Bericht aus Bulgarien (384) – “Herz der Finsternis”
Bulgarien kann auf die Dauer ganz schön runterziehen, weswegen ich das kleine Land am Rand nicht wirklich empfehlen kann. Nicht nur wegen den traurigen Friedhöfen, die in aller Regel ein Jungle sind, sondern auch wegen der vielen Häuser, die verfallen oder gar schon in sich zusammengefallen sind. Nicht wegen den Menschen, das muss ganz klar gesagt werden, obwohl all dies natürlich etwas mit ihnen macht. Mit ihnen und ihrem Land muss ich mich beschäftigen, weil mein Vater von hier ist. Andererseits ist es in Deutschland, wo ein ganzes Land ungestraft mit dem Finger auf Menschen wie mich zeigen durfte, und was praktisch alle mitgemacht haben, keinesfalls besser – im Gegenteil. Im Gegenteil auch deswegen, weil jetzt die Zeit wäre, dieses Unrecht, das es in dieser extremen, typisch deutschen Form hier* zu keiner Zeit gab, aufzuarbeiten, was aber nicht passiert. Menschen, die gestern noch ungestraft mit dem Finger auf andere gezeigt haben, finden dies heute immer noch richtig und gut, sind zu keiner Entschuldigung bereit. Und sie glauben wirklich, dass ich ihnen das einfach so durchgehen lasse. In diesem Punkt muss ich sie enttäuschen, das tue ich nicht. Denn ich bin mir sicher: “Wenn dies möglich war, ist alles möglich”. Auch wenn ich in Bulgarien wie eingangs beschrieben in gewisser Weise im “Herz der Finsternis” lebe, so ist immer noch Herz dabei. Und das sogar sehr viel, vor allem viel mehr als in der Heimat. Und dieses Herz sagt mir gerade ganz laut: Kein vergeben, kein vergessen, niemals!
* In Bulgarien sind laut offiziellen Zahlen 30 Prozent geimpft. In Wahrheit dürften es nur 20, maximal 25 Prozent sein, denn nicht wenige haben sich die Impfung gekauft. Ginge es nach deutschen Corona-Propheten, müsste die Mehrheit der Bulgaren, mich inklusive, tot sein, was sie aber nicht ist. Sie erfreut in aller Regel aber nicht nur bester Gesundheit, sondern empfindet darüber hinaus echtes Mitgefühl mit der Minderheit, die sich impfen ließ oder lassen musste mit einer Impfung, die diesen Namen nicht verdient, weil sie beispielsweise ihren Job nicht verlieren wollte. Wenn der Arbeitgeber seinen Angestellten nicht verlieren wollte, der sich nicht impfen lassen wollte, dann hat dieser mitunter sogar für die Impfung seines Angestellten bezahlt. Das ist öfters vorgekommen. Es ist also kein Einzelfall.
Foto&Text TaxiBerlin