Auch von Gefängnis war die Rede

Stationäres Zelt vor dem Gebäude der „Volksversammlung“ in Sofia mit der Aufschrift: „Gebt uns das Recht zurück!“

Irgendwann im Laufe der letzten Woche wurde von einen Tag auf den anderen bekanntgegeben, dass Bulgarien den „Grünen Pass“ („Selen Zertifikat“) einführt. Ich habe es, da ich keinen Fernseher habe, den Nachrichten im Bulgarischen National-Radio (BNR) „Christo Botew“ entnommen. Um es gleich am Anfang zu sagen: Ich habe keine Angst vor dem Virus. In meiner Altersgruppe liegt die Überlebensrate bei einer Infektion bei 99,73 % – also wovor sollte ich Angst haben? Demzufolge habe ich mich nicht impfen lassen und habe dies auch nicht vor. Ich habe also keinen solchen Pass. Da man nun in Bulgarien auch für den Supermarkt einen solchen Pass braucht, war klar, dass ich irgendwann noch mal einkaufen muss, und zwar möglichst bald. Da das Bulgarische National-Radio (BNR) „Christo Botew“ auch über Demonstrationen gegen den „Grünen Pass“ in allen großen Städten des Landes berichtete, entschied ich kurzerhand in die Hauptstadt Sofia zu fahren, um mir die dortige Demo anzusehen. In diesen Tagen ist es ratsam, sich sein eigenes Bild zu machen. Das Einkaufen kann warten, sagte ich mir. Ich würde schon nicht verhungern, schon gar nicht auf dem Dorf.

Zugegeben, die Demo in Sofia war kleiner, als ich erwartet hatte. Dazu muss man wissen, dass die Bulgaren in Sachen Arbeit folgendes Motto haben, dass man auch auf die Panikdemie übertragen kann: „Sie tuen so, als würden sie uns bezahlen. Wir tuen so, als würden wir arbeiten.“ Also: „Sie tuen so, als gäbe es eine Pandemie. Wir tuen so, als gäbe es eine Pandemie.“ Viele Bulgaren gehen nicht auf Demos, sondern ziehen sich in ihre Familie zurück, wie es in Krisenzeiten normal ist, obwohl man selbst da eigentlich Abstand halten soll, auch weil in Bulgarien die Familie sehr groß sein kann. Neben dem Simulieren, egal ob Arbeit oder Pandemie, ist es oft hilfreich, sich einfach dumm zu stellen. Früher sagten wir: „Fünf Minuten dumm gestellt, reicht für den ganzen Tag.“ Und das gilt bis heute. Der Bulgare muss auch nicht ständig einkaufen, so wie ich, weil er in der Regel noch die Eltern oder Großeltern auf dem Dorf hat, die ihn mit Lebensmitteln und allem zum Leben notwendigen versorgen. Leben bedeutet hier für viele nicht konsumieren wie im Westen. So gesehen ist es eher ein Überleben und kein Leben.

Auf der Fahrt in die Hauptstadt höre ich im Bulgarischen National-Radio (BNR), dass 86 % der Bulgaren gegen den „Grünen Pass“ sind, und dass die Mehrheit derjenigen, die sich jetzt impfen lassen, sich eigentlich nicht impfen lassen möchten, einfach weil sie, genauso wie ich, keine Angst vor Corona haben. Wer es sich leisten kann, kauft sich einen „Grünen Pass“, der Preis dafür liegt im Moment bei 400 Lewa, Tendenz steigend. Die Mehrheit der Menschen, die sich impfen lassen, tun dies, weil sie es müssen, weil sie sonst ihre Arbeit verlieren, ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, ihre Familie nicht mehr ernähren können. Das ganze, abgesehen von den Informationen über den Kauf eines „Grünen Passes“ und seinen Preis, hörte ich wie gesagt im Bulgarischen National-Radio (BNR) „Christo Botew“, wo auch Demonstrationsteilnehmer ganz normal zu Wort kommen. Also ohne Hinweis darauf, dass es sich dabei um schlimme „Schwurbler“, „Corona-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“ etc. handelt. Bezeichnungen, die es in der bulgarischen Umgangssprache bis heute nicht gibt. In den Statements der Demonstrationsteilnehmer fällt auch das Wort „Diskriminierung“, das unkommentiert über den Äther geht. Dass wir noch einmal vom Bulgaren, der im Westen vor allem für seine Käuflichkeit bekannt ist, etwas über freie Meinungsäußerung lernen würden, wer hätte das gedacht?

