Bericht aus Bulgarien (395) – „Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“

Die „Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“ gibt es wirklich. Sie sind ein Teil der „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“, eine Sammlung von morgen- und abendländischer Erzählungen, die ein Klassiker der Weltliteratur sind. Die Erzählerin Scheherazade erzählt dort im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben. Um das wäre es nämlich geschehen, wenn ihre Geschichten nicht mehr gefallen. Das ging immerhin 1.000 Tage lang gut, was uns der Titel „Tausendundeine Nacht“ verrät, denn Scheherazade musste ihre Geschichten immer Nachts erzählen. Dazu muss man wissen, dass auf dem Balkan und im Orient immer spät zu Abend gegessen wird, also meist erst um 10 oder 11 Uhr. Danach, das ist heute immer noch so, beginnt dann das Kulturprogramm, was früher Geschichten waren, beispielsweise die von Scheherazade. – Scheherazade ging es ähnlich wie den Journalisten heute, die gute Geschichten erzählen müssen, um davon zu leben. Das sage nicht ich, sondern Balzac in seinem Roman „Verlorene Illusionen“, der genauso wie die „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“, von denen die „Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“ ein Teil sind, zur Weltliteratur gehört. Balzac, dessen Roman gerade neu verfilmt wurde, wusste, wovon er sprach, denn er war selbst Journalist gewesen. An einer Stelle wundert sich ein alter Journalist darüber, dass der junge Kollege wirklich das glauben würde, was er geschrieben hatte, weswegen er ihn erst einmal aufklären muss: „Aber wir treiben doch mit unseren Phrasen Handel und leben von diesem Geschäft.“ – Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass sowohl die Geschichten von Scheherazade, als auch die Geschichten von Journalisten gefallen müssen. Scheherazades „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“ müssen dem König gefallen, der sich bei Nichtgefallen ihrer entledigen würde, um es mal so zu formulieren. Die Geschichten von Journalisten müssen dem Chef gefallen, dessen Aufgabe es ist, die Aktionäre der Zeitung reich zu machen. Journalisten, die dazu nicht in der Lage sind, ergeht es ähnlich wie es Scheherazade ergehen würde, wenn ihre Geschichten nicht mehr dem König gefallen. – Mir geht es mit meinen „Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“, die wie gesagt ein Teil der „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“ sind, ganz genauso. Meine redaktionelle Linie ist die von Balzacs Journalisten: Ich halte alles für wahr, was wahrscheinlich ist. Weiterhin versuche ich alles als ein Spiel zu betrachten. Meine Taufe im Namen des bösen Glaubens, des falschen Gerüchtes und der heiligen Werbeanzeigen zum Journalisten steht mir allerdings noch bevor.

Video YouTube
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (394) – „Neuer Untertitel“

„Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“
Mein Nachbar hat nicht nur neue Haustiere, sondern meine Seite auch einen neuen Untertitel. Aus „Unwahre Geschichten aus dem wahren Leben eines Berliner Taxifahrers“ ist „Aus dem Leben eines ehemaligen Berliner Taxifahrers in den Schluchten des Balkans“ geworden. Man nennt das auch Aktualisierung. Bei den neuen Haustieren meines Nachbarn handelt es sich um eine Verwandlung. Irgendwie muss ich ihnen das falsche Zeug unters Futter gemischt haben. Jedenfalls sind aus den beiden zähnefletschenden Kläffern zwei allerliebste Esel geworden. Mein Nachbar weiß noch nichts davon, denn der ist immer noch nicht aufgetaucht. Auch da sind meine Leser vorneweg, die natürlich auch wissen, was Autofiktion bedeutet. So hoffe ich zumindest, obwohl ich mir da manchmal nicht sicher bin. Immer öfter habe ich den Eindruck, wie mit kleinen Kindern mit ihnen reden zu müssen. Also ungefähr so: Liebe Kinder, der Onkel hat den Untertitel seiner Seite aktualisiert, weil er jetzt nicht mehr mit seinem Taxi auf der Straße in Berlin unterwegs ist, sondern in den Schluchten des Balkans lebt. Außerdem hat der Onkel die bösen Hunde seines Nachbarn in liebe Esel verwandelt, was eine große Überraschung für den Nachbarn sein wird. Der Onkel ist nämlich kein Taxifahrer mehr, sondern ein Zauberer, der darüber hinaus auch noch selbst (auto) „Geschichten aus Balkanundeiner Nacht“ (fiktion) schreibt -, also: Autofiktion.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (393) – „Hundevergiften“

