch seinen Schnitt macht, und wenn es nur am Müll ist. Einige haben regelrechte Vorgaben, bis wann die nächste Million gemacht sein muss, wobei die, die sie machen, nie sagen können, wozu sie diese brauchen. Meist brauchen sie sie nur, um mit ihr in noch kürzerer Zeit die nächste Million zu machen. Das ist, oder besser: war, bei mir nicht anders. Das Antiquariat/Café, mein Tatort, in dem ich bisher meine Bücher eingekauft habe, hat sehr gut an mir verdient. Ich selbst habe mit dem Verkauf von Büchern an erster Stelle die finanziert, die ich für mich behalten habe, also meine eigenen Bücher. Meist blieb darüber hinaus, also unterm Strich, kaum etwas übrig für mich. Das ist die Wahrheit. Es bleibt vor allem dann nichts übrig, wenn man, so wie ich, den Verkauf jedes einzelnen Buches auch mit seinem Wissen vereinbaren möchte. Die allermeisten Bücher sind nicht einfach nur überflüssig, sondern regelrecht schädlich für den Menschen. Das ist leider auch wahr. Normalerweise bin auch ich ein libertärer Mensch, bei dem jeder die Bücher lesen soll, die er will. Meine Toleranz stößt hier allerdings immer mehr an ihre Grenzen, was ich so formulieren möchte: Ich würde mir nicht erlauben, Menschen vorzuschreiben, was sie lesen sollen, wenn andere sie nicht vorher in die Irre geführt hätten. Das ist praktisch auch der Grund, warum ich Bücher weniger nach ihrem Verkaufswert einkaufe, sondern mehr nach ihrem Aufklärungswert, womit ich mir mein Geschäft mit ihnen in gewisser Weise auch selber kaputt mache. Auch das stimmt leider. Dass ich aktuell von einem ebenfalls von der Büchersucht Betroffenen ausgerechnet an dem Ort gemobbt werde, wo wir beide unseren Stoff einkaufen, auch den zum weiterverkaufen, ist kein Zufall, wie ich denke. In Zeiten der Krise ist jeder sich selbst der Nächste, das ist nicht neu. Jede Krise ist aber bekanntlich auch eine Chance, und so versuche ich auch mein aktuelles Mobbing zu sehen. Das ist nicht leicht, wie jeder weiß, der schon mal süchtig war oder es gar immer noch ist. Aber nachdem ich bereits als Taxifahrer trocken bin, wage ich nun den Sprung ins kalte Wasser und trete hiermit meinen Bücherentzug an. Ab sofort begebe ich mich in meine ganz persönliche Bücher-Rehabilitation. Eine Rehabilitation wird kurz auch nur Reha genannt. Amy Winehouse hat einen ganzen Song über ihre Reha gemacht, zu der sie nicht zurück wollte. Ich erwähne Amy Winehouse, weil sie kurz darauf tot war, vermutlich weil sie nicht zurück in ihre Reha wollte. So eine Reha/Rehabilitation ist also eine ernste Sache, bei der man nicht nur Hilfe annehmen soll, sondern auch um sie bitten kann. Deswegen dieser Beitrag. Wer mir bei meiner Buch-Reha, also bei meinem selbstgewählten Bücherentzug, helfen will, der schaut in meinem Bauchladen vorbei. Wenn du ein Buch gefunden hast, das du haben möchtest, dann kannst du es nicht nur bei mir kaufen, sondern ich bringe es dir als Erster Berliner Bücher Bote mit meinem Fahrrad auch persönlich bis an die Haustür, solange dies (noch) möglich ist. Ab sofort biete ich nur noch Bücher an, die ich bereits habe, und die bei mir in allen möglichen Ecken herumstehen und in verschiedenen Schubladen herumliegen. Mit den Büchern eines Büchersüchtigen ist es wie mit dem Alkohol beim Alkoholiker. Bei dem steht der Alkohol auch überall rum, oft sogar versteckt. Ich habe mich für den kalten Bücherentzug entschieden, weil ich an meinem Tatort, wo ich bisher meinen Stoff gefunden habe, aktuell wegen meiner Maskenbefreiung gemobbt werde. Im Moment darf ich noch mit einem Visier dorthin. Das wird sich jetzt mit dem verschärften Lockdown ändern. Ich gehe davon aus, das sich der, der mich da mobbt, erneut über mich beschweren wird, diesmal wegen meinem Visier, das ihn nicht schützen würde usw. Da ich aber mit Maske nicht arbeiten kann, denn Bücher suchen und kaufen ist richtig Arbeit, komme ich dem “High-Noon” dieser “Masken-Soap” einfach zuvor, indem ich gar nicht mehr in mein Antiquariat/Café, meinem Bücher-Tatort, gehe. Damit überlasse ich dem Mobber zwar das Geschäft, aber ihm auch seiner Sucht mit all ihren Nebenwirkungen, wie z.B. immer mehr Platz, den man für seine Bücher braucht und die den eigenen Wohnraum kontinuierlich schrumpfen lässt. Während der ebenfalls von der Büchersucht Betroffene noch an seiner Sucht leidet, befinde ich mich bereits auf dem Weg der Genesung, bei dem du mich wie gesagt unterstützen kannst, indem du ein Buch von mir kaufst, aber ich wiederhole mich, ein sicheres Symptom oder auch Merkmal meiner Abhängigkeit …

Foto&Text TaxiBerlin

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