Bericht aus einem gebrochenen Land (088)

Sarah Bosetti bekommt den Grimme-Preis. Als ich diese Nachricht gehört habe, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Sarah Bosetti, wer sie nicht kennt, wollte Menschen wie mich wegschneiden lassen wie einen Blinddarm, denn dieser sei zum Überleben des Gesamtorganismus nicht notwendig, so Bosetti. Bevor Bosetti mit ihrem Skalpell kommen konnte, habe ich mich in die Schluchten des Balkans vor Menschen wie Bosetti in Sicherheit gebracht. Jetzt bekommt Bosetti dafür den Grimme-Preis.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (087)

Am Bahnhof Friedrichstraße

Noch bringt Bustouristik KRIEG Busse voll harmloser Touristen nach Berlin. Das könnte sich bald ändern. Nomen ist schließlich Omen. Dann könnte möglicherweise auch dein Sohn mit einem von ihm an die Ostfront gefahren werden. Auch wenn er sich selbst als Frau lesen sollte. So verstehe ich Matthäus 26,52: “Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.” – Oder in einfachem deutsch, damit es auch einfach strukturierte Zeitgenossen verstehen: “Wer Waffen schickt, wird Krieg bekommen.”

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Bericht aus einem gebrochenen Land (086)

Es gibt schlimmeres als auf der Straße zu leben, auch wenn die guten Plätze immer rarer werden. Der Platz oben ist in vielerlei Hinsicht ideal. Der Eingang zur U-Bahn an der Lichtenberger Brücke ist überdacht. Auf der Straße zu leben, bedeutet also nicht automatisch, kein Dach mehr über dem Kopf zu haben. Der Mülleimer am Kopfende dient sowohl der Ordnung, als auch zur Schatzsuche. Das ist keine Übertreibung. Man findet in ihm regelmäßig Schätze, einige von ihnen sind sogar essbar. Manchmal bekommt man ganz und gar ein Lunchpaket vor die Nase gestellt wie oben. Das ist aber die Ausnahme. Die meisten Menschen sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Vor allem mit der Sorge, morgen selbst auf der Straße zu sitzen. Das absolute Highlight dieses Platzes am Bahnhof Lichtenberg ist der Fahrplan gleich nebenan (links im Bild). Damit verpasst man keine Bahn mehr. Wenn man mal zu einem Vorstellungsgespräch oder gar zu einer Wohnungsbesichtigung will.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (085)

Gestern war ich in Kreuzberg, und zwar im Bergmann-Kiez. Obwohl Kreuzberg vor vielen Jahren mit Friedrichshain zwangsverheiratet wurde, ist die frühere amerikanische Besatzungszone ein anderes Pflaster. Die Zwangsehe zwischen Friedrichshain und Kreuzberg ist übrigens juristisch noch nicht aufgearbeitet, aber da nunmehr seit Jahren praktisch täglich eine neue Sau nicht nur durch die Zentrale des deutschen Irrenhauses getrieben wird, kann man sich um solche Kleinigkeiten nicht auch noch kümmern. Immer mehr Menschen sind froh, etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf haben. Letzteres soll mir jetzt genommen werden, wie ich neulich erfuhr. Kein schönes Gefühl, sein zuhause zu verlieren und auf der Straße zu landen, das muss ich schon sagen. Aber nachdem ich vor jetzt vier Jahren meine Arbeit verloren habe, war es nur eine Frage der Zeit, bis man mir auch meine Wohnung nimmt. Der Bulgare würde jetzt sagen, dass es schlimmeres gibt, und recht hat er. Überhaupt ist die Straße nicht der schlechteste Platz, wie auch diese aktuellen Aufnahme aus dem Kreuzberger Bergmann-Kiez zeigen.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (084)

“Fuck The EU” Victoria Nuland ist zurückgetreten. Wer Nuland nicht kennt, sie hat in einem abgehörten Telefonat vorgeschlagen, dass Arsenij Jazenjuk der Nachfolger von Präsident Viktor Janukowitsch in der Ukraine wird. Bald darauf gab es dort einen Putsch, von dem böse Zungen behaupten, dass die USA dahinter stecken. Das stimmt aber nicht. Nuland hatte auch nur zufällig diese Idee, dass Arsenij Jazenjuk neuer Präsident der Ukraine wird. Dass er es bald darauf geworden ist, ist reiner Zufall. Damit hat Victoria Nuland nichts zu tun. Ihr Rücktritt jetzt hat auch nichts damit zu tun, dass es im Ukrainekrieg, der Bulgare würde sagen an der Ostfront, nicht zum Besten steht. Der wahre Grund für Nulands Rücktritt ist, dass sie obiges, absolut lesenswerte Buch ihres Vaters Sherwin B. Nuland, Gott hab ihn selig, endlich lesen möchte. Und wer das nicht glaubt, den soll der Teufel holen, was möglicherweise eher zu empfehlen ist, als von Victoria Nuland gef…. zu werden.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (083)

