Treffen beim Advokaten des Teufels

Die Sache mit Julian Assange, der sich, bevor er zurück in seine Heimat Australien darf, noch auf irgendeiner Insel der Amerikaner schuldig bekannt hat, erinnert mich an die Ausreise von DDR-Bürgern aus der Prager Botschaft in die Bundesrepublik. Die Bundesrepublik war damals noch ein anderes Deutschland, als es heute ist. Das heutige Deutschland hat mit der alten Bundesrepublik nichts gemein. Die DDR-Bürger mussten damals erst zurück in die DDR, bevor der Zug Fahrt Richtung Westen aufnehmen konnte. In der DDR wartete auch kein Gericht auf sie, so wie im Fall Assange, sondern andere DDR-Bürger, die auf den Zug nach Westen aufspringen wollten. Aus dieser Geschichte haben die Amerikaner gelernt. Bloß kein Ort, wo irgendwelche Sympathisanten oder Trittbrettfahrer auftauchen könnten. Was lernen wir daraus? Man muss sich immer erst schuldig bekennen, bevor man frei kommt. Aber warte mal: Haben sich die USA jetzt auch schuldig bekannt, Kriegsverbrechen begangen zu haben? Assange hat doch Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt. Oder etwa nicht?

Pink Date Automat beim Advokaten in Bulgarien

“Wir müssen kriegstüchtig werden!”

“Wir müssen kriegstüchtig werden!” (0:48) – das fordert SPD-Mann Pistorius, denn “einer muss der Bluthund werden”, Zitat Noske, ebenfalls SPD. Obwohl im Ausland, oder vielleicht gerade deswegen, nehme ich unseren Kriegsminister beim Wort. Nachdem neulich bereits Stahlhelme auf dem Flohmarkt im Angebot waren, gab es dort gestern weitere Angebote. Aber welches Outfit und welche Waffe passt zu mir? Vielleicht obiges Schwert?

Oder doch besser der Klassiker? Die gute alte Kalaschnikow?

Und was ist mit der Uniform? Sind vier Sterne zu viel für den Anfang?

Bevor es an die Ostfront geht, Party machen nicht vergessen! Ist vielleicht das letzte Mal.

Am Ende habe ich mich für eine Kettensäge entschieden. Die Kettensäge ist das Bajonett von heute. Das meint zumindest mein Ausbilder. Gehandhabt wird es genauso: Reinstechen und dann ganz langsam drehen.

Nicht wiederzuerkennen

Gestern waren meine früheren Nachbarn zu Besuch, er ein pensionierter Polizist, sie Ärztin. Zu Deutschland haben sie sowohl eine geschäftliche, als auch eine privaten Beziehung. Kürzlich seien sie wieder in meiner einstigen Heimat gewesen, hätte aber ihre alte Liebe Deutschland nicht wieder erkannt. Auch ihr angestammtes Hotel, in dem die Nacht über 300 Euro kostet, habe so einiges nicht funktioniert diesmal. Dann kam die Ärztin aufs Thema “Impfen” zu sprechen, und dass in Deutschland, im Gegensatz zu Bulgarien, sich praktisch alle haben impfen lasse, was Wahnsinn sei. Wahnsinn deswegen, weil die Folgen nun nicht mehr zu übersehen seien, womit sie an erster Stelle die “plötzlich und unerwarteten” Todesfälle meinte. Waren meine früheren Nachbarn, beide wie ich ungeimpft, einst regelrecht verliebt in Deutschland, bleiben sie nun lieber zu Hause in Bulgarien.

“Wasser & Toiletten” statt “Brot & Spiele”

Nicht nur in Berlin gibt es die Fête de la Musique, sondern auch in Bulgarien. Gibt es in der Bundeshauptstadt mehrere Bühnen, gibt es hier nur eine. Auch das Publikum in ein anderes. Sind die Besucher in Berlin eher jünger, leicht bekleidet, dafür stark alkoholisiert, sind es hier ältere Herrschaften, in normaler Kleidung, die nur Wasser trinken. Dass die Leute älter sind, liegt daran, dass alle jungen im Ausland sind. Das betrifft auch die Menschen auf der Bühne. Stehen da sechs Leute, sind das 500 Lebensjahre. Sowohl über die Bühne, als auch über das Publikum ist hier ein Sonnendach gespannt. Neben dem Wasser, das es zu trinken gibt, sind vor allem die Toiletten wichtig, weswegen die Fête de la Musique hier in Bulgarien auch “Wasser und Toiletten” heißt.

