Leaving Berlin (045)
Mein Favorit bei den aufgegebenen Bahnhöfen Bulgariens ist bis heute dieser hier. Der wurde so stilvoll aufgegeben, regelrecht beispielhaft. Einfach nur zu sagen, der letzte möge das Licht ausmachen, ist ganz nett und auch witzig. Aber die Frage, wie und in welchem Zustand man seinen Laden hinterlassen soll, wird damit nicht beantwortet. Und diese Frage wird mit jedem Tag dringlicher, in Deutschland mehr als in Bulgarien. Bulgarien wurde schon vor vielen Jahren dicht gemacht. Nun geht es auch in der Heimat bergab, und das mit stündlich zunehmendem Tempo. Auch dies keine Überraschung, denn wer hoch steigt, fällt in der Regel tief. Mir ist klar, dass die meisten in der Heimat dies bis heute nicht wahrhaben wollen. Ein Blick von außen kann da sehr hilfreich sein. Nicht nur in Bulgarien schüttelt man die Köpfe über Deutschland. Für viele ist es ein Déjà-vu, wiederholt sich gerade etwas. Denn das hatten wir schon mal, dass am Ende keiner von irgendetwas gewusst haben wollte. Im selben Moment aber ein jeder es schon immer gewusst hatte. Das sollte niemanden verwirren, es sind nur die zwei Seiten ein und derselben Medaille. In dem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich vor wenigen Tagen einen Beitrag mit dem Titel “Sie wollen den totalen Krieg” gelesen habe, der mit einem Zitat von Albert Einstein endet. Bisher kannte ich nur dieses Gedicht von Bertolt Brecht: “Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.” Das Zitat von Albert Einstein hat dasselbe Thema, nur ein anderes Ende: “Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.” – Hatte ich mir bisher vorgestellt, dass Nachgeborene eines Tages verlassene Bahnhöfe wie obigen ausgraben und sich über die Ordnung wundern, stelle ich mir nun vor, wie Fellbekleidete dort mit Stöcken und Steinen kämpfen und dabei Urlaute ausstoßen.
Foto&Text TaxiBerlin