Bericht aus Bulgarien (357) – „Zensur“

„Zensur“ von Hannes Hofbauer wird demnächst auch auf bulgarisch erscheinen. Mein Freund Martin Petrushev übersetzt es gerade. Zuvor hatte er mir das Buch zum Lesen zu geben, um meine Meinung zu erfahren. Man merkt, dass das Buch in der Schweiz erschienen ist, auch wenn der Autor Österreicher ist. Die Schweizer haben es einfach drauf. Ein Kapitel im Buch habe ich mehrfach gelesen, und zwar das über Ken Jebsen alias Kayvan Soufi-Siavas, der in obigem Video im Gespräch mit Mo Asumang ist. Das Kapitel über Ken Jebsen habe ich nicht nur deswegen mehrfach gelesen, weil es gut geschrieben ist – das ist das gesamt Buch. Ich habe das Kapitel über Ken Jebsen deswegen mehrfach gelesen, weil ich Ken Jebsen gesehen habe, wie er im Frühjahr 2020 auf einer Demonstration auf dem Rosa-Luxemburg-Platz erschien und sogleich von der Polizei verhaftet wurde. Dazu muss man wissen, dass Ken Jebsen damals in Berlin-Mitte um die Ecke wohnte, der Rosa-Luxemburg-Platz sozusagen sein Kiez war. Es war, wenn ich mich recht erinnere, der Spiegel, der seine Wohnanschrift bekannt gab, woraufhin Ken Jebsen und seine Familie bedroht wurden. Da war dann komischerweise keine Polizei da und auch keine woken Berlin-Mitte-Hipster-Gutmenschen. Die fanden die Bedrohung von Ken Jebsen und seiner Familie wahrscheinlich ganz OK. Davon gehe ich aus. Obiges Gespräch, das ich mir genauso anhöre, wie ich mir meine Fahrgäste im Taxi angehört habe, und zwar ohne sie sogleich beurteilen oder gar verurteilen zu müssen, beginnt mit „4G“. Ich hatte noch nie von „4G“ gehört, immer nur von „2G“ und „3G“. „4G“ bedeutet „gesund“. Das bin ich auch. Ich bin aber nicht einfach nur gesund, sondern ich erfreue mich bester Gesundheit. Möglicherweise bin ich gesünder als je zuvor, zumindest fühle ich mich so. Und das, obwohl ich, ginge es nach unserem Gesundheitsminister, längst tot sein müsste.
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Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (356) – „Hinterm Mond leben“