Auf der Rückfahrt aufs Dorf, es dunkelt schon, fahre ich in einem Vorort von Sofia an einen Super-Markt ran. Am Eingang weist ein Schild darauf hin, dass der Eintritt nur mit „Grünem Pass“ gestattet ist. Ich überlege kurz, was ich mache, auch weil die Strafen nicht unerheblich sind. Ich hatte etwas von mehreren tausend Lewa Strafe gehört, auch von Gefängnis war die Rede. So wie ich es vorhergesagt habe, wird man Menschen demnächst wegsperren. Andererseits ist es Sonntagabend, also eher unwahrscheinlich, dass noch jemand kontrollieren kommt, wenn am Eingang niemand mehr steht. Zur Not würde ich mich dumm stellen, deutsch sprechen, „nix verstehen!“ sagen, auf mein Recht auf Unwissenheit insbesondere als Ausländer pochen. Natürlich kam kein Kontrolleur. Woher auch, wenn 86 % der Bulgaren gegen den „Grünen Pass“ sind, wie es im Bulgarischen National-Radio (BNR) „Christo Botew“ zu hören war. Ich hatte mal wieder viel zu Deutsch gedacht. Andererseits darf man sich den Job als Kontrolleur auch als einträgliches Geschäft, wenn nicht gar als neues Geschäftsmodell vorstellen. Und für Geld machen manche bekanntlich alles – nicht nur Bulgaren und nicht nur in Bulgarien.

Auf Demonstrationen in Bulgarien ist vieles genauso wie auf Demonstrationen in Berlin und anderswo in der Welt. Polizisten tragen Uniformen und Demonstranten Schilder. Demonstranten stehen und hören Ansprachen, während Polizisten in ihren Autos sitzen und warten, dass irgendetwas passiert, was meistens nicht passiert. Ich würde nicht so weht gehen und sagen, dass der Teufel im Detail steckt, aber doch die Unterschiede. Auf diese, aber auch auf die Gemeinsamkeiten, will ich mit folgenden Fotos aufmerksam machen, auch weil Bilder bekanntlich mehr als tausend Worte sagen.

„Der Grüne Pass ist Diskriminierung und Faschismus“

Die Maske als Hand vor dem Mund, in Deutschland ein Maulkorb.

„Mein Körper – Meine Wahl!“, im Hintergrund die Bulgarische Fahne.

Polizisten ohne Maske und in Schwarzer Uniform, die es vor Corona nicht gab. Auch in Berlin trägt die Polizei seither schwarz.
Woher nur die Schwarzen Uniformen kommen?

Polizisten wartend in ihrem silberfarbenen Polizei-Cabrio der Marke „Audi“, das es vermutlich nur in Bulgarien gibt.
Macht im Sommer definitiv mehr Spaß.

