Leaving Berlin (039)

Bulgarische Trikolore mit dem Hinweis darauf, dass die eigene Währung, in dem Fall der bulgarische Lew, Identität und Souveränität bedeuten
Letzte Woche in Sofia auf dem Boulevard Vitosha in der Nähe des South Parks (Jushen Park)

Vor dem Hintergrund, dass die Ukraine jetzt auch Ziele auf russischem Territorium mit westlichen Waffen angreifen darf, hat der bulgarische Präsident Rumen Radev vorgestern einen bemerkenswerten Text auf seiner Internetseite veröffentlicht, den ich kurz vorstellen möchte. Bevor ich damit beginne, möchte ich erwähnen, dass meine Geschenke aus dem Westen immer Süßigkeiten waren, die ich meist ganz alleine gegessen habe. Was die bulgarische Währung, den Lew, angeht, so gibt es in der EU einige Länder, die bis heute ihre eigene Währung haben. Bulgarien steht da nicht alleine. Auch mit seinen Ansichten dürfte der bulgarische Präsident nicht alleine stehen, weder in seinem Land, noch in Europa. Bereits die Überschrift des präsidialen Statements hat es in sich. Radev spricht von selbsternannten „Euroatlantikern“, die er für Feiglinge und unfähig hält. Ich persönlich muss da an Typen wie Strack-Zimmermann und Hofreiter denken, aber bleiben wir in Bulgarien. Dort hat sich das Staatsoberhaupt in der Vergangenheit wiederholt für eine friedliche Beilegung des Konfliktes ausgesprochen, so auch beim Besuch seines ukrainischen Amtskollegen am 6. Juli 2023 in Sofia.  Radev hält die bulgarischen selbsternannten „Euroatlantiker“ für feige, weil sie nicht den Mut haben, selbst die Entscheidung zu treffen, bulgarische Truppen in die Ukraine zu schicken, und zwar weil sie genau wissen, dass dies von einer Mehrheit abgelehnt wird. Das trifft auf jeden Fall auch auf Deutschland zu. Dass Leute wie Strack-Zimmermann und Hofreiter feige sind, sieht man schon daran, dass sie selbst nicht an die Ostfront wollen. Dass die NATO an diesem Krieg bereits jetzt beteiligt ist, hält Radev für ein offenes Geheimnis, das zunehmend an die Öffentlichkeit gelangt. Auch in Deutschland, erlaube ich mir hinzufügen. So blöde ist selbst der dumme Deutsche nicht, dass er das nicht weiß. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass ihm auch klar ist, dass die Entscheidungen bezüglich des Krieges in der Ukraine eine unkontrollierte Eskalation darstellen, die in einem Atomkrieg enden können. Beim Bulgarische Nationalradio ist in dem Zusammenhang von einem nuklearen Armageddon die Rede. Wie sehr wünschte ich mir ein solches Radio auch für Deutschland. Auf die Deutsche Mark kann ich – vorerst – noch verzichten.

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Leaving Berlin (038)

Gestern auf dem Basar stand plötzlich dieser Mann mit diesem T-Shirt vor mir. In Bulgarien nichts ungewöhnliches. Das Land ist voll von Läden mit abgetragener Kleidung aus den reicheren Ländern der europäischen Union, vorzugsweise aber aus Deutschland. In den Schluchten des Balkans ist alles zweiter Hand und dritte Wahl. Auch deswegen gibt es keine Garantie. Natürlich weiß der Mann nicht, was da auf seinem T-Shirt steht, wie er auf Nachfrage bestätigte. Aber gut, wer wusste in der Heimat schon, wer „wir“ ist, und was dieses „wir“ gemeinsam „schaffen“ soll. Noch nicht einmal der ewig schaffende Schwabe wusste das. Heute ist es ganz ähnlich mit „unserer Demokratie“. Wer gehört zu „unserer Demokratie“ dazu? Wer nicht? Und warum? Ich dachte jedenfalls immer, dass in einer Demokratie alle mitmachen dürfen. Gemeinsam also. Auch wenn der Mann wie gesagt nicht weiß, was auf seinem T-Shirt steht, sehe ich bessere Chancen, dass die Bulgaren es schaffen – schließlich haben sie in der Vergangenheit immer alles geschafft. Jede Krise gemeistert, war sie auch noch so groß. Dazu brauchten sie niemanden, der ihnen das sagt. Schon gar keine Regierung. Sie haben es gemeinsam geschafft. Beim Deutschen bin ich mir da nicht so sicher. Selbst, wenn man ihnen sagt, dass sie es schaffen werden, schaffen sie es nicht. – Wie in der Vergangenheit, so auch heute.

