Bericht aus Bulgarien (245) – “Nicht das Gelbe vom Ei”

Individuelles T-Shirt in Sofia

Was mir am meisten fehlt, seit ich kein Taxi mehr fahre, ich hatte das schon mehrfach erwähnt, sind die Gespräche, der Austausch mit den unterschiedlichsten Menschen. Früher ergaben sich diese Gespräche, dieser Austausch praktisch von selbst bei mir im Taxi. Heute muss ich aktiv auf Menschen zugehen, sie ansprechen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Auf dem Balkan ist das viel einfacher als in Deutschland, wo jeder denkt, er wäre so individuell, obwohl auch dieser Blödsinn in Bulgarien im Kommen ist, allerdings nur in Sofia und am Meer, wo man es sich von den Ausländern abschaut. Was Berlin angeht, hat Rainald Grebe es in seinem Song über den Prenzlauer Berg auf den Punkt gebracht: “Sie sehen alle gleich aus – irgendwie individuell.” – So auch obiges T-Shirt in Sofia, dessen Träger ich nach einiger Überwindung ansprach und mit ihm ins Gespräch kam. Es stimmt wirklich, es fällt mir schwer, einfach auf Menschen zuzugehen, sie anzusprechen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Auch ich habe Angst vor Ablehnung. Abgelehnt zu werden ist für die allermeisten sehr schlimm. Neulich habe ich in einem Buch gelesen, dass das der Grund sei, dass niemand mehr auf den anderen zugeht und ihn einfach anspricht. Für mich kann ich das auf jeden Fall bestätigen. Da ich nicht bei den asozialen Medien bin, ich habe nur diese Seite, kein Facebook, kein Instagram und was es da noch so alles gibt, bin ich gezwungen, auf andere Menschen zuzugehen, sie anzusprechen, insbesondere in der Fremde. So habe ich es auch mit dem Träger des obigen T-Shirts getan, der jetzt kein Fremder mehr für mich ist. Sein Name ist auch Rumen, und obwohl er offensichtlich etwas gegen amerikanische Milliardäre hat, ist er ein Fan der USA. Da ich seit einiger Zeit nicht nur halber Deutscher und halber Bulgare, sondern auch halber Amerikaner bin, hat mich das natürlich interessiert. Selbstverständlich ist für ihn, also Rumen, die USA auch ein Imperium, das immer noch die Welt beherrschen will, und dies ja auch lange getan hat. Das sei natürlich nicht in Ordnung, aber Imperien gibt es immer wieder, und dann ist doch eines, das weit weg ist, einem gleich um die Ecke, damit war wohl das Osmanische Reich gemeint, das Bulgarien viele Jahre einverleibt hatte, vorzuziehen. Das fand ich interessant, denn so hatte ich Amerika zuvor noch nie gesehen gehabt. Nach kurzer Überlegung gab ich zu bedenken, dass ein Krieg des Imperiums um die Ecke in der Ukraine auch nicht gerade das Gelbe vom Ei sei. Das hatte nun Rumen offensichtlich noch nie so gesehen. Jedenfalls musste auch er erst einmal darüber nachdenken. Während er nachdenkt, will ich rasch etwas zum T-Shirt sagen. Ich habe etwas gebraucht, um zu realisieren, wer da abgebildet ist. So weit sind die USA, ist Amerika und seine Milliardäre mittlerweile weg für mich.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (244) – “Vom Bulgaren lernen”

Auch bei den Tieren gibt es Maskenträger, zumindest in Bulgarien. Meist stehen sie aber ganz friedlich nebeneinander, so wie im Tal der Esel, eine Art bulgarische Farm der Tiere im Südwesten des Landes, die ich gerade besuche. Dass die einen auf die anderen losgehen, ganz und gar an die Gurgel gehen wie in Deutschland, gibt es hier nicht, hat es hier nie gegeben und wird es hoffentlich auch nicht geben.

Ganz im Gegenteil. Im Tal der Esel, in dem viele verschiedene Tiere zu hause sind, hilft man einander, wo man kann. So kontrolliert hier zum Beispiel ein Huhn den Sitz der Maske bei einem Esel. Dieser hat kein Problem damit, dass ihm ein Maskenloses Huhn die Maske zurecht zupft, sondern lässt dies gerne geschehen.

