Bericht aus einem gebrochenen Land (075)

Gertraudenstraße Ecke Fischerinsel
früher Mitte / heute Neue Mitte

Es gibt auch Positives zu berichten aus Berlin, beispielsweise obige Weisheit auf grünem Grund. Nicht alles ist schlecht in der Zentrale des deutschen Irrenhauses, so wie früher in der DDR nicht alles schlecht war. Dass wir irgendwohin Langstreckenraketen geschickt hätten, kann ich mich nicht erinnern. Dass wir damit im Krieg gewesen wären, wir wir es jetzt bereits sind, hätten wir gewusst. So verblödet waren wir damals nicht. Zumindest die Grünen, die als Pazifisten gestartet sind, sollten dies wissen. Aber was ist der Fall? Die Grünen sind heute die größten Kriegstreiber und darüber hinaus die Fünfte Kolonne der USA. So sagt es immerhin Oskar Lafontaine. Joseph Beys, nicht nur Künstler und Kriegspilot, sondern auch Gründungsmitglied der Grünen, dürfte sich heute mehrfach am Tag im Grab rumdrehen. Hier singt er den Song “Sonne statt Reagan”. Über Ronald Reagan, einen früheren Präsidenten der USA, ist zu erfahren, dass er nicht nur mit Waffen und Tod kommt, sondern dass er darüber hinaus Rot sieht, wenn er das Wort Frieden hört. Über die Vereinigten Staaten erfährt der aufmerksame Zuhörer, dass es das Land ist, das sich selbst zerstört. Wenn’s nur so wäre! Leider muss nun festgestellt werden, dass die USA dabei sind, die ganze Welt in die Luft zu jagen.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (074)

Das öffentlich/rechtliche InfoRadio empfiehlt Aktien von Rüstungs- und Waffenkonzernen, die gerade satte Gewinne machen. Was für eine Überraschung?! Beim InfoRadio scheint man es zumindest zu sein. Dass das Kunst- und Kulturzentrum “Brotfabrik” im Stadtbezirk Weißensee, wo gerade ein Bulgarische Filmwoche stattfindet, ausgerechnet mit einem Zitat von Wolf Biermann auf das “große Leid” hinweist, das “das große Waffenschmieden” verursacht, ist die eigentliche Überraschung. War dieser nicht neulich noch mit unqualifizierten Bemerkungen aufgefallen, dass Menschen, die sich für Frieden einsetzen, “Falsche Pazifisten” und “Secondhand-Kriegsverbrecher” sind? Sieht Biermann vielleicht deswegen seine Aktien bei Eingangs erwähnten Rüstungs- und Waffenkonzernen abschmieren? Da ich seit einiger Zeit von der Hand in den Mund lebe, kann ich leider nicht bei ihnen investieren, auch wenn gerade eine neue Munitionsfabrik gebaut wird, worüber mich das öffentlich/rechtliche InfoRadio aktuell informiert.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (073)

Irgendwo um die Ecke bei mir in im Friedrichshain

Die Einschüsse kommen näher, und das im wörtlichen Sinne. Nach Schüssen am Morgen werden bei mir um die Ecke Männer abgeführt, die jünger sind als ich, obwohl die Terroristen, nach denen gesucht wird, viel älter sind. Überhaupt komisch, dass nach der “Recherche” von Correctiv das Thema RAF-Terroristen aufploppt, wobei das Vorgehen der Polizei wiederum irgendwie an Correctiv erinnert. Ich sehe es vor allem als Hinweis darauf, wie wichtig es ist, mindestens einen Notausgang und einen Plan B zu haben. Manch einer soll sich auch mehrere Notausgänge freihalten oder ist bereits bei Plan X, Y oder gar Z angekommen sein.