Leaving Berlin (058)

Gestern war ich in der Stadt, um einen Freund aus der Heimat abzuholen. Dei der Gelegenheit war ich auch bei Lidl, wo gerade Brötchen für 0,08 Lewa (vier Cent) im Angebot sind. Obwohl ich angefangen habe, mein eigenes Brot zu backen, konnte ich mich nicht zurückhalten, auch weil ich noch nicht bis zum Brötchen backen vorgedrungen bin. Obwohl die Brötchen beim bulgarischen Lidl genauso wie in der Heimat nur aufgebacken sind, sind sie ganz OK. Unschlagbar ist natürlich der Preis mit vier Cent. Billiger als die Brötchen im Osten, die fünf Pfennig gekostet haben. In Bulgarien herrscht, was Brötchen angeht, Sozialismus. Trotzdem werden Brötchen hier irgendwie nicht angenommen. Ich war der einzige, der überhaupt welche gekauft hat. Der Bulgare beschäftigt sich nicht mit “weißen Semmeln”, wie die Brötchen beim bulgarischen Lidl genannt werden. Der Bulgare rechnet traditionell in Weißbroten – ganz bewusst in der Mehrzahl. Es sind also genug Brötchen für alle da. Jeder, der sich in der Heimat keine Brötchen mehr leisten kann, sollte sich auf den Weg machen. Er ist herzlich willkommen im Billig-Brötchen-Land Bulgarien. Ein Freund aus der Heimat hat es wie gesagt getan. Und obwohl er schon mehrfach hier war, war er aufs Neue erstaunt, wie tot die Gegend hier ist. Dass es kaum Menschen gibt und dementsprechend keine Busse fahren. Klar, ich schreibe ständig, dass es die ärmste Region des Landes ist. Aber was das praktisch bedeutet, weiß man erst, wenn man versucht herzukommen. Zum Schluss noch ein Wort zu den Brötchen. Manchmal frage ich mich, woraus die Brötchen gemacht sind, wenn sie nur vier Cent das Stück kosten. Immer wieder komme ich zu der Antwort, dass sie eigentlich nur aus dem gemacht sein können, aus dem auch die Kekse in dem Film “Soylent Green” gemacht waren. Im Untertitel heißt der Film “Jahr 2022 – die überleben wollen”. Vielleicht schaust Du ihn dir mal an. Ich kann ihn nur wärmstens empfehlen.

Leaving Berlin (057)

Endlich habe ich es zu meinem kleinen Mineralwasserbad im Wald geschafft. Mein Bürgermeister hatte es letzten Samstag im Rahmen eines Subbotniks für mich herrichten lassen. Ein Subbotnik, wer ihn nicht kennt, ist ein freiwilliger Arbeitseinsatz am Samstag. Der Subbotnik kommt aus dem Russischen, wo Samstag Subbota heißt – deswegen Subbotnik. Im Bulgarischen heißt der Samstag Sibota, also ganz ähnlich. Freiwillige Arbeitseinsätze sind die Zukunft, das Kommende sozusagen. Ich beteilige mich auch immer wieder an Subbotniks. Einmal, es ist jetzt auch schon wieder eineinhalb Jahre her, haben wir den Alten bei uns im Dorf Sonnenblumenöl, Mehl, Zucker und weiße Bohnen in der Konserve nach Hause gebracht. Spenden der EU, damit sie nicht einsam und Mutterseelenallein verhungern. Ein wenig peinlich war das schon. Erst lockt man die Jungen, gut Ausgebildeten ins Ausland, der Fachbegriff dafür ist “Brain Drain”, und dann schickt man den Alten Almosen nach Hause. Zum Glück ist diese Zeit vorbei, immer mehr Bulgaren kehren aus dem Ausland zurück. Dort sucht man gerade junge Menschen als Kanonenfutter für die Front. Die müssen nicht gut ausgebildet, sondern können ruhig doof sein. Sie müssen nicht einmal die Tagesschau in einfacher Sprache verstehen. Jemand meinte neulich, dass jetzt im großen Stil eingebürgert wird, damit man genügend Rekruten hat. Das ist natürlich Quatsch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein junger Syrer, der vor dem Krieg in seinem Land nach Deutschland geflohen ist, jetzt zum Morden in die Ukraine geht. Was ich allerdings glaube, ist, dass ein neuer großer Krieg in Europa direkt vor der Tür steht. Bertolt Brecht warnte vor jetzt 73 Jahren in einem Brief mit folgenden Worten vor einem solchen Krieg: Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten. Die Angst scheint auch in Amerika angekommen zu sein, wenn Mark Zuckerberg sich für 260 Millionen einen Bunker auf Hawaii baut. Sicherlich hat dieser Bunker auch einen Pool. Davon würde ich ausgehen. Ob er wie meiner mit Mineralwasser gefüllt ist, bezweifle ich allerdings. Gut, dafür hat mein Pool keinen Bunker. Das stimmt auch wieder. Andererseits glaube ich, dass – wie in der Vergangenheit – die Entscheidungsschlacht eher um Berlin als um ein Mineralbad in den Schluchten des Balkans stattfinden wird. Ob Amerika, wozu Hawaii gehört, erneut verschont bleibt, da bin ich mir nicht so sicher.