Eine Sache ist aktuell doch passiert in Bulgarien, über die ich berichten möchte. Meine Nachbarn haben drei Hunde, die frei herumlaufen und die Leute terrorisieren, die auf unserem unbefestigten Weg zwischen ihrer und meiner Hütte vorbeilaufen oder auch nur vorbeifahren. Auch wenn es mich total nervt und mich beispielsweise beim Schreiben meiner Berichte stört, sage ich nichts dazu. Das ist in Bulgarien nicht üblich. Hier lässt man den anderen so sein, wie er ist, auch wenn er einem auf die Nerven geht. – Seit einiger Zeit gibt es einen Polizisten, der mit seiner Familie, Frau und Tochter, aus Sofia in unser Dorf zurückgekehrt ist. Das sind die, die am Anfang unseres Weges ihre Schafe haben. Da ihnen auch ein halbes Haus am Ende des Weges gehört, müssen sie regelmäßig bei uns vorbei, und werden dabei natürlich von den Hunden der Nachbarn angekläfft. – Obwohl das stabile Leute sind, insbesondere auch die Frau, geht ihnen das angekläfft werden, genauso wie mir, tierisch auf die Nerven. Neulich hat sich nun der Polizist bei meinem Nachbarn, der früher auch Polizist war, darüber beschwert. Die Argumentation meines Nachbarn ist, dass nicht er, sondern der andere Schuld ist, wenn dieser sich nicht gut mit seinen Hunden versteht. Man muss diese Argumentation nicht verstehen, nur so viel: in Bulgarien ist vieles umgedreht. – Trotzdem hat mein Nachbar seine Hunde für den Moment angeleint, als gute Geste dem Polizisten gegenüber. Fünf Minuten später liefen sie aber schon wieder frei herum, um die Wanderer, die auf ihrem Weg zum Kloster waren, aggressiv anzukläffen. Diese wussten nicht, was sie machen sollten. Sie überlegten umzudrehen, dann nahm der Mann aber einen Stein, mit dem er die Hunde in die Flucht schlug. – Nun kam der Nachbar erneut heraus, diesmal aber nicht um klein bei zu geben, sondern um die Wanderer wegen des Steinwurfs zusammenzuscheißen. Dabei erwähnte er auch den anderen Polizisten, der ihn gerade Maß genommen hatte, bei dem er sich beschweren würde. Die Wanderer waren ganz verdattert ob der Reaktion. Obwohl sie ihren Weg zum Kloster fortsetzen konnten, dürfte ihr Tag gelaufen sein. – Heute sieht es nun so aus, dass nicht nur mein Tag gelaufen ist, sondern vielleicht sogar meine Stunden gezählt sind. Meine Nachbarn sind letzte Nacht nicht nach hause gekommen. Ihre drei Hunde laufen jetzt nicht mehr auf unserem Weg hin und her, sondern haben sich mit fletschenden Zähnen vor meiner Hütte, und da direkt vor meiner Tür postiert. Die haben Hunger, das ist klar. Ich muss ihnen etwas geben, auch das ist klar, damit sie sich nicht über mich hermachen, auch wenn bei mir gar nichts dran ist. – Ich will ihnen auch gerne was zu fressen geben, ich habe noch etwas altes Brot da. Gerade überlege ich noch, ob ich dem alten Brot etwas frisches Strychnin untermische, das ich sonst für Ratten nehme. Hunden vergiften in Bulgarien ist mindestens so aufregend wie Tauben vergiften im Park, wenn nicht gar aufregender. Die Voraussetzungen sind gut: „Schatz, das Wetter ist wunderschön“, wie es Georg Kreisler oben besingt: „Schatz, ich hab‘ da eine Idee …“

Video YouTube
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (392) – „Der Nicht-Kämpfer“