PS: Kommentar von Frank Beeger auf den Artikel Fehlalarm in Friedrichshain” in der Süddeutschen: Genau die Herren Staub und Garweg sind so “klamm”, dass sie in Bauwagen wohnen müssen.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (072)

Schon um halb war die evangelische Kirche überfüllt, obwohl das Konzert erst um 17 Uhr beginnen sollte. Gut, der Eintritt war frei. Aber draußen schien immer noch die Sonne und für das Konzert von Gerhard Schöne wurde um Spenden gebeten. Gerhard Schöne, wer ihn nicht kennt, ist ein nicht ganz unbekannter Liedermacher aus dem Osten. Mein Lieblingslied von Gerhard Schöne ist “Liebes Leben, Danke”, seine deutsche Übertragung von “Gracias a la vida” von der Chilenin Violeta Parra. Auch in der Dessauer Auferstehungskirche hat er heute Abend dieses Lied gespielt. Der Abend selbst hatte mehr als nur einen Touch von ’89, als die Menschen auch in Massen in die Kirchen geströmt sind. Also wenn Du mich fragst: Es geht wieder los!
PS: “Mein Herz ohne Ruh, das schlägt für die Schwachen, das trommelt für alle, die endlich erwachen, zum Leben im Leben, die sich ganz verschwenden …”,  aus “Liebes Leben, Dank!” von Gerhard Schöne)
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Donkey Sanctuary & Writers Retreat “Raina Velitshka” Update

Zwei Esel im Gedankenaustausch

Heute vor einem Jahr, am 1. März, an dem in Bulgarien mit Baba Marta (Oma Marta) traditionell der Frühling begrüßt wird, habe ich mein Crowdfunding Donkey Sanctuary & Writers Retreat “Raina Velitshka” gestartet. Ich wollte nie ein Crowdfunding machen, ich fand das immer affig und blöd. Warum ich es trotzdem gemacht habe, erkläre ich in dem Manova-Interview “Der Eselflüsterer”. In dem vergangen Jahr habe ich einiges an Geld eingesammelt. – Nochmals ein großes Dankeschön an alle Spender! – Und dass, obwohl ich viele Monate unterwegs und nicht vor Ort in Bulgarien war und jetzt auch nicht bin. Zuerst war ich in Berlin, dann in Kalifornien, zwischendurch in Bulgarien und nun wieder in Berlin. Mein Crowdfunding hat das Ziel, in den Schluchten des Balkans einen fast hundert Jahre alten Stall zu einem Rückzugsort für Schreibende umzubauen. Aber nicht nur das! An dem Ort soll es auch Esel geben, das Sahnehäubchen sozusagen. Denn Esel tun dem Menschen gut, und somit auch Schreibenden. Die Idee ist: wenn die Muse einmal Pause macht, sind dann immer noch die Esel da, mit denen man losziehen und von ihnen lernen kann. Auch wenn ich wie gesagt viel unterwegs war, ist einiges passiert in dem vergangenen Jahr. An erster Stelle sei erwähnt, dass ich nun eine zweite Meinung von Handwerkern (Maurer, Zimmermann & Tischler) aus Deutschland zu der Frage habe, ob man den Stall erhalten kann. Leider haben die Handwerker aus der Heimat das bestätigt, was zuvor bereits die bulgarischen Maistors gesagt hatten: Nein! Dafür ist der Zustand insgesamt zu schlecht, gibt es im Holz zu viele Schädlinge. Dieses Nein hat seine Nach-, aber auch seine Vorteile. Etwas Altes zu erhalten, ist in aller Regel aufwendiger und oft sogar teurer. Etwas Neues zu bauen, geht meist schneller und ist im Normalfall auch weniger reparaturanfällig. An der Summe ändert sich dadurch aber nichts. Auch in Bulgarien herrscht Inflation, sind Baumaterialen und Maistors teurer geworden. Vorausgesetzt man findet überhaupt welche, denn die meisten Maistors haben Bulgarien verlassen. Das heutige Update zu meinem Crowdfunding möchte ich mit drei Berichten von Menschen beenden, die vor Ort in Bulgarien waren. An erster Stelle seien da die Handwerker aus dem Allgäu genannt, die mich im Herbst besuchten, den Stall inspizierten und auch schon mit angefasst haben. Dazu muss man wissen, dass ich zuvor weder Reinhold & Gitti, noch Michael & Uschi und auch den lieben Filou nicht kannte, sie aus Neugier und aus Spaß am Arbeiten und Helfen zu mir nach Bulgarien gekommen sind. Ähnlich verhält es sich mit dem Kollegen Paul Soldan, der so wie ich für das Multipolar-Magazin schreibt. Von Paul, der auf seiner Rückreise von Afrika bei mir in den den Schluchten des Bulgariens Halt machte, kannte ich zuvor nur seine gut recherchierten Berichte über die Corona-Proteste auf Multipolar. Nun kenne ich ihn auch persönlich. Gerade ist sein Buch “Sheiki – Ein afrikanisches Märchen” erschienen. Im Manova-Interview mit Elisa Gratias spricht er darüber. Es ist dieselbe Elisa, die mich in “Der Eselflüsterer” zu meinem Crowdfunding befragt hat. Last but not least möchte ich Joachim Bessell aus Bremen erwähnen, der durch meinen ersten Beitrag “Bulgarien – die große Freiheit” auf Multipolar auf mich aufmerksam geworden ist. Joachim, der mich mit Rat und Tat unterstützt, hat mich bereits zweimal in Bulgarien besucht und auch den Kontakt zu den Handwerkern aus dem Allgäu hergestellt. Mit seinem Bericht möchte ich beginnen. Danach folgt der von Uschi aus dem Allgäu und dann der von Paul. Liebe Uschi, lieber Paul, lieber Joachim, habt Dank für Eure Berichte!