Leaving Berlin (056)

“Schnauze voll von Berliner Schnauze”, so der Titel meines gerade bei Manova erschienen Artikels, in dem ich meine Eindrücke in der Bundeshauptstadt beschreibe. Obiges Fotos vom U-Bahnhof Spittelmarkt Ende März bringt die Situation auf den Punkt. Wie der Fahrkartenautomat, so die Stadt: Außer Betrieb. Nichts funktioniert in “The City That Never Works”. Immer mehr Menschen betteln, sammeln Flaschen sammeln, leben auf der Straße. Die Hand, die da aus dem Schlafsack ragt, ist die “Hungerkralle” unserer Tage, für die Berlin bekannt ist.

Leaving Berlin (055)

Am Montag war ich wieder auf dem Flohmarkt in Montana, wo obige Aufnahme entstand. War der Besuch des Flohmarktes bisher immer schon eine Art Heimreise (auf dem Flohmarkt werden Dinge angeboten, die in der Heimat auf der Straße liegen), so wird er nun mehr und mehr zu einer Zeitreise. Eine Zeitreise, die mit Helmen beginnt. Der ein oder andere erinnert sich, am Anfang hat Deutschland Helme in die Ukraine geschickt. Es sind nicht die Helme, die jetzt auf dem Flohmarkt in Montana angeboten werden. Davon würde ich ausgehen. Immerhin, nun hatte auch ich die Gelegenheit, mich mit einem Helm auszustatten. Denn geht es nach dem Präsidenten Serbiens, dessen Grenze nur wenige Kilometer von Montana entfernt ist, stehen alle Zeichen auf einen großen Krieg. Wie meine Zeitreise auf dem Flohmarkt am Montag in Montana weiter ging, was für Highlights es gab und ob ich mir am Ende einen Helm gekauft habe, all das erfährst Du in meinem Beitrag “Deutschland in Montana – Der Besuch eines bulgarischen Trödelmarktes als Heim- und Zeitreise – und als Menetekel zwischen Krieg und Frieden” auf Medien+ der “Freien Akademie für Medien & Journalismus”.

Leaving Berlin (054)

Jetzt bin ich auch so einer geworden, der Etiketten auf sein Eingemachtes klebt. So weit ist es gekommen. Gut, es sind keine gekauften Etiketten, sondern dieses Klebeband, das Maler verwenden. Auf Bulgarisch heißt das Klebeband Tickso. Keine Ahnung, wie es auf Deutsch heißt. Langsam vergesse ich die Muttersprache. Für die Beschriftung meiner Gläser habe ich bereits eine Geheimsprache gewählt. Jetzt habe ich Sorge, dass irgendwer den Code knackt. Oder dass ich ganz und gar meine eigene Geheimsprache vergesse. Das wär’s noch. Gut, ich könnte einfach das Glas aufmachen und den Inhalt probieren. Aber dann bräuchte ich keine Etiketten. Was ich eigentlich sagen will: Ich bin jetzt auch unter die Prepper gegangen. Ein Bekannter hat mich neulich darauf gebracht. Der Bekannte machte sich darüber lustig, dass sein Bruder, er lebt in Amerika, ein Prepper sei. Ich erlaubte mir, ihn darauf hinzuweisen, dass ich damit kein Problem hätte. Immerhin ist Mark Zuckerberg auch ein Prepper, wenn er sich für 260 Millionen Dollar einen Bunker auf Hawai bauen lässt. Das ließ der Bekannte nicht gelten. Reiche können keine Prepper sein. Prepper sind immer nur arme Irre. Dabei sind reiche Prepper die wahren Irren. So denke ich zumindest. Worüber ich mir keine Sorgen mache, ist, dass Zuckerberg meinen Code knackt. Das schafft der nicht. Überhaupt hat Zuckerberg ganz andere Probleme. Nämlich dass andere seinen Code knacken könnten. Das größte Problem, was Reiche in solchen Situationen haben, ist aber die Frage, ob sie denen, die sich beschützen sollen, auch wirklich vertrauen können. Dagegen sind meine Sorgen wahrlich banal.