Fotos&Text TaxiBerlin

Warten als Wissenschaft

Warten und Einwecken – das geht auch

Die gestern erwähnten Anrufer, die mich wissen lassen, dass Zwei und Zwei auch weiterhin Vier ist, wollen immer auch wissen, was ich so treibe in den Schluchten des Balkans. Die meiste Zeit sitze ich ohne rechte Haltung, also wie ein Schluck Wasser, auf einem Stuhl und mache nichts. Nichts ist dabei reichlich untertrieben, denn ich warte. Es ist nicht auszuschließen, dass ich auf etwas warte, was nicht kommt. Und wenn schon, es wäre nicht das erste Mal, dass jemand auf etwas wartet, was nicht kommt. Wenn ich es richtig verstanden habe, wurden schon ganze Theaterstücke darüber geschrieben. Eins davon ist sogar richtig bekannt geworden. Das weiß ich, weil ich manchmal auch arbeite. Dann sitze ich aber nicht ohne rechte Haltung auf meinem Stuhl, sondern liege wie ein Schluck Wasser im Bett und lese. Manchmal arbeite ich auch wissenschaftlich. Wenn ich wissenschaftlich arbeite, liege ich nicht im Bett, sondern sitze so wie jetzt am Schreibtisch und schreibe darüber, was ich zuvor im Bett gelesen habe. Beispielsweise über Theaterstücke, in denen jemand auf etwas wartet, was nicht kommt. Ich sitze dann ebenfalls ohne rechte Haltung, also wie ein Schluck Wasser, auf einem Stuhl. Aber nicht so, wie am Anfang beschrieben nichts tuend, sondern wie gesagt schreibend. Das Schreiben macht das wissenschaftliche aus, aber nicht nur, denn ohne sitzend nichts tun und liegend im Bett lesen kein wissenschaftliches Arbeiten. Letztendlich versuche ich aber auch mit dem wissenschaftlichen Arbeiten nur die Zeit totzuschlagen. Nichts tuend, liegend lesen und sitzend schreiben sind nur verschiedene Möglichkeiten auf etwas zu warten, was wahrscheinlich nicht kommt. Das ist die Wahrheit. Vielleicht kommt es aber auch, worauf ich warte. Das ist nicht auszuschließen. Das weiß man erst zum Schluss. Das ist wie mit dem Lachen, wo der am besten lacht, der am Ende lacht. Wann das Ende ist, das weiß ich auch nicht. Genauso wenig, wie ich weiß, ob das, worauf ich warte, kommt oder nicht. Spontan würde ich sagen, Ende des Jahres ist das Ende. Vielleicht ist auch schon Weihnachten das Ende. Weihnachten kommt mir gerade wahrscheinlicher vor, weil es bis Weihnachten jetzt auf den Tag genau noch zwei Monate hin ist. Wenn das Ende bis Weihnachten nicht gekommen ist, bleibt fürs Warten noch Zeit bis Silvester. Das ist sozusagen die letzte Chance für das Ende, zumindest für dieses Jahr. Wenn es dahin nicht gekommen ist, geht das Warten auf das, was vielleicht nicht kommt, im neuen Jahr einfach weiter.

Foto&Text TaxiBerlin 

99,73 % Überlebensrate bei Covid19-Infektion

 

Die 99,73 % ist keine Meinung und auch kein Fake sondern ein Fakt, und zwar die offizielle Überlebensrate bei einer Covid19-Infektion, auf die eine Studie der Stanford Universität in den USA im Juli dieses Jahres für meine Altersgruppe kommt. Also wovor sollte ich Angst haben? Die Überlebensrate trifft auch auf Raphael Bonelli zu, wir sind eine Altersgruppe. Wie seine Meinung zur Impfung ist, teilt uns der Schulmediziner Univ.-Doz. DDr. Raphael Bonelli in obigem Video mit.

Video YouTube
Text TaxiBerlin

„Guten Morgen!“

Eselsmilch macht’s möglich

Es melden sich jetzt immer mehr Menschen aus der Heimat bei mir, um mir mitzuteilen, dass ich Recht gehabt habe. Dazu muss man wissen, dass es mir nicht darum gegangen ist, Recht zu haben. Es ging und geht mir um die Wahrheit. Dass es DIE Wahrheit nicht gibt, dass weiß auch ich. Was es aber gibt, sind immer tiefere Wahrheiten. Wahrheiten, die mehr Wahrheit enthalten, wahrer sind als andere Wahrheiten. In dem Fall geht es um die Wahrheit, dass Zwei und Zwei Vier ist. Gilt dies, ergibt sich alles übrige von selbst. Diese Feststellung und auch die Wahrheit sind nicht von mir. Die Wahrheit, dass Zwei und Zwei Vier ist, war in der letzten Zeit etwas in Vergessenheit geraten. Die Anrufer aus der Heimat wollen mich aber nicht nur wissen lassen, dass Zwei und Zwei auch weiterhin Vier ist. Die Anrufer aus der Heimat wollen immer auch noch einen Rat, den ich natürlich für sie habe. Nicht umsonst habe ich mich in die Schluchten des Balkans zurückgezogen, die jetzt von der Heimat mal wieder zur verbotenen, weil angeblich gefährlichen Zone erklärt wurden. Letzteres stimmt sogar. Die Schluchten des Balkans haben wirklich das Potenzial, klar im Kopf zu werden. Möglicherweise ist das auch der Grund, dass ich den Menschen aus der Heimat, die mich anrufen, um mich wissen zu lassen, dass Zwei und Zwei auch heute noch Vier ist, als erstes „Guten Morgen!“ antworte. Das ist aber nicht der Rat, um den ich ihnen gebe. Der Rat, um den sie mich bitten, und den ich ihnen gerne gebe, ist, Fünfe auch mal gerade sein zu lassen!