In Bulgarien nichts Neues. Die Sonne scheint, die Menschen sitzen in den Cafés, ein jeder macht, was er will – praktisch Anarchie, nur eben friedlich. Sind eben alles keine Kämpfer hier. Immerhin, das Land wird die nächsten Jahre Erdgas aus der Türkei beziehen, vermutlich umgelabeltes russisches Gas, das jetzt doppelt so viel kostet. Mit Russland ruinieren kann man richtig reich werden, wenn auch nicht Bulgarien, so doch immerhin die Türkei. Das hat die amtsführende, also nicht gewählte sondern vom Präsidenten eingesetzte Regierung, hinbekommen. Die letzte Wahl war übrigens Anfang Oktober, das sei der Vollständigkeit wegen noch erwähnt. Ein viertel Jahr später gibt es immer noch keine gewählte Regierung im Amt. – Gut, das gab es in Deutschland auch schon, wohin sich einige Kämpfer zurückgezogen haben, die jetzt zu Silvester in den Krieg gezogen sind. War das jetzt schon Bürgerkrieg, oder waren es nur Bürgerkriegsähnliche Zustände? Schwer zu sagen aus knapp 2.000 Kilometer Entfernung. Anarchie war es wohl schon. Wie ich aus obigem Interview erfahre, lagen noch Opfer im Krankenhaus, da waren alle Kämpfer bereits entlassen und konnten zu hause auf ihren Sieg anstoßen. – Ich finde das eine gute Nachricht für das kriegsmüde deutsche Volk, denn es hat durchaus gute Voraussetzungen. Durch das kalt Duschen für den Frieden ist es bereits abgehärtet, was ich mir erst mühsam durch die „Wim-Hof-Methode“ erarbeiten muss. Für’s Kämpfer sein in der Heimat würde es mit Sicherheit reichen, denn ich wäre dort Abends immer rechtzeitig zurück zu hause. Ich gehe neuerdings nämlich früh ins Bett. – Aktuell denke ich noch über eine andere Möglichkeit nach. Man kann sich auch ins Metaversum zurückziehen, wenn die eigene Insel oder auch nur die eigene Stadt untergeht. Eine ganze Nation soll das bereits getan haben, wobei mir der Begriff Nation sogleich sauer aufgestoßen ist. Auch von Heimat war in dem Zusammenhang die Rede. Das sind mit Sicherheit Rechte. Man kann beim Rückzug ins Metaversum auch viel falsch machen. Da bleibe ich lieber unpolitisch korrekter Nicht-Kämpfer in meiner kleinen gemütlichen aber friedlichen Anarchie.
Video YouTube
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (391) – „Brandenburg“

Brandenburg ist nicht nur ein Bundesland, sondern auch eine Person. Doktor Paul Brandenburg ist Arzt und als solcher stellt er Fragen, die auch in Bulgarien gestellt werden würden, wenn sich genauso viele Menschen hätten impfen lassen wie in Deutschland. Einen Unterschied scheint es mir aber doch zu geben. In Bulgarien würde die Sendung nicht auf YouTube im Internet, sondern im Staatlichen Bulgarischen Fernsehen stattfinden. Denn „Да сме жив и здрав! – Dass wir am Leben und gesund sind!“ ist nicht einfach nur eine Grußformel oder eine Floskel, sondern gelebte Realität und wirklich ernst gemeint.
Video PaulBrandenburg
Text RumenMilkow

Bericht aus Bulgarien (390) – „Sodom Berlin“

Da ich selbst kein Motorradfahrer bin, kann ich nur erahnen, wie lebensgefährlich obiger Ausritt zur Silvesternacht in Berlin war. Mut hat der Mann auch jeden Fall. Sein Gequatsche geht mir trotzdem total auf die Nerven, aber um das geht es nicht. Man kann den Ton auch abstellen oder zumindest dimmen. Warum ich mir das anschaue, antue? Zum einen, weil es die Silvesternacht ist, in der ich früher selbst regelmäßig mit dem Taxi auf den Berliner Straßen unterwegs war. Zum anderen, weil ich nicht zocke und auch sonst keine Computerspiele spiele. Wie ich immer wieder höre, soll das der Alltag von vielen Menschen sein. Meiner ist es nicht. Meiner ist auch so aufregend genug. Auch wenn Bulgarien das Land der Freaks ist, so sind es doch ganz andere, irgendwie gesündere Freaks als in obigem Video. Dieses lässt mich immerhin besser verstehen, warum große Städte voll sind von frustrierten und verhaltensauffälligen Menschen. Und darüber hinaus, warum Kriege immer und unbedingt von Städten und niemals von Dörfern ausgehen.
Video YouTube
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (389) – „Eine Sprachfibel zur Verschleierung der Realität“

Bei den meisten Nachrichten aus der Heimat bin ich mir nicht sicher, ob ich lachen oder weinen soll. Eines steht zumindest fest: In Bulgarien hat man solche Luxusprobleme wie in Deutschland nicht. Dort hat die Verwirrung der Verwirrten ein exponentielles Wachstum erreicht, also ein nach oben unbegrenztes. Die Dummheit der Deutschen ist wahrlich unendlich. Zum Glück gibt es noch den ein oder anderen klugen Kopf wie Ahmad Mansour, der an erster Stelle Psychologe ist, und zwar ein deutsch-israelischer, der die Sache beim Namen nennt. Wir haben in Berlin (und auch in Gesamt-Deutschland) kein Böllerproblem, sondern ein Integrationsproblem. Wer meint, um dieses zu lösen, eine Sprachfibel zu brauchen, damit er weiß, wie er Straftäter politisch korrekt anspricht, der solle sie gebrauchen. Nur, ändern wird er damit nichts.     –     Ich glaube, ich muss jetzt doch weinen.
Video YouTube
Text TaxiBerlin