Informationstafel in den Schluchten des Balkans
Man kann nicht nur in den Schluchten des Balkans hinterm Mond leben, sondern auch in der deutschen Hauptstadt. Das meint zumindest ein Leser meines Blogs in einer e-mail an mich über meinen Berliner Bekannten, der erst von meiner Seite über Impfschäden in der Heimat erfuhr. Das wiederum fand der Bekannte aus meinem früheren Leben nicht gut, was verständlich ist. Wer lebt schon gerne hinterm Mond. Er hatte sich zum wiederholten Male bei mir gemeldet, diesmal um einen Witz zu machen, und zwar dass wenn man Eins und Eins zusammenzieht, 11 herauskommt. Der Witz daran soll sein, dass ich „zusammenziehen“ und nicht „zusammenrechnen“ geschrieben habe. Obwohl der Bekannte hier gar nicht mal so unrecht hat, konnte ich nicht über seinen Witz lachen. Das liegt daran, dass der Kontext eine Impfung ist, die als absolut nebenwirkungsfrei angepriesen wurde, deren zahlreiche Nebenwirkungen nun aber nicht mehr verheimlicht werden können. Selbst Öffentlich-Rechtlich berichtet darüber, beispielsweise der MDR, und das schon seit Monaten, nur bei meinem Bekannten aus Berlin ist das noch nicht angekommen. Er erfuhr wie gesagt erst von meiner Seite davon, also aus den Schluchten des Balkans. Und wohl auch darüber, dass nicht nur ich als Maskenbefreiter in Berlin Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt war, weswegen ich mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit gebracht habe. Damit bin ich den Diskriminierungen, die es in Bulgarien zu keiner Zeit gab, denen nicht Geimpfte in Deutschland aber ausgesetzt waren, zuvorgekommen. Mein  Berliner Bekannter ist nach eigenen Angaben nicht sicher, ob er all dies ernst bzw. für bare Münze nehmen kann. Seine Begründung diesmal ist aber nicht, dass er noch nie etwas davon gehört hat. Ich hatte bereits vor einem Jahr genau darüber geschrieben. Seine Begründung diesmal ist, dass ich mich angeblich „freischaffender Journalist“ nenne, aber meine Beiträge auf meinem Blog nicht immer „1:1 Geschichten“ sind. Letzteres stimmt, darauf habe ich meinen Berliner Bekannten auch schon mehrfach hingewiesen, und der Untertitel „Unwahre Geschichten aus dem wahren Leben eines Taxifahrers“ sagt es bereits. Ich nenne mich aber nicht wie behauptet „freischaffender Journalist“, sondern „freier Autor und Journalist“, so steht es auch in meinem gestrigen Beitrag. Darüber hinaus veröffentliche ich auch journalistische Texte, auf die ich ihn auch schon mehrfach hingewiesen habe. Ob der Berliner Bekannte aus meinem früheren Leben die erwähnten Beleidigungen, Bedrohungen und Diskriminierungen ernst bzw. für bare Münze nimmt, das liegt nicht in meinem Ermessen. Es ist einzig und allein seine Entscheidung. Mein Eindruck ist, dass er sie am liebsten ignorieren würde, weil sie nicht in sein Weltbild passen. Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass er von ihnen gehört hat, und zwar von meiner Seite. Er kann also später nicht sagen, er hätte von nichts gewusst. Mehr kann man, so denke ich, nicht machen. Der Bekannte hat nun zum wiederholten Male den Kontakt, der erneut von ihm ausging, abgebrochen, weswegen ich sagen würde, dass es sich dabei um ein Schema handelt. Dieses Schema sieht meiner Meinung nach so aus: Man kontaktiert jemanden aktiv und gibt damit vor, den Austausch zu suchen, bricht ihn aber dann bald wieder ab, und zwar wenn einem die Argumente fehlen bzw. dann, wenn man etwas nicht weiß, was bei ihm offensichtlich so einiges ist, und gibt dem anderen aber die Schuld dafür, z.B. indem man falsche Tatsachenbehauptungen wie „freischaffender Journalist“ aufstellt. All dies habe ich meinem Berliner Bekannten geschrieben, und auch den Zusatz, dass mein Angebot eines Austausches weiterhin besteht, wobei ich mir da jetzt gar nicht mehr sicher bin. Ich bin mir deswegen nicht mehr sicher, weil unser Austausch zum wiederholten Male wie beschrieben ausgegangen ist. Und da ich nunmehr das Schema des Bekannten durchschaut habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich mich erneut an ihm abarbeiten möchte.
PS: Der Unterschied zwischen „freischaffender Journalist“ und „freier Autor und Journalist“ ist nicht der zwischen „freischaffend“ und „freier“, sondern zwischen „Journalist“ und „Autor und Journalist“. Der „Journalist“ ist an bestimmte Kriterien der journalistischen Berichterstattung gebunden – der „Autor“ nicht.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (355) – „Meine Bulgarisierung“