Aber nicht nur das. Das Huhn sieht sich darüber hinaus auch gerne den Penis samt Hoden des Esels an, der wegen seiner Maske nicht mehr selbst ran kommt. Und wenn es Not tut, dann befreit das hilfsbereite Huhn den hilflosen Esel sogar von Insekten und anderen Mikroorganismen auf seinem empfindlichen Körperteil.

Das wünsche ich mir auch für den Menschen. Dass man wieder füreinander da ist, wie in Bulgarien. Dass man dem anderen hilft, wo man kann. Damit die sinnlose Spaltung endlich ein Ende hat und Angstmacher keine Chance mehr haben.
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Bericht aus Bulgarien (243) – “Wollt ihr den totalen Ausverkauf?”

Dem totalen Krieg, das wissen die wenigsten, geht immer ein totaler Ausverkauf voraus, an erster Stelle von Werten. In Bulgarien, das Deutschland auch hier mal wieder voraus ist, hat dieser totale Ausverkauf bereits begonnen. Keine Ahnung, wie viel man für Winter-Sachen jetzt im Hoch-Sommer bekommt. Offensichtlich aber mehr als Nichts, was man hier in Bulgarien im Winter dafür erwartet. Wer noch Sport-Klamotten für den bevorstehenden Winter in der Heimat braucht, die er sowohl zu hause in seiner kalten Wohnung über den drei von Sarrazin Habeck, unserem geliebten Führer und Reichs-, äh Bundeskanzler, empfohlenen Pullovern, aber auch zum gemeinsamen Volksaufstand draußen auf der Straße tragen kann, sollte sich den totalen Ausverkauf auf dem Balkan auf keinen Fall entgehen lassen.

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Bericht aus Bulgarien (242) – “Die Deutsche Klinik – Symbol der Hoffnung”

Wenn ich eines von dem Zusammenbruch der DDR gelernt habe, dann ist es dies, dass ein Volk immer genau die Volksvertreter hat, die es verdient. So ist es auch heute. Die Rede ist von Karl Lauterbach, unserem Gesundheitsminister, der neulich noch der beliebteste Politiker Deutschlands war, genauso wie früher der Genosse Erich Honecker in der DDR. In Bulgarien schütteln die Menschen alleine beim traurigen Anblick dieser bedauernswerten Gestalt und seinen fahrigen Bewegungen den Kopf. Seinen sich täglich widersprechenden Ausführungen kann hier keiner folgen, aber das kann ja auch in der Heimat niemand mehr – ganz ohne Sprachbarriere. Obwohl die Lage in Bulgarien selbst zwar nicht ernst aber doch hoffnungslos ist, hat man für Deutschland und seine Politiker noch Hoffnung. Das liegt zum größten Teil daran, dass das Wissen über Deutschland in aller Regel dem Wissensstand der Neunziger entspricht. Aus dieser Zeit stammt auch obige “Deutsche Klinik” (“НЕМСКА КЛИНИКА”) mit dem schönen Namen “Symbol der Hoffnung” (“Cимвол на надеждата”). Dort würde der mitfühlende und vor allem mitleidende Bulgare unseren geliebten Führer Volksvertreter sogleich einem “Psychotest” (“психотест”) unterziehen, und zwar beim Psychologen (“психолог”) in der 2. Etage (“Етаж 2”). In Bulgarien werden Menschen wie Karl Lauterbach nicht einfach ihrem Schicksal überlassen wie in Deutschland. Ganz im Gegenteil, hier hilft man ihnen, indem man andere vor sie schützt, und sie vor sich selbst.

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Bericht aus Bulgarien (241) – “Der Eselflüsterer”

So sieht er aus

Während der Pferdeflüsterer noch Pferden einflüsterte, flüstern Esel dem Eselflüsterer ein. Das liegt nicht nur daran, dass in Bulgarien, wo sich der Eselflüsterer nun seit über einem Jahr aufhält, immer alles umgedreht ist, aber auch. Vor allem liegt es daran, dass Esel um einiges klüger sind als Pferde (und vermutlich auch klüger als die meisten Menschen, erlaube ich mir hinzuzufügen). Das wusste bereits Orwell, in dessen “Farm der Tiere” sich das Pferd Boxer zu Tode schuftet, was dem Esel Benjamin nicht passieren kann. Was dem Eselflüsterer eingeflüstert wurde, wird er in den nächsten Tagen hier auf dieser Seite veröffentlichen. Dranbleiben lohnt sich also. Das meint zumindest der Eselflüsterer.