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Meanwhile in Germany (019) – Guten Morgen Berlin!

Sprach man einst von Notleidenden Banken, muss man heute von Notleidenden „Fahrdienstleistern“ sprechen. Wobei „Fahrdienstleister“ nicht ganz korrekt ist. Denn die „Fahrdienstleister“, allen voran Uber, fahren nicht selbst. Sie lassen fahren, und zwar von kriminellen Mietwagenfirmen, und das im großen Stil. – Nun hat sich das bestätigt, was auch ich schon seit Jahren sage: Bei den Mietwagenfirmen kann es nicht mit rechten Dingen zugehen. Ihr Geschäftsmodell, eher „Geschäftsmodell“, kann nicht funktionieren, zumindest nicht legal. Wer Eins und Eins zusammenrechnen kann, weiß das. In Berlin, der Zentrale des deutschen Irrenhauses, kann nicht jeder Eins und Eins zusammenzählen. Selbst Journalisten, besser „Journalisten“, wurden nicht müde, Uber als das „Neue, Schöne & Gute“ zu preisen. Jetzt, sieben Jahre später, hat man auch in der Bundeshauptstadt das Rechnen gelernt. Guten Morgen, Berlin! – Nein, es handelt sich nicht um irgendwelche Kleinkriminelle, sondern um organisiertes Verbrechen und mafiöse Strukturen. Plötzlich scheint einiges zu gehen in „The City That Never Works“. So soll beispielsweise eine KI die für Mietwagen geltende Rückkehrpflicht überprüfen. Bis gestern war eine solche Überprüfung angeblich nicht möglich gewesen. Woher ich das alles weiß? Aus der Zeitung, genauer aus der Berliner Zeitung, die gestern einen Beitrag mit dem Titel „Wir haben einen Sumpf entdeckt“: Berliner Senat geht gegen illegale Uber-Fahrer vor veröffentlicht hat. Eines hat man offensichtlich auch bei der Berliner noch nicht verstanden. Es geht nicht um die Fahrer, es geht um Uber. Der Fisch stinkt auch hier vom Kopf. – Bester Satz im Text: „Die Polizei kann nichts machen.“ – Wenn das so ist, sei die Frage erlaubt: Wozu haben wir sie dann?

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Leaving Berlin (037)

Ist der Flohmarkt in Berlin traditionell am Sonntag, ist er im bulgarischen Montana immer Montags. Neben Ersatzteilen, Arbeitsschuhen, Geschirr, Werkzeug und Töpfen zum Schnaps brennen werden auf ihm auch Kartoffeln, Tomaten, Gurken und sogar Kinderschokolade (oben) für unschlagbare 50 Cent (1 Lew) angeboten. Dass keiner zuschlägt, liegt daran, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der Kinder-Schoko-Bons bereits 2022 abgelaufen ist. Im Supermarkt sind die Sonderangebots-Regale (unten) regelmäßig leer geräumt. Das Leben ist teuer geworden in Bulgaren. Die meisten Lebensmittel sind mittlerweile genauso teuer wie in Deutschland, manche sogar teurer. Um davon abzulenken, läuft in den Supermärkten neuerdings Musik, die bei jedem Besuch lauter und aggressiver wird. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich funktioniert beim Bulgaren. Ein Versuch scheint es wert zu sein.