Vorm Müll einsammeln – meditierend

Heute vor einem Jahr ist mein Beitrag „Bulgarien – die große Freiheit“ auf Multipolar erschienen, bei dem sich sogar der Spiegel bedient hat, und mit dem alles begann. Inspiriert zu diesem Text hat mich der Beitrag „Ich kann nicht mehr“ von Ole Skambraks, ebenfalls auf Multipolar. Meinen Beitrag haben viele Menschen gelesen und einige haben sich sogar bei mir gemeldet, die meisten aus Deutschland, aber auch aus Paraguay erhielt ich eine e-mail. Seither habe ich nicht nur Unterstützer meiner Arbeit, sondern auch neue Freunde. Einer von ihnen hat mich bereits zweimal hier in den Schluchten des Balkans besucht, einmal davon sogar zusammen mit seiner Frau. Beide hatten zuvor mit Bulgarien und dem Balkan nichts am Hut, waren noch nie hier gewesen. Und, das schönste vielleicht, er will nächstes Jahr wiederkommen. In dem vergangenen Jahr ist also einiges passiert, auch mit mir. Seit dem Sommer bin ich freier Autor und Journalist, was ich schon immer werden wollte, mich aber nicht getraut habe. Dafür bin ich auch Corona dankbar. Anlässlich des Jubiläums meines ersten Artikels „Bulgarien – die große Freiheit“ habe ich folgenden Beitrag mit dem Titel „Liebes Corona, danke!“ verfasst, den ich auch der Berliner Zeitung angeboten habe, die im September den Artikel „Taxifahren war mein Leben“ von mir veröffentlicht hat. Die Berliner hat diesmal abgesagt, man habe sehr viele Textangebote, weswegen nicht jeder Text berücksichtigt werden kann. Das ganze ist natürlich auch eine Frage des Geldes, weil die Zeitung dafür bezahlen muss, wenn sie Texte veröffentlicht. Mir ist mein Text wichtig, ich habe lange an ihm gearbeitet, und ein bulgarisches Sprichwort besagt auch, dass nicht alles Geld ist.

Liebes Corona, danke!

Seit eineinhalb Jahr lebe ich jetzt in Bulgarien, dem Herkunftsland meines Vaters. Zuvor habe ich knapp 30 Jahre in Berlin gewohnt, der Geburtsstadt meiner Mutter. 25 davon, ein halbes Leben, war ich als Taxifahrer auf ihren Straßen unterwegs gewesen. Als mein Chef seine Taxifirma Ende 2020 Corona-bedingt dicht machte, saß ich plötzlich auf ihnen. Das Geschäft, das schon vorher eher schlecht als recht lief, rechnete sich nun nicht mehr. Bereits seit März 2020 war ich auf Kurzarbeit Null.

Im Mai 2020 hatte mir meine Hausärztin eine Maskenbefreiung ausgestellt, weil ich unter einer Maske nicht genug Luft bekomme. Im Mai 2021 konnte sie mir nicht mehr sagen, ob diese noch gültig ist. Sie stellte zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Maskenbefreiungen mehr aus. Vor den Beleidigungen und Bedrohungen, die mir als Maskenbefreiter in Berlin beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Supermärkten zuteil wurden, habe ich mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit gebracht. Geflohen bin ich auch vor der Impfpflicht, die für mich als gelernter Krankenpfleger in Form der „Einrichtungsbezogenen“ immer noch ein Berufsverbot darstellt. Und auch vor den Diskriminierungen und Schikanen als nicht Geimpfter, die es in der Form wie in Deutschland in Bulgarien zu keiner Zeit gab.

Mit dem Taxifahren habe ich nicht einfach nur meinen Job verloren, sondern mein ganzes bisheriges Leben. Zu diesem gehört auch, dass ich trockener Alkoholiker bin. Mit Corona geriet ich in eine schwere persönliche Krise. Auch wenn ich seit Juni 2018 abstinent lebe, war ein Rückfall in die Sucht nun nicht mehr ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Hinzu kam die permanent geschürte Corona-Angst, welche Ur-Ängste in mir antriggerte, die ich zuvor mit dem Alkohol betäubt hatte. Die von mir besuchten Demonstrationen auf dem Berliner Rosa-Luxemburg-Platz verdeutlichten das Problem, das sich beim Besuch der Demonstrationen in Leipzig im Herbst ’89 für mich zu keinem Zeitpunkt gestellt hatte, genauso wie es sich aktuell in Bulgarien nicht stellt, wo ich ebenfalls Demonstrationen besuche und darüber berichte.

Seit Corona konnte ich nur schwerlich zwischen der Angst vor dem Virus, die mit jedem Tag nachließ, der Angst vor Polizeigewalt, die absolut real war, und meinen Ur-Ängsten aus der Kindheit unterscheiden. Die Meetings der Anonymen Alkoholiker (AA), die ich in dieser Situation zu besuchen begann, wurden mein Rettungsanker. Von einem Tag auf den anderen ging ich so selbstverständlich zu ihnen, als hätte ich in meinem Leben nichts anderes getan. Ich traf dort die offenen, ehrlichen und wahrheitssuchenden Menschen, nach denen ich so lange gesucht hatte. Sie bewahrten mich nicht nur vor einem Rückfall, sondern sie hielten mich auch am Leben, in dem ich immer weniger Sinn sah. Sie waren wie Sauerstoff für mich. Für jeden AA-Freund und für jede einzelne Aussage von ihm empfinde ich bis heute tiefe Demut und echte Dankbarkeit.