PS: Spenden für den Eselflüsterer (oben rechts) sind jederzeit willkommen – Danke!

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Bericht aus Bulgarien (240) – “Legitimer Protest in der Coronakrise”

Das versteht nicht einmal ein Esel

Lese gerade im ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg, dass es in der Corona-Krise legitime Proteste gegeben haben soll, was ich nicht wusste. Wurde uns nicht bis gestern genau das Gegenteil erzählt? Auch vom ehemaligen Nachrichtenmagazin? Und zwar dass nur Schwurbler, Aluhüte, Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker, Rechte, Reichsbürger, Nazis, Spinner, Impfgegner und was es da noch so alles gibt zu Protesten gegen die Corona-Panik-Plandemie-Politik gehen würden. Ist man etwa in Hamburg gerade dabei umzufallen? Sind das vielleicht alles Wendehälse, die da jetzt plötzlich was ganz anderes schreiben? Nein, natürlich nicht. Man will uns nur vorbereiten. Insbesondere die, die bis gestern geschlafen haben, aber morgen nicht frieren wollen und deswegen auf die Straße zu gehen beabsichtigen. Morgen ist das natürlich verboten. Bis gestern war es erlaubt, oder wird uns nun als erlaubt und sogar berechtigt hingestellt, obwohl neulich sogar noch harmlose Spaziergänge verboten waren, von denselben Leuten übrigens, denen nichts zu peinlich zu sein scheint. Eigentlich müsstest ihr euch schämen, ihr Heuchler aus Hamburg. Aber selbst das müssen wieder andere für euch übernehmen. Ich jedenfalls schäme mich fremd für Politiker wie Innenministerin Nancy Faeser und so genannte Journalisten wie die vom Spiegel aus Hamburg.

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Bericht aus Bulgarien (239) – “Das nächste große Ding nach Corona”

Er hätte es werden können

Ich war mir sicher, dass der Esel das nächste große Ding nach Corona werden wird. Deswegen bin ich nach Bulgarien gekommen. Um unglückseligen, durch Corona geschädigten Menschen Esel-Wanderungen anzubieten, und damit mein Leben hier in den Schluchten des Balkans bestreiten zu können. Nun ist anders gekommen, wie es im Leben immer anders kommt. Für einen Moment sah es so aus, als würde der Affe mit seinen Pocken das nächste große Ding nach Corona werden. Am Ende ist es der Russe mit seinem Putin geworden. Seitdem ich den Menschen kenne, liebe ich die Tiere, sagten wir früher immer. Dabei sind Tiere auch nur Menschen – und umgedreht. Immer mehr Menschen werden zu Tieren, wenn man sie in die Ecke drängt, ihnen ihr liebsten nimmt, beispielsweise ihr bisheriges, sicher geglaubtes Leben. Und da das alle Menschen betrifft, glaube ich nicht länger an den Bösewicht Putin, habe ich nie an ihn geglaubt. Baerbocks “Russland ruinieren” ist für mich genauso bescheuert wie Macrons “Krieg gegen Corona”. Solche Sätze sagen Kriegstreiber, und von ihnen gibt es immer mehr im Westen. Wie das mit seinen Werten vereinbar ist, bleibt sein Geheimnis. Bis zur Auflösung des Rätsels halte ich mich an den Esel, der für seine Gelassenheit und auch für seine Klugheit bekannt ist. Nicht ohne Grund ist der Esel Benjamin das klügste Tier in Orwells “Farm der Tiere”. Irgendwie bin ich auch froh, dass der Esel nicht das nächste große Ding nach Corona geworden ist. Damit hätte sich der Mensch übernommen, das hätte ihn, den Menschen, überfordert. Umgekehrt bin ich mir sicher, dass der Esel den Menschen als ein Wesen seinesgleichen betrachtet, das in höchst gefährlicher Weise den gesunden Tierverstand verloren hat, — als ein wahnwitziges Tier, als ein lachendes Tier, als ein weinendes Tier, als ein unglückseliges Tier.