Foto&Text TaxiBerlin

„Kaffee mit Pretenzija“

Gestern war ich in den Schluchten des Balkans im Theater. Das Stück hieß „Kaffee mit Pretenzija“ und ist von Georgi Markow, der durch das Regenschirm-Attentat auf der Waterloo-Bridge in London in den Siebzigern bekannt geworden ist, dem er zum Opfer gefallen ist. Vorgestern am Telefon sagte man mir, dass das Stück ausverkauft sei, und dass man einen Grünen Pass brauchen würde, um ins Theater zu kommen. Das wollte ich genauer wissen. Ich fuhr in die Stadt und warte vor dem Theater. Es dauerte nicht lange, dann hatte ich eine Eintrittskarte. Eine Frau verkaufte sie mir, ihre Freundin hatte nach einer Beerdigung keine Lust mehr auf Theater. (Kostenpunkt 14 Lewa, also 7 Euro) Im Theater waren wir vielleicht 250 Seelen, wie man in Bulgarien sagt. (In Bulgarien gilt in der Panikdemie halbe Kapazität.) Alle waren sie noch am Leben und erfreuten sich bester Gesundheit. Ein Drittel von ihnen trug eine Maske, nach einem Grünen Pass wurde niemand gefragt. Es wurde auch niemand angesprochen wegen der Maske. Da ich mit Maske keine Luft bekommen, setze ich so gut nie eine auf. Dreimal in einem halben Jahr wurde ich darauf angesprochen, immer höflich und nett, wie es sich gehört. Nicht so wie in Deutschland,  wo ich angeherrscht, angeschrien und beleidigt wurde, und wo es nur noch eine Frage der Zeit war, dass man mir wegen ohne Maske aufs Maul gehauen hätte. Einen solchen Maskenmob gibt es in Bulgarien nicht. Im „Land oft the Freaks“, wie Bulgarien unter Insidern auch genannt wird, ist ein solches Verhalten undenkbar. Es ist dem bulgarischen Naturell so fremd wie dem Deutschen die Empathie, die Mitmenschlichkeit geworden ist. Nicht umsonst sage ich immer, dass Bulgaren „Die Große Freiheit“ ist. Das ist keine Übertreibung. Doch zurück zum Stück „Kaffee mit Pretenzija“ von Georgi Markow, das im „Theater der Bulgarischen Armee“ aufgeführt wurde. Es ist ein Drei-Personen-Play, um genau zu sein drei Männer, die auf drei Frauen warten, die sie am Tag zuvor bei einer Tasse Kaffee, deswegen „Kaffee mit Pretenzija“, kennengelernt haben, die aber nicht kommen. Dafür klingelt ständig jemand an der Tür, der fragt, ob das ihr Trabant vor der Tür wäre. Das ist sozusagen der Running-Gag vom Stück. Auch das ein eher unbulgarisches Verhalten. Obwohl, wenn ich es mir Recht überlege, vielleicht doch nicht. Vielleicht hat sich jemand wirklich Sorgen gemacht wegen dem Trabant des Nachbarn. Aber wer weiß. Was ich weiß, ist, dass offiziell der Grüne Pass eingeführt ist im Land, aber eben nicht überall. Immerhin die Eintrittskarten waren grün.