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Leaving Berlin (036)

Das Spiel ist aus

Bulgarien hat – mal wieder – keine Regierung. Die Macht liegt sozusagen auf der Straße. Ohne Regierung lebt es sich ganz angenehm. Auf keinen Fall schlechter als mit – eher besser. Selbst in Sofia, wo ich neulich für einen Tag war. Die Stadt geht mir zunehmend auf die Nerven. Sie wird immer mehr wie alle anderen Großstädte: langweilig. Die Leute dort kommen mit den einfachsten Dingen nicht mehr zurecht, zum Beispiel mit einem Regenschauer. Einerseits beklagen sie sich, dass es wegen dem Klimawandel zu wenig regnen würde. Wenn es dann mal regnet, fallen sie sprichwörtlich aus allen Wolken. Eine Freundin musste nochmal nach hause fahren, um sich umzuziehen. Wie ich mich fühlen würde in Sofia, fragte sie mich, als sie endlich auftauchte. Die Antwort fiel mir nicht schwer: Wie Crocodile Dundee! – In der verlinkten Szene geht es um ein Messer, was mich an Deutschland denken lässt, wo es – mal wieder – einen Messerangriff gab und ein Polizist weiterhin in Lebensgefahr schwebt. Und das, obwohl es dort eine Regierung gibt.

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Leaving Berlin (035)


Vor einigen Tagen war ich in Sofia, der bulgarischen Hauptstadt. Bulgarien ist Deutschland um eine Stunde voraus, ich hatte das schon mehrfach erwähnt. Möglicherweise ist man der Heimat auch in Sachen Sowjetisches Ehrenmal voraus. Jedenfalls fehlt hier schon mal die Skulptur auf dem Denkmal, es steht nur noch der Sockel. Ran kommt man trotzdem nicht. Auch der Sockel ist weiterhin durch einen Bauzaun „geschützt“. Davor gibt es einen Veranstaltungs-Container mit der Aufschrift „Stimme des Volkes“ („Vox Populi“), in dem aber seit Monaten keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Offenbar hat man, nachdem die „Stimme des Volkes“ gesprochen hat, diese zurück in die Mottenkiste getan. Dafür gibt es in „Rot wie Blut“ den Aufruf Nazis zu töten. Fast fühle ich mich angesprochen. Immerhin wurde ich auch schon mal als Nazi bezeichnet und auch bedroht. Das war aber in Berlin, der Zentrale des deutschen Irrenhauses. Ich bin mir nicht sicher, ob „Kill Nazis!“ in Bulgarien, wo Ja Nein und Nein Ja bedeutet, dieselbe Bedeutung hat wie in Deutschland, dem einstigen Land der Dichter und Denker. – Ich denke Nein.

Sowjetisches Ehrenmal in Sofia am 21. September 2023

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Leaving Berlin (034)

Das ist meine erste Tomate. Heute habe ich sie angebunden, also die Pflanze. Insgesamt habe ich zehn Tomatenpflanzen, die ich vor gut einem Monat gepflanzt habe. Seither hat es viel geregnet, zu viel für meine Tomatenpflanzen. Sonst hätte ich vielleicht schon mehr, immerhin habe ich frühe Tomaten gekauft. Heute hat es sogar gewittert und gehagelt. Danach habe ich die Stöcke vom letzten Jahr in den Boden gerammt und die Tomatenpflanzen an ihnen angebunden. Auch damit mir die Pflanzen nicht wegfliegen. Denn manchmal haben wir starke Winde hier in den Schluchten. Der Untergrund ist übrigens Selbstgehäckseltes auch vom letzten Jahr. Deswegen habe ich kein Unkraut, oder zumindest noch nicht. Ich hatte auch drei Gurken gepflanzt, aber die Pflanzen sind verschwunden, komplett weg, über Nacht sozusagen. Da soll es Tierchen geben, denen jungen Gurkenpflanzen schmecken. Ich kenne sie nicht persönlich, aber Baba Bore, meine Nachbarin. An ihrer Stelle stehen jetzt zwei Zwiebeln. Die habe ich gepflanzt, weil sie schon wieder Grünzeug getrieben haben. Dann kann man sie zwar noch essen, sie sind aber nicht mehr wirklich lecker. Die Power steckt in den Trieben. Und bald in neuen Zwiebeln. So hoffe ich. Und die esse ich dann zusammen mit den Tomaten. Das ist der Plan.

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