Writers Retreat – Unter Eseln (von Joachim Bessell)

Wie müsste eine Umgebung beschaffen sein, die es mir ermöglicht, oder nahezu ermöglicht ins Schreiben zu kommen? Das sei Blödsinn, höre ich schon sagen, schreiben lässt es sich überall, man muss es nur tun. Ja, wer einen Stift hat und ein Blatt Papier oder gar ein ganzes Notizbuch, mag sich überall niederlassen und schreiben. Allerdings: schreibt er dann auch?

Manchmal braucht es mehr als nur Stift und Notizbuch. Es braucht Zeit ohne Termine. Es braucht eine gehörige Portion Gelassenheit. Dies lässt sich bewerkstelligen an allen Orten der Welt. Was in Spanchevtsi hinzukommt, ist, die Ruhe des Ortes, der weite Blick ins Gebirge, das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben.

In Spanchevtsi und seiner Umgebung fiel mir als erstes ins Auge, der Zerfall in Mitten von neu gebauten oder renovierten Häusern. Was nicht weiter gepflegt wird von seinen Besitzern, das wird sich selbst überlassen. Und so entwickelt sich eine Art der Permakultur: Aus den Ruinen wachsen Pflanzen ebenso wie aus verwilderten Gärten. Daneben gibt es die gepflegten Gärten und die gepflegten Häuser und Straßen. Die Umgebung wird nicht als Fassade genutzt für Ordentlichkeit und Sauberkeit. Da gibt es keine Fassaden, die etwas verbergen wollen. Es lebt sich hier nahe an der Natur, dem Wachsen und dem Zerfallen. Und dies alles begleitet von Menschen, die diese Form der Naturverbundenheit in ihrem Verhalten, ja gar in ihrem Wesen, widerspiegeln.

Doch zurück zur Eingangsfrage: Wie müsste eine Umgebung beschaffen sein, die es mir ermöglicht ins Schreiben zu kommen? Eben so. Die Ruhe, die Unaufgeregtheit sowohl der Bewohner als auch der kultivierten und unkultivierten Landschaft, das Wachsen und Zerfallen darin. All dies ist für mich geeignet nicht nur ins Schreiben zu kommen, sondern mich täglich neu darin zu üben. Wenn dann noch jemand fragt, ob ich eine Tasse Kaffee trinken möchte und ich bei lauer Sommerluft auf der Terrasse von Rumen und Layne diese zu mir nehmen darf, dann, ja dann ist alles gut wie es ist.

Besuch bei Rumen in Spanchevtsi (von Uschi)

Mit zwei großen Wohnmobilen beginnen wir, Reinhold und Gitti, Michael und Uschi und unserem lieben Vierbeiner Filou am 10.10.23 unsere Reise in Immenstadt am Alpsee nach Bulgarien. 1500Km durch 6 Länder, der Plan ist, ohne Eile, Zug um Zug unserem Ziel näher zu kommen und auch während unserer Reise Eindrücke der Länder und Menschen zu sammeln, die wir durchqueren, um nach Bulgarien zu gelangen. 

