Bericht aus Bulgarien (480) – “Kleine Geschenke”

erhalten die Nachbarschaft

Neulich ist einer meiner Nachbarn, ein älterer Herr von 82, auf unserem Weg ausgerutscht, weil er glatt war, und das direkt vor meinem Wagen, mit dem ich gerade den Berg runtergefahren kam. Ich natürlich sofort raus, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist mit ihm. Er war etwas blass im Gesicht, schien ansonsten aber OK zu sein. Sein Hinterkopf war leicht auf dem Eis aufgeschlagen, aber wirklich nur ganz leicht. Er lag praktisch schon, da ist sein Kopf nach hinten mehr abgeknickt als aufgeschlagen. So habe ich es gesehen, und so bestätigte er es auch. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob er sie wirklich alle beieinander hat, denn als nächstes suchte er nach Geld in seinen Taschen. Mit dem Geld wollte er die Brote bezahlen, die man ihm brachte. Ein anderer Mann, der mit seinem Kleintransporter an der Ecke keine 50 Meter entfernt stand und auf meinen Nachbarn wartete, damit er seine Brote abhole, brachte sie ihm nun. Es waren mehr als zehn Weißbrote, was in Bulgarien nicht unüblich ist. Normal ist auch, dass man selbst nach einem Unfall an die banalsten Dinge denkt, die erledigt werden müssen. Mittlerweile war der alte Mann mit meiner Hilfe aufgestanden. Zusammen mit seinen Broten brachte ich ihn zu seinem Haus. Er war etwas wacklig auf den Beinen, schien aber ansonsten OK zu sein. Ich gab ihm meine Nummer, damit er oder seine Frau mich anrufen kann, wenn etwas sein sollte. Später am Tag sah ich ihn im Dorf, und zwar putzmunter. Unkraut vergeht eben nicht, dachte ich bei mir. Gestern nun wartete er mit einem kleinen Karton an seinem Zaun auf mich. In dem Karton Rotwein, Erdbeeren und eine Konfitüre, alles selbstgemacht. Dazu Walnüsse aus seinem Garten. Alles sei wieder gut. Der Karton ein kleines Dankeschön. Dass ich ihm meine bulg. Nummer gegeben habe, freute ihn ganz besonders. Auch wenn er den Deutschen nicht angerufen hat. Und ich freue mich, dass mein Nachbar wieder auf dem Posten ist.
PS: Den Wein vom Nachbarn werde ich an meinen englischen Freund Jerry, der am liebsten Deutscher wäre, weiter verschenken. Ich bin bekanntlich weg vom Stoff.

 

Foto&Text TaxiBerlin

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