Wann wird man je verstehen?
Nun hat auch Papst Franziskus zu Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg aufgerufen. Im Interview äußert er sich auch zum Krieg in Palästina. Wörtlich sagte Franziskus: “Es ist ein Krieg, und einen Krieg führt man zu zweit, nicht allein. Die Verantwortlichen sind die beiden, die ihn führen.” Die Geschichte lehre, so der Papst weiter, dass es früher oder später letztlich zu einer Einigung kommen müsse. Dies gelte auch für den Krieg in der Ukraine, wo Stimmen lauter werden, den Mut für ein Hissen der Weißen Fahne aufzubringen, während andere darin eine Legitimierung des Stärkeren sehen: „Das ist eine Interpretationsweise“, räumt Franziskus ein. „Aber ich denke, dass der stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt und den Mut hat, die weiße Flagge zu schwenken und zu verhandeln. Und heute kann man mit Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ‘verhandeln’ ist ein mutiges Wort. Wenn du siehst, dass du besiegt wirst, dass die Dinge nicht gut laufen, habt den Mut, zu verhandeln. Du schämst dich, aber wenn du so weitermachst, wie viele Tote wird es dann geben? Verhandele rechtzeitig!” – “Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird“, so der Appell des Kirchenoberhauptes in dem Interview für RSI, den öffentlich/rechtlichen Sender, der die italienischsprachige Schweiz bedient. – Beim deutschen öffentlich/rechtlichen Fernsehen wird Annalena Baerbock aktuell von Caren Miosga auf die Worte des Papstes angesprochen. Die Antwort der Aussenministerin: “Ich verstehe es nicht.” – Die Antwort darauf hat der amerikanische Sänger Pete Seeger bereits vor vielen Jahren in seinem Song “Sag’ mir, wo die Blumen sind” (im Original “Where Have All the Flowers Gone”) gegeben. Oben singt Marlene Dietrich das Lied, dessen deutscher Text so geht:
Sag mir wo die Blumen sind
wo sind sie geblieben
Sag mir wo die Blumen sind
was ist geschehen?
Sag mir wo die Blumen sind
Mädchen pflückten sie geschwind
Wann wird man je verstehen
wann wird man je verstehen?
Sag mir wo die Mädchen sind
wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Mädchen sind
was ist geschehen?
Sag mir wo die Mädchen sind
Männer nahmen sie geschwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?
Sag mir wo die Männer sind
wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Männer sind
was ist geschehen?
Sag mir wo die Männer sind
zogen fort der Krieg beginnt
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?
Sag wo die Soldaten sind
wo sind sie geblieben?
Sag wo die Soldaten sind
was ist geschehen?
Sag wo die Soldaten sind
über Gräben weht der Wind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?
Sag mir wo die Gräber sind
wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Gräber sind
was ist geschehen?
Sag mir wo die Gräber sind
Blumen wehen im Sommerwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?
Sag mir wo die Blumen sind
wo sind sie geblieben?
Sag mir wo die Blumen sind
was ist geschehen?
Sag mir wo die Blumen sind
Mädchen pflückten sie geschwind
Wann wird man je verstehen?
Wann wird man je verstehen?
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Bericht aus einem gebrochenen Land (082)

Heute vor 39 Jahren wurde Michail Gorbatschow gewählt. Danach hat es noch viereinhalb Jahre gedauert, bis die Mauer fiel. Dass die Mauer fallen und mit ihr die DDR untergehen würde, hat niemand kommen sehen. Weder im Osten, noch im Westen. Obwohl, eine Ausnahme gab es wohl. Der französische Historiker Emmanuel Todd, hier im Interview mit der Weltwoche aus der Schweiz, sagte bereits 1976 den Zusammenbruch der Sowjetunion aufgrund der demographischen Entwicklung voraus. Heute sieht er die USA im Niedergang. Frankreich werde seiner Meinung nach ausgelacht, und die Briten handeln kopflos. Am schlimmsten stehe es aber um die Deutschen, die zur Zielscheibe der Amerikaner geworden seien. Russland hingegen gehe es besser, als viele westliche Beobachter meinen. Wann genau die USA untergehen werden, das weiß Todd zwar nicht, dafür aber, dass die Kindersterblichkeit in den Vereinigten Staaten heute höher ist als in Russland. Sein Fazit: Nicht Russland – Amerika steckt in der Krise. Wie lange diese Krise dauert und wann die Vereinigten Staaten fertig haben, das weiß ich natürlich auch nicht. Mich beschäftigt aber schon die Frage, wo die USA auf ihrem Weg in den Untergang stehen. Und da tendiere ich zu der Annahme, dass es auf jeden Fall noch mehr als viereinhalb Jahre sein werden. Ich sehe uns da eher im Jahre 1976 als im Jahre 1985, als Michael Gorbatschow gewählt wurde. Ich tippe auf 13 Jahre.

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