Unsere Wohnmobile sind nicht nur mit Reiseproviant und üblichem Gepäck gefüllt, wir haben in den „Bäuchen unserer fahrenden Häuser“ auch Werkzeuge und Materialien dabei, um bei Rumen ein paar knifflige Projekte auszuführen. Im Vorfeld hat er uns mitgeteilt, was für ihn an „Baustellen“ in und um das Haus als nächstes ansteht. 

So haben wir uns auf folgendes vorbereitet: 

Wasserhahn im Garten installieren; Lehmdecke im Flur sanieren; Aufgang zum Dachgeschoss im Haus verblenden, Leisten montieren, Reparatur am Kamin

Drei von uns sind Handwerker und freuen sich darauf, Rumen unterstützen zu können. 

Auf den letzten 50 Kilometern vorm Ziel passiert das Unfassbare. Ein Wildpferd galoppiert schnurstracks in das Wohnmobil von Reinhold und Gitti, Diagnose Totalschaden. Wir informieren Rumen und sofort organisiert er seinen Nachbarn und kommt zum Unfallort, um uns bei der Abwicklung zu helfen, dies war eine so wertvolle Hilfe und Wertschätzung. Die beiden sprechen mit der Polizei und Rumens anderer Nachbar organisiert einen sicheren Unterstellplatz für das verunfallte Wohnmobil bis zur Überführung zurück ins Allgäu. Es ist Samstag später Nachmittag und wir müssen vor Ort übernachten.

Am nächsten Tag ist Rumen nochmals zu uns gekommen, um alles mit dem Stellplatz zu regeln und uns abzuholen. 

Gitti und Reinhold sind fortan „obdachlos“. In Spanchevtsi angekommen bietet Rumen Reinhold und Gitti sein Schlafzimmer an. Das war ein toller Empfang für erstmal Fremde, Freunde von Freunden. 

Rumen ist ein humorvoller, belesener, bescheidener und ausgeglichener Mensch. Er schafft Raum für Begegnung, ist hilfsbereit und offen. 

Michael und ich schlafen in unserem Wohnmobil wunderbar auf einer nahegelegenen Anhöhe. Mit herrlicher Aussicht und inmitten der Natur. 

Wir sind begeistert von der Ursprünglichkeit, der Klarheit und Einfachheit des Ortes. Alles, was man braucht ist da, vieles kann im nahegelegenen Ort besorgt werden. Rumen hat nach und nach einen wunderbaren Ort geschaffen. Der Zufall hat ihn hergeführt, der Platz ist ihm zugefallen. Dieser besondere Platz ist ein Ort der Ruhe und Einkehr, hier kann man sich erholen, zur Ruhe kommen, Luft schnappen, in die Stille lauschen, in sich hineinhören. Hier ist Raum für Inspiration und Kreativität. 

Das Grundstück ist weitläufig, liegt am Hang und das Wohnhaus sowie der ehemalige Stall sind etwas von der Strasse zurückgesetzt. Soweit das Auge reicht, Natur, Hügel, Bäume, Berge. Atemberaubend. Diese Stille, die  Geräusche in und aus der Natur, das Rauschen der Blätter und des Windes, die Laute der Tiere. Kein Verkehr, kein Getöse, kein störender Lärm,  es gibt nur ein paar Häuser in der Strasse, jeder kennt jeden, man unterstützt sich und ist miteinander im Kontakt. Das Anwesen von Rumen liegt auf einer Straße im Ortsrandgebiet von Spanchevtsi, der Ortskern liegt ca.1 km, vielleicht 15 min entfernt. Es ist herrlich unaufgeregt dort, man kann sich im Ort eine kleine Auswahl an Dingen des täglichen Bedarf im Cafe/Bar kaufen und direkt dort am Dorfbrunnen mineralreiches Trinkwasser abfüllen. Gegenüber ist eine kleine orthodoxe Kirche, als wir kommen, eilt sofort eine Frau herbei und öffnet die Pforten der Kirche. Klein aber fein mit einem ganz besonderen Mariengemälde, das verzaubert und unvermittelt an Vermeers Bild „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ erinnert. 

Wir sind begeistert von der Idee, den Stall auf dem Gelände in einen Ort der Stille zu verwandeln, der Möglichkeit für Schreibende, Zeit in Muse und Kreativität zu verbringen, eröffnet. Zudem einen Ort, für und mit Eseln zu schaffen. Eine besondere Idee von einem besonderen Menschen. 