Foto&Text TaxiBerlin

Der Minister, mein Kmet und ich

„Mein Fernseher“

Gestern habe ich meinem Kmet, also meinem Bürgermeister, geholfen eine Überdachung für das Holz zu bauen, mit dem er im Winter seine Kneipe beheizt. Ich habe die vier Metallpfeiler der Überdachung gestrichen, damit sie nicht gleich zu rosten anfangen. Die Metallpfeiler sehen so aus, als wären sie vom letzten Krieg übrig geblieben. Ich glaube, mein Bürgermeister hat sie auf irgendeinem Hof in unserem Dorf gefunden, in dem wir die letzten beiden verbliebenen Einwohner sind. Obwohl mein Bürgermeister meinte, er wäre, was die Farbe angeht, ohne „Prätenzii“, war er mit meinem Grün dann nicht ganz zufrieden. Das liegt daran, dass er die „Grünen Socken“ („Seleni Tshorapi“), wie die Grüne Partei hier umgangssprachlich genannt wird, nicht leiden kann, genauso wie er Deutsche nicht leiden kann. Ich muss dazu sagen, dass ich ihm anfangs auch Braun als Farbe in Aussicht gestellt hatte. Aber irgendwie wollte ich das Braun dann doch für mich behalten, und zwar weil ich meine eigenen Pfeiler braun gestrichen habe und man nie weiß, ob man nicht doch irgendwas vergessen hat. Meinem Bürgermeister blieb nichts anderes übrig, als mit Grün einverstanden zu sein. Mit meinen Streicharbeiten war er nicht nur einverstanden, sondern sogar sehr zufrieden. „So arbeitet ein Deutscher!“, sagte er zu mir, als ich mit dem Streichen fertig war, obwohl er die Deutschen wie gesagt nicht leiden kann. Danach gingen wir in seine Kneipe, um dort zusammen zu Abend zu Essen und die Nachrichten zu sehen.

Da ich selbst keinen Fernseher habe, gehe ich von Zeit zu Zeit in die Kneipe von meinem Bürgermeister, um die Nachrichten zu sehen. Gestern erfuhr ich nun, dass im Land über Nacht der Grüne Pass eingeführt worden war. Selbst mein Bürgermeister wusste nichts davon. Außerdem wurde darüber berichtet, dass daraufhin jemand in Sofia versucht hat, dem zuständigen Minister auf den Kopf zu schlagen. Und das gab es dann den ganzen Abend in unzähligen Wiederholungen, manche davon in Slow Motion, im Fernsehen zu sehen. Selbst in Bulgarien passiert es nicht alle Tage, dass jemand versucht einem Minister auf den Kopf zu schlagen. Man muss dazu sagen, dass nicht nur diese eine Person in Sofia auf die Straße gegangen ist, die versucht hat dem Gesundheitsminister auf den Kopf zu schlagen, sondern dass es in allen großen Städten Bulgariens (Plovdiv, Varna, Burgas, Veliko Tirnovo, Gabrovo, Haskovo, Kirdschali u.a.) Demonstrationen gegen die Einführung des Grünen Passes durch den Gesundheitsminister gab und auch heute wieder geben wird.

Dass Menschen in Bulgarien auf die Straße gehen, ist nicht unbedingt selbstverständlich. In dem von mir beim Wieser-Verlag in Klagenfurt herausgegeben bulgarischen Klassiker „Bai Ganju, der Rosenölhändler“ liest sich das so: „Und was wird das Volk dazu sagen, was wird es tun? Eine interessante Frage! Du hast mir einmal versichert, dass Du noch an das bulgarische Volk glaubst. Nun, das war ja wohl ein Scherz! Wem sollte denn Dein Glaube gelten? Dieser Nation von Sklaven, die das alles hinnimmt? Sieh Dir ihre Vertreter an! Das Volk, an das Du glaubst, ist ein Sklave, jawohl ein einziger Sklave. Es empfindet Unterwürfigkeit als höchstes Glück, Tyrannei als Wohltat, knechtische Ergebenheit als Heldentum und jedes verächtliche Angeherrschtwerden als Sphärenmusik.“ Das mag für die Bulgaren zutreffen, aber nicht für die Deutschen gelten, mag der ein oder andere jetzt denken. Friedrich Nietzsche sah das anders, als er meinte, dass ein Deutscher zwar großer Dinge fähig sei, es aber sehr unwahrscheinlich wäre, dass er sie auch tut, weil er gehorcht, wo er kann, wie das einem an sich trägen Geist zuträglich ist.