Anfangs dachte ich mir nichts dabei, bei den AA-Meetings meine Kontaktdaten zu hinterlassen. Grund dafür war auch nicht AA selbst, sondern die Räumlichkeiten, die man für die Treffen nutzte. Nur, die Anonymität ist ein fundamentales Prinzip der Anonymen Alkoholiker, und Prinzipien gehen über Personen, so hatte ich gehört. Mehr störte mich aber, dass Corona nie wirklich Thema war, weil Corona politisch sei und AA nicht politisch ist. Damit wurden aber auch die mit Corona verbundenen Ängste tabuisiert, womit ich bis heute ein Problem habe. Denn das treibt Menschen dazu, wieder zur Flasche zu greifen. Später im Jahr, ich war schon in Bulgarien, sollte bei den Meetings der AA auch der Impfstatus abgefragt werden, wie ich erfuhr.

Meinen Impfstatus wollte hier in Bulgarien, wo die Impfquote bis heute bei 30 Prozent liegt, noch nie jemand wissen. Auch testen lassen habe ich mich seit ich hier bin nicht einmal. Dafür gibt es mehrere Gründe, allen voran den, dass ich auf dem Land und nicht in der Stadt lebe. Für mich persönlich liegt es vor allem am gesunden Menschenverstand der Bulgaren und an ihrer Herzensbildung. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ihre Gastfreundschaft ist echt und bis heute sprichwörtlich.

Vor allem auf sie führe ich meine bald einsetzende wunderbare „Bulgarisierung“ zurück. Sie ist ein Geschenk, für das ich auch Corona dankbar bin, und das mich meine deutsche Besserwisserei und Rechthaberei ablegen ließ. Auch meine Ängste sind praktisch verschwunden. Mein Leben hat sich auf das Wesentliche reduziert, seitdem ich raus aus meiner Berliner Komfort-Zone bin, die immer weniger eine Komfort-Zone war. Die Bulgaren sind für ihre Duldsamkeit bekannt und für ihre Toleranz. Zugegeben, die meisten Menschen sind einfach hier, aber nicht dumm. Vor allem sind sie authentisch.

Natürlich gibt es auch Schattenseiten in Bulgarien, die ich nicht verschweigen möchte. Für mich persönlich ist es das illegale Schlagen von Holz und das Vermüllen der Natur. Das ist oft schwer auszuhalten. Regelmäßig gehe ich los und sammle Müll ein, manchmal auch mit einem Esel. Was das Abholzen angeht, halte ich mich zurück. Nicht nur, weil mein eigenes Holzlager noch halbwegs gefüllt ist. Sondern auch, weil wir vielleicht bald auch in Berlin erleben werden, wozu hungernde und verarmte Frierende in der Lage sind.

Bis heute hilft mir, was ich in meinem Berliner Taxi von meinen Fahrgästen gelernt habe. Anderen Menschen zuzuhören und sie nicht gleich beurteilen oder gar verurteilen zu müssen, sondern verstehen zu wollen, warum sie so ticken, wie sie eben ticken. Auch den Gelassenheitsspruch der Anonymen Alkoholiker habe ich nicht vergessen in Bulgarien. Er besagt, zwischen Dingen zu unterscheiden, die man ändern und die man nicht ändern kann, und dass man um Mut bittet, Dinge zu verändern, die man ändern kann. Und auch, dass es immer nur um heute und die nächsten 24 Stunden geht.