Viel Erfolg bei Deinem Vorhaben.

Review Rumen Spanchevtsi (von Paul Soldan)
Ich habe die Woche, die ich bei Rumen verbracht habe, sehr genossen. Er hat sich dort wirklich einen magischen Ort mitten im Balkan geschaffen. Schönheit ist für mich immer eine sehr wichtige Komponente fürs Schreiben. Wir hatten dort 2023 einen wunderbaren goldenen Herbst, zudem ist Spanchevtsi aus meiner Sicht auch reich mit Schönheit gesegnet ist. Dadurch konnte ich herrlich abschalten und mich voll und ganz dem Schreiben widmen. Am liebsten saß ich auf dem großen hölzernen Balkon, blickte in Richtung Süden auf den imposanten Berg, dessen Namen ich leider immer vergaß, und ließ alles fließen. Für Schreibpausen unternahm ich häufig Spaziergänge in der Natur ringsherum, sowohl gemeinsam mit Rumen als auch allein. Grundsätzlich empfand ich ihn als einen sehr angenehmen Gastgeber und würde jederzeit wiederkommen.
Foto Mira
Text Rumen

Bericht aus einem gebrochenen Land (071)

Anlässlich des zusätzlichen Schalttags, eingeführt im Römischen Reich vor 2069 Jahren von Julius Caesar, wollte ich es heute richtig krachen lassen. Zwei Brötchen vom Luxusbäcker sollten es sein. Das ganze für einen ganzen Euro, denn ein Brötchen kostet dort 50 Cent. Angesichts obigem Hinweisschildes vor dem Luxusbäcker entschied ich mich kurzfristig für vier anstelle von zwei Brötchen, so dass aus dem einen Euro zwei wurden. Und zwar deswegen, weil es mein letzter Besuch beim Luxusbäcker sein würde, wahrscheinlich für länger, wenn nicht gar für immer. Zur zufällig anwesenden Inhaberin des Luxusbäckers sagte ich, dass sie mich als Kunden mit dem Zwang zur Kartenzahlung verloren hat. Daraufhin meinte sie, dass es vor allem am Wochenende regelmäßig zur Schlangenbildung käme, weil das Wechseln des Bargeldes zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Außerdem würde Bargeld sowieso abgeschafft werden. Was sollte sie also tun, fragte die Inhaberin ausgerechnet mich. Ich erlaubte mir, sie darauf hinzuweisen, dass Bargeld offizielles Zahlungsmittel ist und mich darüber hinaus das Argument mit der Zeit nicht überzeugt. Stammkunden sollen möglicherweise auch weiterhin mit Bargeld bezahlen können, fiel der Inhaberin nun plötzlich ein. Da ich kein Stammkunde des Luxusbäckers bin, kommt das Angebot für mich nicht in Frage. Überhaupt bin ich gegen eine Zweiklassengesellschaft beim Bezahlen mit Bargeld.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (070)

Zufälle gibt es nicht, sagt man. Auch obige Aufsteller wollen uns etwas sagen, denke ich. Wie wär’s damit: Daniela Klette alias Claudia Ivone, die am Montag in Berlin festgenommene Ex-RAF-Terroristin, hätte ab Dezember dieses Jahres ihre “Regelaltersrente” bezogen. Das ergibt eine Berechnung bei “Ihrer Vorsorge”, wenn man den Geburtstag von Klette, den 5. November 1958, eingibt. Da Klette nicht vorgesorgt hatte und von Nachhilfe in Mathematik alleine nicht überleben konnte, musste sie vorher schon Supermärkte erleichtern. Genau dies steht jetzt Rentnern in Deutschland bevor, und zwar flächendeckend, denn für sie wird eine Nullrunde gefordert. Ob die Rentner sich bereits wie Klette und ihre beiden sich noch auf freiem Fuß befindenden Kollegen bewaffnet haben oder immer noch am Rechnen sind, ob und wie sie angesichts von Inflation bei stagnierender Rente überleben können, ist nicht bekannt. Bekannt ist, dass Klette in der Sebastianstraße 73 in Kreuzberg gelebt hat. Ganz genau wohnte die Ex-RAF-Terroristin im früheren West-Berlin direkt an der ehemaligen Zonengrenze, also da, wo einmal die Mauer stand, und zwar am Ende der verkehrsberuhigte Sebastianstraße, die dort eine Sackgasse ist. Nun ist genau dieser Ort zu einer Sackgasse für Daniela Klette alias Claudia Ivone geworden, was einmal mehr bestätigt, dass es keine Zufälle gibt.