Zurück zu mir, einem halben Deutschen und einem halben Bulgaren in Bulgarien. Ich war gestern nicht auf der Straße, einfach weil ich nicht in der Stadt sondern auf dem Dorf und ohne Fernseher wohne, und wo ich meinem Bürgermeister helfen muss, um überhaupt mal zu erfahren, was im Land und auf der Welt vor sich geht. Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht als schlimm empfinde, im Gegenteil. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, irgendetwas wichtiges zu verpassen. Dass nun jemand versucht hat in der Hauptstadt Sofia dem Gesundheitsminister auf den Kopf zu schlagen, finden weder mein Bürgermeister noch ich fair. Da die Bilder den ganzen Abend im Fernsehen wiederholt wurden, dauerte es einige Zeit, bis ich meinen Bürgermeister fragen konnte, wie das jetzt mit dem Grünen Pass werden soll. Der weiß es aber auch nicht. Er weiß nicht einmal, was ein Grüner Pass ist. Da haben sich zwei gefunden. Ich hab nicht mal ein Smartphone. Irgendwann meinte mein Bürgermeister, dass er das jetzt nicht auch noch machen kann. Es hat etwas gedauert, bis er mir geantwortet hatte. Auch er stand noch ganz unter dem Eindruck der Bilder im Fernsehen. Am Anfang dachte ich, dass er meinte, er würde es nicht auch noch schaffen würde, jemandem auf den Kopf zu schlagen. Aber das war natürlich Quatsch. Was mein Bürgermeister meint, ist, dass er jetzt nicht auch noch irgendwelche Tests für sein Dorf organisieren und kontrollieren kann. Mein Kmet, also mein Bürgermeister, hatte offensichtlich ganz vergessen, dass wir beide die einzigen verbliebenen Einwohner im Dorf sind.

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Die Angst der Geimpften oder Die Jagd ist eröffnet

“Nabotzkani” – “Gestochene” oder “Die mit dem Stich”

Hatte ich gestern über meine Angst gesprochen, so möchte ich heute über die Angst der Geimpften schreiben. Ich erlaube mir dies, weil mir die Angst der Geimpften zunehmend Angst macht. Denn aus der Angst der Geängstigten, der Verängstigten, denen man erfolgreich Angst gemacht hat, übrigens dieselben, die sich einst über den besorgten Bürger belustigten, ist nun die Angst der Geimpften geworden, vor der ich mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit gebracht habe. Vor ihr bin ich geflüchtet.

Auch Geimpfte, die in Bulgarien „Gestochene“ oder „Die mit dem Stich“ heißen, haben Angst vor der Impfung, auch wenn gelegentlich das Gegenteil behauptet wird. Nun gibt es immer mehr Fälle, gestern las ich von einem Mitglied der Kelly-Family, dass Menschen trotz Impfung an Corona erkranken. Dass sie den Virus weiterhin übertragen, war schon vor der Impfung klar. Aber dass sie, die wie jeder andere auch Angst vor der Impfung hatten, nun trotz Impfung plötzlich doch nicht geschützt sind, was man ihnen versprochen hatte, so wie man auch keine Impfpflicht versprochen hat, das macht ihnen zusätzliche Angst. Das verstehe ich vollkommen, denn es ist menschlich. Vor allem wenn man bedenkt, dass es angeblich um Leben und Tod geht, obwohl die wenigsten AN Corona sterben. Um herauszufinden, ob die Impfung etwas gebracht hat oder nicht, dazu bräuchte man nur einen Antikörpertest machen, aber das nur nebenbei.

Die Geimpften sind, was ihre Angst angeht, doppelt bestraft. Einmal mussten sie ihre Angst vor der Impfung überwinden, und nun müssen sie trotz Impfung weiterhin Angst vor der Erkrankung haben, die sie eigentlich als Geimpfte nicht mehr haben sollten. Angst führt regelmäßig zu Aggressionen, doppelte Angst zu doppelten Aggressionen. Nun ist es so, dass diese Aggressionen sich nur in den seltensten Fällen gegen den Verursacher der Angst selbst richten. Denn es ist immer einfacher, seine Aggressionen an scheinbar Schwächeren auszulassen. Und wer eignet sich dazu derzeit besser als die Ungeimpften? Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, so wie man es ihnen versprochen hat, was letztendlich ihr gutes Recht ist. Aber die allermeisten Menschen brauchen immer einen Schuldigen, einen Sündenbock, und das ist heute der Ungeimpfte. Fast bin ich geneigt zu sagen, dass sich zu den Aggressionen auch immer öfter ein Hass auf Ungeimpfte gesellt, der eigentlich ein Selbst-Hass ist, weil dieser nicht so blöd war und sich impfen zu lassen, aber was weiß ich als Ungeimpfter schon.