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Bericht aus Bulgarien (238) – “World Gone Wrong”

“Strange things have happened, like never before”, damit beginnt obiger Song “World Gone Wrong” von Bob Dylan aus dem Jahr 1993, der mir sofort einfiel, als ich von dem Attentat auf Salman Rushdie hörte, dem Autor der “Satanischen Verse”. Auf Deutsch ist das Buch von vielen Autoren und Persönlichkeiten herausgegeben, damit kein Einzelner in die Schusslinie gerät, in der Salman Rushdie viele Jahre stand, nachdem sein Roman “Die Satanischen Verse” im September 1988 erstmals erschienen war. Das Buch jetzt gerade hier in Bulgarien in der Hand haltend frage ich mich, ob sich heute noch so viele mutige Menschen finden würden, um etwas zu veröffentlichen, von dem jemand anders will, dass es nicht veröffentlicht wird. Getreu der Orwellschen Definition von Journalismus, an die sich heute in Deutschland kaum ein Journalist hält: “Journalism is printing what someone else does not want printed; everything else is public relations.” Ich bin mir also nicht sicher, dass sich heute genug Menschen finden würden, etwas vergleichbar “Gefährliches” zu veröffentlichen – ich denke eher nicht. Wo ich mir sicher bin, ist, dass das gestrige Attentat auf den Autor Salman Rushdie zuallererst ein Anschlag auf die Freiheit der Kunst war. Nicht umsonst hat sich der Attentäter eine Veranstaltung zum Thema künstlerische Freiheit für seinen Mordanschlag ausgesucht. Und dies ist nun meine Rote Linie. Wer die Freiheit der Kunst angreift, muss meinerseits mit Widerstand rechnen. Dabei ist es mir egal, woran dieser Mensch glaubt, ob an Allah, den lieben Gott, ans Impfen, ans Maskentragen oder auch nur an “The New Normal Reich”, wie der reisgekrönte US-amerikanische Dramatiker, Romanautor und politische Satiriker/Kommentator C. J. Hokins mit Sitz in Berlin es nennt. Hier halte ich mich an Bob Dylans obigem Song “World Gone Wrong”, in dem der Literaturnobelpreisträger seinem eingangs erwähntem “Strange things have happened, like never before” -> “I can’t be good no more, once like I did before, I can’t be good, because the world’s gone wrong” folgen lässt.
Video BobDylan
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (237) – “Vollmond Fieber”

Vollmond in den Schluchten des Balkans

Letzte Nacht war in Bulgarien Vollmond, und vermutlich auch in der Heimat. Manchmal bin ich mir da gar nicht mehr sicher, ob es so ein Land wie Deutschland noch gibt. Einerseits, weil bei meinem letzten Besuch dort der Wahnsinn zur Normalität geworden war. Andererseits, weil in Bulgarien immer anders herum ist. Hier schläft der Mond wenn er voll ist, obwohl es eigentlich ich war, der letzte Nacht wegen Vollmond nicht schlafen konnte. Ich hatte also eher das Vollmond Fieber, von dem Tom Petty sang, dessen gleichnamiges Album ich eine zeitlang oft und gerne im Taxi gehört habe. Bis heute geniale Musik zum Autofahren, nicht nur in Amerika, da natürlich ganz besonders, sondern auch in den Schluchten des Balkans, wo immer mehr Menschen im freien Fall sind. Noch mehr sind es nur noch in der Heimat. Dort ist die Halt- und Orientierungslosigkeit noch größer als in Bulgarien, auch weil die Infantilisierung der übergroßen Mehrheit ein Ausmaß erreicht hat, das man sich bis gestern nicht vorstellen konnte. Das Leben in Deutschland gleicht immer mehr einem Dauerkindergeburtstag, der nicht zu Ende gehen will, so wie in dem Song von Tom Petty. Völlig infantile Erwachsene sind dort gute Menschen, die Mutti, Jesus und ihr gerade den Bach runter gehendes Land lieben, und die vermutlich auch alles machen würden, was man ihnen sagt. Praktisch so wie gerade in Deutschland. Ich selbst bin übrigens der von Tom Petty besungene Bad Boy, der das alles überhaupt nicht mehr vermisst. – “And I’m free!”

PS: Es ist kein Zufall, dass “Free Fallin'” ausgerechnet 1989 aufgenommen wurde.

PPS: Kein Kindergeburtstag – Attentat auf auf den Autor der “Satanischen Verse” Salman Rushdie auf einer Veranstaltung zum Thema “künstlerische Freiheit”.

Video TomPetty
Text TaxiBerlin