
U-Bahn-Werbung in Sofia
Schon lange rede und schreibe ich davon, dass das Thema Auswandern in Deutschland am Explodieren ist. In der Heimat selbst ist das noch nicht angekommen, dafür aber in Bulgarien. Ein Beispiel dafür ist obige Werbung in der U-Bahn in Sofia, die den Bulgaren dazu auffordert, doch mal was Neues auszuprobieren, nämlich Deutsch zu lernen. Das Deutsch der Anzeige ist nicht ganz korrekt, aber wie sollte es auch anders sein, wenn jeder dritte Bulgare im Ausland lebt. Vielleicht pflegt bereits eine bulgarische Krankenschwester deine Liebsten oder ein bulgarischer Handwerker gräbt dir gerade ein Loch für deinen Pool für drei Euro die Stunde. Schwarz – versteht sich! Demnächst könnte es andersrum sein, wie beim Bulgaren vieles andersrum ist. Vielleicht gehörst bald auch Du zu denen, die beim Bulgaren an die Tür klopfen, weil Du deinen Job verloren hast, in den Krieg ziehen sollst oder Du dir Deutschland einfach nicht mehr leisten kannst. Der Bulgare kann nicht jeden aufnehmen, dafür ist sein Land zu klein. Auch wenn er dem Deutschen die Aufnahme nicht garantieren kann (wer Garantie will, soll nach Frankreich gehen, so sagt es ein bulgarisches Sprichwort), sind die Deutschen doch Bulgariens Favoriten – daran hat sich nichts geändert. Deutschland und Bulgarien vereint, da geht praktisch nichts drüber. (Vielleicht noch Deutschland und Russland, aber das ist geheim.) Apropos Russe: In Bulgarien ist der Deutsche sicher vor ihm – eine Garantie gibt es aber auch hier nicht. Aber es ist sicherlich nicht die schlechteste Idee, in Bulgarien zu sein, wenn der Russe (mal wieder) gen Berlin zieht oder Putin eine seiner Hyperschallrakete auf den Weg in die Bundeshauptstadt bringt. Da ist man besser in den Schluchten des Balkans aufgehoben als zuhause. Untergehen tut man aber (mal wieder) gemeinsam, also der Deutsche zusammen mit dem Bulgaren. Es wäre dann das dritte Mal in Folge. An der Stelle muss ich an Brecht denken, der nach dem letzten großen Krieg sagte, dass das große Karthago drei Kriege führte. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr auffindbar. Brecht dürfte eher Deutschland und nicht Bulgarien mit dem „großen Karthago“ gemeint habene, denn Deutschland führte den Krieg – nicht Bulgarien. Verloren haben ihn am Ende beide, so viel steht fest. Das Brecht-Zitat kennt man übrigens auch in Bulgarien, denn der Bulgare lernt jetzt – in Vorbereitung auch auf Dich – Deutsch.