Was ich weiß, ist, dass wir weit gekommen sind, wenn Autoren, in dem Fall Wladimir Kaminer im Spiegel, nicht als erstes nach ihrem neuesten Buch befragt werden, sondern danach, ob sie geimpft sind oder nicht. Mit welchem Recht erlauben sich so genannte Journalisten, also medizinische Laien, einen anderen, ihnen fremden Menschen öffentlich nach einer ganz persönlichen Entscheidung zu befragen, regelrecht abzufragen, so wie man früher halböffentlich in der Schule gefragt wurde, welches Fernsehprogramm man zuhause sieht. Ein Autor, der dagegen nicht protestiert, hat sich damit in meinen Augen als Schriftsteller, aber vor allem als Mensch diskreditiert. So auch ein Bekannter, der mir neulich noch versicherte, dann aufzustehen, wenn die Ungeimpften anders behandelt werden würden wie er selbst als Geimpfter. Nun ist es so weit: Ungeimpften darf der Zutritt zum Supermarkt verweigert werden, auch wenn sie nicht mehr das Geld für einen Test sondern nur noch für Essen haben; müssen sie in Quarantäne, selbst wenn sie gesund sind, wird das Krankengeld nicht weiter gezahlt etc.; aber der Aufstand bleibt nicht nur aus, sondern dieselbe Person sagte heute zu mir: „Das ist jetzt DEIN Kampf!“

Ich bin kein Prophet, sondern nur ein Trockener Taxifahrer, der sich aus Angst ins Ausland evakuiert hat. Das Thema Corona habe ich mir nicht ausgesucht, auch ich hätte besseres zu tun, als mich tagein tagaus mit einem Virus zu beschäftigen. Aber das Thema wird mir permanent aufs Ohr und auch auf die Augen gedrückt, was an sich schon eine Körperverletzung ist. Aber ich will mich nicht über Kleinigkeiten beklagen, denn ich gehe davon aus, dass wir demnächst schlimmeres erleben werden, und zwar Hetzjagden auf Menschen. Also wahre Hetzjagden auf richtige Menschen. In Bulgarien wurde die Jagdsaison bereits vor einiger Zeit offiziell eröffnet.

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Ich habe Angst, Mama

Ab hier beginnt die Realität

Auch ich habe Angst, und ich habe lange überlegt, wovor genau ich Angst habe. Anfangs hatte ich vor dem Virus Angst. Dass unsere Regierung diesen am Anfang verharmloste, verstärkte meine Angst nur noch. Je mehr ich über den Virus erfuhr, desto kleiner wurde meine Angst vor ihm. Trotzdem nahm meine Angst insgesamt nicht ab. Die Summe meiner Ängste blieb aber nicht nur auf hohem Niveau, sondern wuchs sogar eher noch. Ich war in einem Angstmodus gefangen, meine Ängste beeinträchtigten mein Denken. Auch Urängste waren angetriggert. Das erschwerte die Analyse, wovor ich genau Angst hatte, zusätzlich. Hinzu kam die Angst um meine Existenz. Mein Chef hatte Ende letzten Jahres seine Firma aufgelöst. Ich hatte aber nicht nur meinen Job verloren, sondern es gab praktisch von einem Tag auf den anderen Tag keine Arbeit mehr für mich. Dann war da auch noch die Angst, nur weil ich bestimmte Gedanken und Überlegungen im Kopf hatte, plötzlich ein Verschwörungstheoretiker, ein Querdenker, ein Coronaleugner, ein Covidiot, ein Aluhut, ein Schwurbler, ein Antisemit und ein Nazi zu sein. Die größte Angst war aber die, damit ganz alleine dazustehen, nirgendwo mehr dazuzugehören.
Ich sprach mit vielen Menschen, Freunden, Bekannten, Kollegen, so wie ich es zuvor im Taxi getan hatte. Ich informierte mich, betrieb Recherche, hörte mir unterschiedliche Argumente an, wägte sie ab, ging in mich, dachte viel nach. Das war ein Prozess von Wochen und Monaten, voll von Angst und Selbstzweifeln. Die jahrelange Praxis, dass in meinem Taxi ein jeder alles sagen durfte, und ich mir auch alles angehört habe, half mir nun sehr, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Das ganze unvoreingenommen, nicht davon ausgehend, es selbst besser zu wissen, die Wahrheit sozusagen für mich gepachtet zu haben, sondern immer auch die Möglichkeit einschließend, dass ich falsch liegen könnte. Ich besuchte auch immer wieder Demonstrationen, sowohl in Sofia als auch in Berlin, um mir mein eigenes Bild zu machen, das mit dem, was darüber bei Öffentlich/Rechtlich und in vielen anderen Medien berichtet wurde, so rein gar nichts mehr zu tun hatte. Und irgendwann fing ich an, wieder meinen eigenen Beobachtungen, meinen eigenen Gedanken, meinem Wissen, meiner Lebenserfahrung, meinem eigenen Denken, meinem Verstand und meinem Instinkt zu vertrauen. Auch wieder mit der Angst im Kopf, damit alleine dazustehen – vielleicht das schwierigste überhaupt.
Ich realisierte nach und nach, dass es realistischer für mich ist, mehr Angst vor dem Impfstoff als vor dem Virus zu haben. Vor dem Virus habe ich praktisch keine Angst mehr. Die größte Angst machen mir aber bis heute Menschen, die aus Angst und im guten Glauben daran Gutes zu tun, die richtige Haltung zu haben, auf der richtigen Seite zu stehen, zu allem bereit zu sein scheinen, auch zu körperlicher Gewalt. Mir hat sehr geholfen, über meine Ängste zu sprechen. In dem Moment, wenn man sich öffnet, wenn man offen und ehrlich über seine Ängste spricht, finden sich auch die richtigen Menschen ein. Menschen, die mit dieser Offenheit umgehen können. Dieses sich Öffnen ist auch immer mit Angst verbunden, weil man immer auch Menschen verliert, was schmerzhaft ist. Ich will das nicht verschweigen, denn es gehört zum sich Öffnen dazu. Und trotzdem lohnt es, sich auch dieser Angst zu stellen. Am Ende wird man für seine Offenheit und Ehrlichkeit belohnt. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ich habe neue Menschen kennengelernt und bin alles andere als alleine. Es gibt jede Menge Menschen da draußen, die dieselben Ängste haben. Und wer vorgibt, sie nicht zu haben, auf den verzichtet man besser, denn der hat das alles noch vor sich. Nicht er selbst stellt sich dir, aber vor allem sich selbst, in den Weg, sondern seine Angst. Auch deswegen kann ich jedem nur Mut machen, offen und ehrlich über seine Ängste zu sprechen.
Foto&Text TaxiBerlin