Obwohl der Alkohol und da insbesondere der Selbstgebrannte, der „Rakija“, eine nicht unbedeutende Rolle im Alltag der Bulgaren spielt, bin ich weiterhin trocken. Ich verstehe meine Sucht nunmehr als Teil einer insgesamt süchtigen Gesellschaft, die dabei ist, eine seelenlose und kriegerische zu werden. In Bulgarien ertappe ich mich immer öfter dabei, wie auch ich jetzt beim Zuhören den Kopf hin und her wiege, was beim Bulgaren Zustimmung bedeutet. Im Gegensatz zum Deutschen, wo es ein Nicken ist, bedeutet es hier aber nicht „Ja, du hast Recht!“, sondern ist eher ein „Du, ich versteh’ dich!“.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (354) – „Nicht ganz umsonst“

„How do you really feel?“
Modersohnbrücke im Friedrichshain im Juni

Vorgestern hat sich ein Bekannter aus meinem früheren Leben in Berlin bei mir gemeldet. Der Anlass war mein Beitrag über die aktuelle Übersterblichkeit. Genau genommen waren es zwei Beiträge, dieser und dieser. Aus seiner e-mail erfuhr ich, dass er über Impfschäden zum ersten Mal bei mir gelesen hat, ansonsten noch nie etwas davon gehört hatte. Für mich war das eine gute Nachricht, meine Arbeit ist also nicht ganz umsonst. Ich erfuhr von dem Bekannten weiter, dass alle Menschen, die er kennt, und das sind nach eigenen Angaben nicht gerade wenige, mehrfach geimpft sind, und dass ich der einzige in seinem Freundes- und Bekanntenkreis bin, der sich gegen die Impfung entschieden hat, die diesen Namen nicht verdient. Auf Nachfrage erfuhr ich von ihm, dass er trotz Impfung an Corona erkrankt ist, es aber ein milder Verlauf war. Allerdings habe er zu früh wieder mit dem Arbeiten begonnen und nach dem ersten Arbeitstag eine ziemlich schlimme Nacht gehabt, mit Atemnot. Danach ließ er sich vier Wochen Zeit, bis er wieder zu arbeiten begann. In meiner Antwort hatte ich vergessen zu erwähnen, was ich hiermit nachholen möchte, dass ich nicht ein einziges Mal an Corona erkrankt bin, und dass ich eigentlich schon tot sein müsste, ginge es nach unserem Gesundheitsminister. Apropos Tod: Da gibt es ja jetzt diese aktuelle, angeblich unerklärliche Übersterblichkeit, weswegen sich der Bekannte aus meinem früheren Leben bei mir gemeldet hat. Und zwar mit einem Witz, der sich auf den letztes Satz dieses Beitrags bezog, wo ich empfahl, einfach Eins und Eins zusammenzuziehen. Die Rechnung meines Berliner Bekannten sieht so aus: „Wenn man 1 und 1 zusammen zieht, müsste es doch 11 ergeben, oder?“ Er fügte hinzu, dass dies ein „Kleiner Spaß“ sei. – Auch wenn ich gar nicht lachen konnte, geht mein Dank raus nach Berlin dafür!

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Bericht aus Bulgarien (353) – „Koalition des Krieges“

Die USA scheinen ihr Ziel erreicht zu haben
(beim Besuch des US-amerikanischen Verteidigungsministers
am 19. März in Sofia)

„Koalition des Krieges“, so nennt die Chefin der Bulgarischen Sozialistischen Partei Kornelia Ninowa jene 166 Abgeordnete, die heute für ein „militärisches Hilfspaket“ für die Ukraine gestimmt haben. Bisher gab es nur eine „militärtechnische Hilfe“, von der niemand so recht sagen konnte, was damit genau gemeint ist. Nunmehr hat Bulgarien zwar immer noch keine Möglichkeit, offiziell schwere Waffen zu liefern, dafür aber Kleinwaffen und Munition, und ist somit mit im Krieg. Gegen diese Teilnahme am Krieg haben insgesamt 48 Volksvertreter gestimmt, neben der Sozialistischen Partei auch die Partei „Wiedergeburt“. Eingangs erwähnte Kornelia Ninowa hat nun Staatspräsident Rumen Radev, ein ehemaliger Generalmajor der Luftwaffe, aufgefordert, sein Veto gegen diese Entscheidung des Parlaments einzulegen. Radev hat sich wiederholt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine geäußert, damit Bulgarien nicht in den Krieg hineingezogen wird. Der Witz bei der Geschichte ist, dass es in Bulgarien am 2. Oktober zwar Neuwahlen gab, nachdem der amtierenden Regierung das Vertrauen entzogen worden war, das Land aber bis heute keine neue Regierung hat. Und trotzdem hat man nichts Besseres zu tun, als Waffen in die Ukraine zu schicken. Wer dagegen ist, ist für den Westen entweder „russlandfreundlich“ wie die Sozialisten, oder gar „prorussisch“ wie die Partei „Wiedergeburt“. Auf die Idee, dass man in Bulgarien einfach neutral bleiben möchte, kommt man im Westen nicht. Wie auch, denn dann müsste man die neutrale Schweiz schließlich auch als „russlandfreundlich“, wenn nicht gar „prorussisch“ bezeichnen. Bei einer Volksbefragung hätte die heutige Parlamentsentscheidung mit Sicherheit keine Mehrheit gefunden. Vermutlich hätten die meisten Menschen den Fragenden einen Vogel gezeigt und gesagt, dass die Bulgaren weiß Gott wichtigeres zu tun hätten, als in einem Krieg mitzumischen, der nicht der ihre ist, vor allem erstmal eine handlungsfähige Regierung zu bilden.