Verkehrsberuhigte Sackgasse Sebastianstraße mit Fahrradfahrer

Sebastianstraße 73 mit Fußgänger und drei Polizisten im dunklen Hauseingang

Nochmal Sebastianstraße 73 mit zwei Fernsehteams und einem Polizeiauto davor

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Bericht aus einem gebrochenen Land (069)

Den Wolf im Schafpelz – wer kennt ihn nicht? Aber das Wiener Würstchen im Schafsaitling geräuchert, dazu noch 2. Wahl? Neulich war ich beim Bäcker und kaufte ein halbes Brötchen mit der Begründung, dass auch ich jetzt kleinere Brötchen backen müsste. Die Bäckersfrau, sie kennt mich, nahm’s mit Humor. Schließlich sei Monatsende und da haben immer mehr gar keine Kohle. Viele kennen das gut: Kein Geld im Portemonnaie aber noch so viel Monat übrig. Was die Wiener 2. Wahl im Schafsaitling angeht: sie haben nur optisch kleine Fehler. Schmecken tun sie wie 1. Wahl, wenn nicht sogar besser. Vom Preis her spart man knapp die Hälfte: sechs Stück kosten 1,69 Euro. Das ganze übrigens bei Kaufland. Nicht dass jetzt einer alle Supermärkte abrennt, um die Wiener 2. Wahl zu finden.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (068)

Polizisten mit Maschinenpistolen in der Notaufnahme im Urban-Krankenhaus in Kreuzberg. So steht es nicht nur in der BZ (oben), sondern auch im Tagesspiegel. Der Grund ist ein Clan-Streit mit Schwerverletzten. Was einen Journalismus vermuten lässt, der alles aufbauschen und Dinge erfinden muss, ist hier näher dran an der Realität als die “Journalisten” von Correctiv bei ihrer “Recherche” zum “Geheimtreffen” in Potsdam. Ein Journalist der Berliner Zeitung fragt deswegen: “Fiel die Regierung auf einen Bluff der Rechercheure rein?” Immerhin: Correctiv steht nun vor Gericht. Warum das wichtig zu wissen ist? Weil Millionen von Menschen wegen der “Recherche” auf die Straße gegangen sind, um “gegen rechts” und für die Regierung zu demonstrieren. Der einzige Vorteil scheint mir zu sein, dass sie nicht in der Notaufnahme vom Urban-Krankenhaus in Kreuzberg waren.

PS: Wer sich nun verarscht vorkommt, soll bald ganz offiziell zum Abreagieren in den Ukrainekrieg ziehen dürfen, um dort Mut anstelle von Gratismus unter Beweis zu stellen. Im Krieg mit Russland ist man damit aber immer noch nicht. Also kein Grund zur Sorge. Falls doch irgendwas Ungutes passieren sollte, der Arm oder das Bein ab sein sollte, geht’s in die mit Maschinenpistolen gesicherte Notaufnahme …

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Bericht aus einem gebrochenen Land (067)

Vandalismus nicht auf einer Toilette irgendwo in den Schluchten des Balkans, sondern in der Zentrale des deutschen Irrenhauses, im Herzen der freien Welt am Potsdamer Platz, und das im Wochentakt. Andererseits: nicht nur die Toiletten in der Deutschen Kinemathek, dem Museum für Film und Fernsehen in der Potsdamer Straße 2, sind nicht mehr in dem Zustand, wie sie sein sollten, sondern das gesamte Land. Aber gut, glaubt man Schumpeter, baut jede ökonomische Entwicklung auf dem Prozess der schöpferischen Zerstörung auf. Nun versteht man unter Vandalismus zwar keine schöpferische Zerstörung, sondern blinde Zerstörungswut, aber das macht nichts. Denn es geht darum, dass wir uns daran gewöhnen, dass nichts mehr so ist, nicht wie früher, sondern so wie es sein sollte.

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