My Body, My Choise

 

Eigentlich bin ich kein großer Fan von Big Apple, aber wo die New Yorker Lehrer Recht haben, haben sie Recht. Hier ein weiteres Video, wo die Lehrer und Lehrerinnen selbst zu Wort kommen. Ein Pädagoge sagt dort, was ich auch sage, dass er lieber als ein freier Mensch stirbt.

Text TaxiBerlin

Der Selbstgerechte und der Bulgare

Erfahre gerade aus dem Buch „Die Selbstgerechten“, eine Abrechnung mit den Linken Linken in der Heimat, dass sich Sahra Wagenknecht, die Autorin, auch mit dem Bulgaren beschäftigt. Da soll es so sein, dass jeder zweite Bulgare im Alter von 20 bis 45 Jahren nach dem Beitritt zur Europäischen Union 2007 seine Heimat verlassen hat. Und das verstehe ich nicht. Gut, es gibt in Bulgarien keine Arbeit, das musste auch ich am eigenen Leibe erfahren. Mein Gott, dann geht man eben zum Amt, so wie ich, aber bitte sehr zu hause. Aber was macht der Bulgare? Wahrscheinlich kauft er auch kein Bio und recycelt auch nicht, und das alles bei uns. Das muss man sich mal vorstellen! Obwohl, warte mal. Neulich, der Paket-Bote, der mir das preiswerte Computer-Teil aus China bis an die Wohnungstür gebracht hat. War der nicht Bulgare? Hatte sein Fahrzeug nicht sogar ein bulgarisches Nummernschild? Oder die Krankenschwester, die den alten Mann von gegenüber pflegt für wenig Geld. Kommt die nicht auch von dort? Und dann die junge Frau, die ich kürzlich zu mir nach hause bestellt habe, und die mir so viel Freude bereitet hat. Mit der ich so viel Spaß hatte, auch das für wenig Geld. War die nicht auch Bulgarin? Aber lassen wir das. Nachdem der Bulgare nun auch zu uns gehört, erweist er sich als so undankbar und kommt auch noch selber her. Wer hätte das gedacht?! Ich meine, es gibt doch auf dem Balkan jede Menge Landschaft (Foto), oder? Und das sogar umsonst!
Foto&Text TaxiBerlin