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Bericht aus Bulgarien (352) – „Markttag“

Freitags ist im Nachbarstädtchen immer Markt, der hier Basar heißt. Der Basar ist zwar überdacht, und doch irgendwie unter freiem Himmel. Das Wetter war heute wieder das bekannte Grau in Grau. Bei mir auf meinem Berg scheint aber die Sonne. Das heißt, ich muss mein Wohnzimmer, wo ich gerade sitze und diesen Beitrag schreibe, nicht heizen. Die Sonne wärmt es auf, die Temperatur liegt gerade bei genau 21 Grad. Doch zurück zum Basar, wo auch die Preise angezogen haben. Eier beispielsweise sind jetzt doppelt so teuer wie Anfang des Jahres. Unter 20 Cent ist praktisch kein Ei mehr zu bekommen. Mit Brot ist es genauso, ein Weißbrot kostet jetzt ein Euro. Gemüse ist im Schnitt um die Hälfte teurer geworden. Da die Jungen nahezu alle im Ausland sind, kommen am Freitag auf dem Basar nur die Alten zusammen. Man erkundigt sich dort, ob der und der noch lebt, man habe ihn lange nicht gesehen. Genau genommen geht es nicht so sehr ums Einkaufen, wofür den meisten Alten sowieso das Geld fehlt, sondern um den Austausch. Und den vermisse auch ich, seitdem ich kein Taxi mehr fahre. Bei der Frage, ob der und der noch lebt, kann ich allerdings nicht mitreden, sondern nur zuhören, so wie im Taxi.

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Bericht aus Bulgarien (351) – „Falscher Held“

Todor Kolev ist ein in Bulgarien bekannter Schauspieler und Sänger. Der obige Song „Falscher Held“ hat nicht ohne Grund fast fünf Millionen Aufrufe. Gerne hätte ich Todor Kolev live erlebt. Daraus wurde leider nichts, denn er verstarb 2013 im Alter von 73 Jahren. Die Bezeichnung „Falscher Held“ trifft in gewisser Weise auch auf Todor Kolev selbst zu. 2007 wurde bekannt, dass er ein inoffizieller Mitarbeiter des bulgarischen Ministeriums für Staatssicherheit war. Die Zusammenarbeit mit ihm wurde 1987 eingestellt, sein Deckname war Petrov. Das Lied „Falscher Held“ ist, wenn ich es richtig verstanden habe, aus dem Jahre 1996. – Ich komme auf den Song, weil er unter anderem diese Textstellen enthält, die mich immer wieder aufs Neue berühren, über die ich nachdenken muss: „Wo ich wollte, war ich, ich nahm so viel ich wollte. Heute fragen sie mich, ob ich nicht ein falscher Held war. Ich habe schöne und kluge Frauen gesehen, ich habe so viele Lügen gehört – und du fragst mich, was ich war – ein falscher Held. – Meine Fußabdrücke sind im Sand und ich höre das Meer rauschen, ich tanze mit dir – der Urlaub ist nicht vorbei und ich bleibe, und ich bleibe, ich bleibe so – für alles andere ist es zu spät – was – ein falscher Held. Ich weiß – alles hat ein Ende, wartet die Hölle auf uns oder der Himmel? Zurück wende ich meinen Kopf nicht – also, besser so – falscher Held.“

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